Nach der Kritik der Bundes-CDU ziehen jetzt auch die rheinland-pfälzischen Christdemokraten nach. Zum Schutz der Beamten sollen bis zur Klärung keine Polizisten nach Berlin...
MAINZ. Scharfe Kritik üben die innenpolitischen Sprecher von CDU und CSU in Bund und Ländern an dem vom Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedeten Antidiskriminierungsgesetz. Nach dem Gesetz müssen Polizeibeamte künftig bei einem bloßen Verdacht nachweisen, dass sie sich nicht diskriminierend verhalten haben. Für die Unionspolitiker ist diese Umkehr der Beweislast eine Form der Vorverurteilung, die in einem Rechtsstaat nichts zu suchen habe. Sie fordern deshalb die Innenminister der übrigen 15 Bundesländer auf, keine Polizisten mehr im Zuge der Amtshilfe nach Berlin zu schicken, bis rechtliche Fragen zweifelsfrei geklärt sind.
Der innenpolitische Sprecher der rheinland-pfälzischen CDU, Dirk Herber, bittet Innenminister Roger Lewentz (SPD) zu prüfen, ob dieses Gesetz auch für Polizisten der anderen Bundesländer gilt, wenn sie in nicht unerheblicher Zahl regelmäßig in Berlin eingesetzt werden, wie etwa bei den Demonstrationen am 1. Mai. Zum Schutz der rheinland-pfälzischen Polizisten dürfe man bis zur Klärung keine Beamten in die Bundeshauptstadt entsenden. „Das Gesetz stellt den gesamten öffentlichen Dienst in Berlin unter Generalverdacht, grundsätzlich und strukturell zu diskriminieren“, stellt Herber fest. Die einzigen, die tatsächlich diskriminiert würden, seien die Berliner Landesbeamten. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion wertet das Berliner-Gesetz als „Befriedigung der Ideologie des rot-rot-grünen Misstrauens gegenüber unserer Polizei“.
Lewentz sieht keinen strukturellen Rassismus
Deutliche Kritik kommt auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die die Innenminister der Länder ebenfalls auffordert, keine Polizisten mehr nach Berlin zu schicken, solange die Rechtslage nicht geklärt sei. „Das pauschale Misstrauen, das mit dem neuen Gesetz gegenüber allen, die in der Polizei ihren Dienst im Sinne unserer bunten und vielfältigen Gesellschaft verrichten, zum Ausdruck gebracht wird, ist in keiner Weise gerechtfertigt“, betonte der stellvertretende Bundesvorsitzende Jörg Radek in einer Verlautbarung der GdP.
Auf energischen Widerspruch der Gewerkschaft stößt indes auch die Äußerung der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken, derzufolge es bei den deutschen Sicherheitskräften einen latenten Rassismus gebe. Diese Behauptung entbehre jeder Grundlage, sagt die rheinland-pfälzische GdP-Landesvorsitzende Sabrina Kunz. Sie fordert von der Politik einen differenzierten Umgang mit dem Thema und begrüßt, dass sich Innenminister und SPD-Landesvorsitzender Roger Lewentz schützend vor die Polizei im Land stelle und hier keinen strukturellen und latenten Rassismus sehe. „Fakt ist, dass es Verfehlungen leider auch in der Polizei gibt. Umso wichtiger ist es, dass diese Fälle mit allen Mitteln der staatlichen Kontrolle einem rechtsstaatlichen Verfahren zugeführt und sanktioniert werden“, sagt Sabrina Kunz. In dem dreijährigen dualen Studium, mit dem die angehenden Polizisten in Rheinland-Pfalz auf den Beruf vorbereitet würden, habe der Erwerb und die Förderung von interkultureller und sozialer Kompetenz eine besondere Bedeutung, verdeutlicht die GdP-Vorsitzende.
Vor dem Hintergrund der Diskussion um das Berliner Antidiskriminierungsgesetz seien Eskens Äußerungen ein Schlag ins Gesicht für alle Polizisten, die tagtäglich nach bestem Wissen und Gewissen ihren Dienst tun. Pauschale Aussagen erschwerten die Arbeit der Polizei, weil gewaltgeneigte Gruppierungen sich legitimiert fühlen könnten, gegenüber dem Staat und – somit auch der Polizei – Gewalt anzuwenden. Ein Beleg dafür seien die Zahlen der letzten zehn Jahre zu gewalttätigen Übergriffen gegenüber Polizistinnen und Polizisten. „Wir leben in einer bunten Gesellschaft, wir leisten einen Dienst und Beruf in einer bunten Gesellschaft, die Polizei hat sich über viele Jahre zu einer vielfältigen und bunten Bürgerpolizei entwickelt und dennoch stehen wir alltäglich im Spannungsfeld zwischen politischem ‚Gehabe‘ und gesellschaftlichen Strömungen“, stellt Kunz fest.
Von Thomas Ehlke