Hessens Bildungspolitik stehe für Qualität und Innovation, lobte sich Kultusminister Alexander Lorz (CDU) in seiner Regierungserklärung. Welches Bild dagegen die Opposition malte.
WIESBADEN. Qualität und Innovation – mit diesen „Leitmotiven unserer bildungspolitischen Verantwortung“ hat Kultusminister Alexander Lorz (CDU) seine Regierungserklärung überschrieben. Die Landtagsopposition bemühte sich am Dienstag nach Kräften, die schwarz-grüne Landesregierung in möglichst vielen Punkten ein Scheitern bei diesem Anspruch nachzuweisen. Lorz stellte die Aspekte Sprachförderung, Digitalisierung und Lehrersuche in den Fokus. Den Zuzug von fast 13.000 ukrainischen Kindern und Jugendlichen hätten die Schulen gut umgesetzt, dies habe zahlreiche zusätzliche Intensivklassen erforderlich gemacht. Neben der Bildungssprache Deutsch stehe die Digitalisierung im Zentrum der Bemühungen. Lorz nannte neben dem neuen Schulfach „Digitale Welt“, das gerade an zwölf Pilotschulen startete, Maßnahmen wie den Digital-Truck, die Initiative „Deine Zukunft #real:digital“ und das nach „Widrigkeiten“ der Ausschreibung nun endlich gestartete Videokonferenzsystem.
„Digitale Welt“ sei ein „Fake-Fach“
Bei den Themen Lehrerversorgung und Bildungsetat bemühte Lorz Superlative: Mit mittlerweile 55.680 Lehrkräften und einem Budget von 4,8 Milliarden Euro erreiche Schwarz-Grün erneut ein Rekordniveau. „Das muss man erst mal schaffen“, lobte Lorz die eigene Arbeit. Die Erhöhung der Studienplatz-Kapazitäten brauche sicher noch Jahre, bis sie Früchte trage. Den Lehrerberuf mache man allerdings auch nicht attraktiver, wenn man immer nur klage und „alles madig mache“, hielt der CDU-Politiker der Opposition vor.
Diese geißelte im Anschluss denn auch stockende Digitalisierung und das Verpuffen von Programmen wie „Löwenstark“ zur Kompensation coronabedingte Lernrückständen. Laut einer aktuellen Befragung der Landesschülervertretung (LSV) haben zwei Drittel der Schüler noch nie davon gehört. „Ihr Löwe ist ein zahnloses Kätzchen“, schimpfte Heiko Scholz (AfD), der Lorz „Phrasendrescherei“ und eine „Politik der Mutlosigkeit, des Stillstands und der Mangelverwaltung“ vorwarf. Mit der „Arroganz der Macht“ ignoriere der Minister die Kritik von Lehrern, Eltern und Schülern.
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„Digitale Welt“ sei gar kein richtiges, sondern ein „Fake-Fach“, das – ohne verpflichtend, benotet und damit versetzungsrelevant zu sein – auch noch den flächendeckenden Informatikunterricht zu ersetzen versuche, echauffierte sich Moritz Promny (FDP), der Lorz Realitätsverweigerung vorwarf. Christoph Degen (SPD) witterte gar eine „Verdummung der Gesellschaft“, auch die anderen „Miniprojekte“ des Ministers änderten nichts am traurigen Status quo. Bereits in der Fragestunde zuvor hatte er Lorz vorgeworfen, weiter keine Kenntnis von Unterrichtsausfällen zu haben. Der Minister erwiderte, man arbeite an einer IT-basierten Lösung und befinde sich „auf der Zielgeraden“.
Elisabeth Kula warf dem Kultusminister „Ankündigungen, wohlklingende Worte und Fassadenpolitik“ vor. Der Pakt für den Nachmittag bedeute einen „Schmalspur-Ganztag ohne Qualitätsstandards“. Der zunehmenden psychischen Belastung von Schülern, eben durch die LSV-Befragung bestätigt, begegne das Ministerium mit einem Schulpsychologen pro 6300 Schülern. Im „Lorzschen Paralleluniversum“ gelte dies ebenso bereits als Erfolg wie die Überreichung von Dienst-Laptops an Lehrer, mit denen nicht mal personenbezogene Daten wie Noten oder Förderpläne verarbeitet werden dürften und Lehrer-Mailadressen gar nicht abrufbar seien.