Anonymer Brandbrief: Direktor warnt vor Schulöffnungen

aus Coronavirus-Pandemie

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Noch ist es in vielen Mainzer Klassenräumen leer. Archivfoto: dpa

Unter rheinland-pfälzischen Schulleitern kursiert aktuell ein Schreiben eines anonymen Kollegen. Er stellt die Schulöffnungen am 4. Mai in Frage und warnt vor dramatischen Folgen.

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MAINZ. Es gärt offensichtlich massiv an den rheinland-pfälzischen Schulen. Seit Freitag zirkuliert unter Schulleitern in verschiedenen Versionen ein Brandbrief eines anonymen Kollegen. Wir dokumentieren das Schreiben des Direktors, das dieser Zeitung vorliegt, in voller Länge:

„What a hell. Was machen wir hier eigentlich? Wir akzeptieren eine Idee, die uns alle gefährdet? Kneipen bleiben zu, aber Schulen öffnen ihre Tore, quasi Großkneipen ohne Essen und Getränke. Wir versuchen uns als Katastrophenmanager, schmieden irgendwelche unhaltbaren Wegekonzepte, organisieren Masken oder basteln welche und wollen oder müssen Noten machen und Kursarbeiten schreiben. Von Mainz haben wir außer dem Hygieneplan nichts bekommen, was uns einen Weg erklärt.

Was gibt uns das Recht, Schüler und Kollegen einer solchen Gefahr auszusetzen? Warum riskieren wir das? Wir nehmen den Tod von Menschen bewusst in Kauf. In den europäischen Nachbarländern sind Prüfungen ausgesetzt, wir versuchen die Sache wieder mal so zu regeln, wie das Deutsche eben tun.

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Wir leben alle in einer absoluten Ausnahmesituation wie sie noch keiner von uns erlebt hat. Wir haben Verantwortung und müssen uns loyal gegenüber unserem Ministerium verhalten. Haben wir trotzdem nicht einen Punkt erreicht, wo wir Nein sagen müssen? Sollten wir uns nicht alle zusammensetzen und „Stopp“ sagen.

Ich weiß nicht, was der richtige Weg ist, aber ich fühle mich mit der Entscheidung, am 4. Mai die Schule zu öffnen nicht wohl. Nochmal, wir haben Verantwortung, ich persönlich weiß nicht, ob ich das Recht habe als Schulleiter die Schule zu öffnen oder die Pflicht die Türe zu verriegeln.“

Von Ulrich Gerecke