Hessen kann sich (noch) nicht entschließen, die Kooperation mit der Ditib zu beenden.
WIESBADEN. Wiesbaden. Die schwarz-grüne Landesregierung hat nach wie vor keine endgültige Lösung, wie sie mit Ditib umgehen will. Der deutsch-türkische Moscheenverband ist maßgeblicher Kooperationspartner bei der Gestaltung islamischen Religionsunterrichts an hessischen Schulen. Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) hat diese Kooperation jetzt auf Eis gelegt, weil der hessische Ableger von Ditib nicht alle geforderten Nachweise seiner Unabhängigkeit vorgelegt hat. Ursprünglich war dem Landesverband dafür eine Frist bis Ende vergangen Jahres gegeben worden. Doch Lorz muss feststellen: „Die Auflagen sind nicht erfüllt“.
Eine dieser Auflagen war ein Mitgliederverzeichnis, das der Landesverband eigentlich schon zu Beginn der Kooperation 2012 hätte liefern sollen. Dem Kultusministerium hat Ditib zwar die Zahl von 15069 Mitgliedern genannt. Doch hat der Moscheenverband die Zahl nicht mit Namen hinterlegt. Anhand des Mitglieder-Registers entscheiden die Schulämter, welche Schüler am Islamischen Religionsunterricht teilnehmen. Er habe weiterhin deutliche Zweifel an der grundsätzlichen Eignung von Ditib als Kooperationspartner, so Minister Lorz. Die Zweifel entzünden sich vor allem daran, dass Ditib-Hessen nach wie vor nicht hinreichend seine Unabhängigkeit von Ankara belegen konnte.
So hat der Landesverband zwar die Stelle des Landeskoordinators gestrichen. Das war ein Mann, den die Ditib-Zentrale in Köln eingesetzt hatte, um den aus seiner Warte zu liberal gewordenen hessischen Landesverband an die Kandare zu nehmen. Doch gibt es Gerüchte, dass die Person, die mit der Stelle des Landeskoordinators betraut war, künftig Geschäftsführer des Landesverbandes wird. Lorz sagte, eine Person, die eindeutige Beziehungen zur Ditib-Zentrale in Köln hat, sei als Geschäftsführer des Landesverbandes nicht akzeptabel.
Lorz hat dem Landesverband nunmehr eine erneute Frist bis 30. April gesetzt, um die fehlenden Nachweise der Unabhängigkeit vorzulegen. Ditib-Hessen stehe in der Verantwortung, die Nachfragen zu beantworten. Andernfalls werde die Zusammenarbeit noch in diesem Jahr endgültig beendet.
Die neuerliche Frist begründet Lorz zum einen damit, dass er beim Ditib-Landesverband das ernsthafte Bemühen wahrgenommen habe, die geforderten Nachweise zu liefern. Zum anderen will der Minister eine rechtssichere Entscheidung treffen. Denn er fürchtet, dass Ditib, wenn die Landesregierung die Partnerschaft aufkündigt, vor dem Verwaltungsgericht dagegen klagen wird. Derzeit aber habe man noch nicht den Zustand der größtmöglichen Rechtssicherheit erreicht. „Deshalb drehen wir noch eine Runde“.
So bleibt vorerst bis auf Weiteres der Islamische Religionsunterricht in Hessen auf die derzeitigen Standorte begrenzt. Zusätzliche Schulen werden nicht mit ins Programm genommen. Und die 144 Schüler, die die Ersten waren, denen Islamischer Religionsunterricht erteilt wurde, und die mittlerweile die Jahrgangsstufe 6 erreicht haben, sollen mit Beginn des neuen Schuljahres Islamunterricht unter staatlicher Verantwortung erhalten. Lorz spricht nicht von Religionsunterricht, sondern von einem „Bildungsangebot“ unter staatlicher Verantwortung. Dies könnte aus seiner Sicht ein Modell sein für den Fall, dass der Ditib-Landesverband auch bis zur neuen Frist die Auflagen nicht erfüllen will. Das Bildungsangebot werde die Grundlagen des Islams, die islamischen Glaubensinhalte, die Geschichte, Kultur Philosophie und Ethik umfassen.
Die Zweifel am Ditib-Landesverband basieren auf Gutachten, die Lorz Ende 2007 vorgestellt hatte. Der Vorsitzende des Landesverbandes, Salih Özkan, hatte auf Nachfrage dieser Zeitung mehrfach versichert, mittlerweile seien alle Auflagen erfüllt. Jetzt sagte er erneut zu, zusätzliche Unterlagen vorzulegen, mit denen die Auflagen des Ministeriums endgültig erfüllt werden.
Von Christoph Cuntz