Corona-Fonds soll Hessen mit 12 Milliarden Euro aus Krise helfen
Mit viel Geld gegen die Folgen der Corona-Krise: Hessen will nun mit 12 Milliarden Euro in den Ring steigen. Mit dem geliehenen Geld sollen vor allem Finanzlöcher gestopft werden.
WIESBADEN. Mit einem kreditfinanzierten Sondervermögen von zwölf Milliarden Euro will die hessische Landesregierung die mittelfristigen Folgen der Corona-Pandemie bewältigen. Das Land befinde sich in der größten Wirtschaftskrise seit Ende des Zweiten Weltkriegs, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier am Mittwoch in Wiesbaden bei der Vorstellung des Entwurfs für ein „Gute-Zukunft-Sicherungsgesetz“. Der CDU-Politiker zeigte sich überzeugt, dass Hessen die außergewöhnliche Situation meistern werde. „Wir können die Krise in eine Chance verwandeln“, meinte Bouffier.
Mit Krediten vom Kapitalmarkt soll zunächst ein Teil der bis 2023 prognostizierten Steuerausfälle des Landes (fünf Milliarden Euro) und der Kommunen (2,5 Milliarden Euro) gedeckt werden. Insgesamt werden die Ausfälle laut Steuerschätzung bei 6,4 Milliarden Euro für das Land und 3,5 Milliarden Euro für die Kommunen betragen.
Daneben gehe es aber auch darum, mit dem Zwölf-Milliarden-Fonds der Wirtschaft unter die Arme zu greifen sowie Arbeits- und Ausbildungsplätze zu erhalten, sagte Bouffier. „Wir wollen nicht nur den Schaden begrenzen, sondern auch die Weichen für die Zukunft stellen“, meinte der Regierungschef.
Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sprach von einem „einmaligen Programm in einer einmaligen Situation“. Mit dem Sondervermögen werde gezielt investiert, auch mit Blick auf die junge Generation. Mit dem Fonds solle Hessen sozial-ökologisch erneuert, moderner und digitaler werden.
Pro Jahr müssen 400 Millionen getilgt werden
Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) sagte, die auf 30 Jahre angelegte Tilgung der Kreditermächtigungen sei auch gegenüber den Jüngeren zu verantworten. Mit dem Sondervermögen könne das Land bis Ende 2023 flexibel auf die weitere Entwicklung der finanziellen Lage reagieren. Sollten die Steuerausfälle niedriger ausfallen, als derzeit angenommen, sei es denkbar, dass der Finanzrahmen von zwölf Milliarden Euro am Ende nicht ausgeschöpft werden müsse. Die Tilgung der Kredite soll im nächsten Jahr beginnen. Mit zunächst 200 Millionen Euro, die schrittweise auf 400 Millionen Euro pro Jahr angehoben werden soll. Im Gesetzentwurf ist festgelegt, dass die Mittel aus dem Sondervermögen nur für durch Corona bedingte Maßnahmen verwendet werden dürfen. Ausgaben von mehr als zehn Millionen Euro bedürfen der Zustimmung des Haushaltsausschusses.
Gleichzeitig legte Boddenberg einen zweiten Nachtragshaushalt für das laufende Jahr vor. Die geschätzten Steuermindereinnahmen von drei Milliarden Euro werden unter anderem durch die Entnahme aus Rücklagen in Höhe von einer Milliarde Euro und einer Neuverschuldung von 1,7 Milliarden Euro gedeckt. Außerdem verzichtet das Land auf die ursprünglich geplante Tilgung von Altschulden in Höhe von 100 Millionen Euro. Der erste Nachtragshaushalt über zwei Milliarden Euro, den der Landtag Ende März beschlossen hatte, geht im Sondervermögen auf. Die Mittel sind laut Boddenberg bereits weitgehend ausgegeben.
Der Corona-Fonds und der zweite Nachtrag sollen am 16. Juni erstmals im Landtag beraten und in einer weiteren Sondersitzung am 30. Juni verabschiedet werden. Für den Beschluss über eine krisenbedingte Verschuldung ist nach den gesetzlichen Vorgaben zur Schuldenbremse eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Um die Zustimmung sicherzustellen, befinde sich die Landesregierung in konstruktiven und offenen Gesprächen mit SPD und FDP, sagten Bouffier und Boddenberg.
Steuerzahler sprechen von Schattenhaushalt
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) Hessen lehnte die geplante Bildung eines „gigantischen schuldenfinanzierten Sondervermögens“ zur Bewältigung der Corona-Krise entschieden ab. „Ein solch riesiger Schattenhaushalt kann nicht im Interesse der Steuerzahler sein“, sagte der BdSt-Landesvorsitzende Joachim Papendick. Ein Blankoscheck für die nächsten Jahre reduziere den Druck, eine mögliche weitere Neuverschuldung öffentlich zu begründen und im Parlament beschließen zu lassen, Schwerpunkte im Landeshaushalt zu setzen und alle Projekte auf ihre Notwendigkeit und Dringlichkeit hin zu überprüfen.
Die Folge wären unnötig hohe Ausgaben und damit auch eine Neuverschuldung unvorstellbaren Ausmaßes. Die hessischen Schulden würden dann in diesem Jahr um weit mehr als 400 Euro pro Sekunde steigen.