CDU: Wiederaufbau im Ahrtal läuft viel zu schleppend
Der rheinland-pfälzische Parteichef Baldauf kritisiert die Landesregierung scharf. Eine CDU-Kollegin warnt vor "verfassungsfeindlichen Kräften" in der Region.
MAINZ. Die rheinland-pfälzische CDU hat die Mainzer Landesregierung für den schleppenden Wiederaufbau des zerstörten Ahrtals verantwortlich gemacht. "Ich mache mir wirklich Sorgen, die Wut im Tal ist einfach riesig", sagte die regionale Bundestagsabgeordnete Mechthild Heil am Montag. Gemeinsam mit CDU-Landeschef Christian Baldauf stellte sie einen Forderungskatalog an das Land vor. Die größte Oppositionspartei appelliert unter anderem an das Land, die ersten Abschlagszahlungen an Hausbesitzer nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen von 20 auf 40 Prozent der bewilligten Summe anzuheben.
"Hier ist es dringend erforderlich, dass der Staat in Vorleistung geht", sagte Baldauf. Eventuelle Versicherungsleistungen könnten später noch zurückgefordert werden. Die schleppende Auszahlung der Gelder und komplizierte Anträge verzögerten den Wiederaufbau des im Juli 2021 überfluteten Tals. Von 15 Milliarden Euro im Wiederaufbaufonds sei knapp ein Jahr nach der Katastrophe gerade einmal eine halbe Milliarde Euro bewilligt, kritisierte Baldauf am Dienstag. Die dafür zuständige Investitions- und Strukturbank (ISB) sei ein "Totalausfall" und müsse dringend mit viel mehr Personal aus der Landesregierung verstärkt und kontrolliert werden. Baldauf legte einen 14-Punkte-Plan für den Wiederaufbau vor. Darin fordert die Fraktion die Landesregierung unter anderem auf, konkrete Ansprechpartner bei der ISB für alle Antragsteller von Soforthilfeprogrammen festzulegen, damit Fragen unkompliziert und direkt geklärt werden können. Baldauf warnte auch vor dem Verlust Tausender Arbeitsplätze in der Region durch den Wegfall der bisherigen coronabedingt eingeführten Kurzarbeiterregelungen. Im Tal gebe es insbesondere in der Pflege Einrichtungen, die aufgrund der erlittenen Schäden noch nicht wieder den Betrieb aufnehmen konnten. Wenn der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld für das Ahrtal nicht verlängert werde, drohten zahlreiche Entlassungen. Weil den Menschen vor Ort das Geld ausgehe, lebten manche mittlerweile in nicht fertiggestellten Häusern ohne Bad und Küche.
Bürokratie stellt Hürden beim Wiederaufbau
"Ich mache mir um das soziale Gefüge im Ahrtal Sorgen", sagte die Bundestagsabgeordnete Heil. Sie warnte davor, dass verstärkt verfassungsfeindliche Kräfte in der Region Präsenz zeigten, die den Staat als solchen ablehnten. Die Bewohner des Tals, die nach der Flutkatastrophe viele Aufräumarbeiten in gegenseitiger Solidarität bewältigt hätten, sähen sich nun einer langsamen Bürokratie ausgesetzt. Selbst vermeintlich einfache Probleme wie die Instandsetzung der Straßenbeleuchtung kämen nur schleppend voran. Weil der Tourismus im Ahrtal so eine große Rolle spiele, müsse der Wiederaufbau einer vollständig befahrbaren und elektrifizierten Bahnstrecke sowie der Radwege Priorität haben, sagte Baldauf.
Die SPD sieht die Lage in der Region ganz anders
Ganz anders bewertete die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler die Fortschritte beim Wiederaufbau. Alle Orte seien nach wenigen Wochen wieder anfahrbar gewesen, Hunderttausende Tonnen Müll und Schlamm entsorgt und die Wärme- und Wasserversorgung wieder hergestellt worden, sagte sie am Dienstag: "Wer objektiv aufs Ahrtal schaut und mit den Menschen vor Ort regelmäßig spricht, der weiß, was dort gemeinsam geleistet wurde und was das den Menschen bedeutet." Die neue Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand (parteilos), hatte am Montagabend bei einer Diskussionsveranstaltung mit rund 130 Betroffenen und Beteiligten des Wiederaufbaus auf dem Nürburgring gesagt: "Nach dieser großen Zerstörung kommen auch ganz viele Chancen." Diese - wie eine möglichst breite Ausstattung des Ahrtals mit Glasfaser - müssten auch genutzt werden. "Wir brauchen sehr viele Menschen für die Verwaltung, Ingenieurbüros und Fachkräfte vor Ort", betonte Weigand. Peter Diewald (CDU), Erster Beigeordneter der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, forderte ein deutlich besseres Frühwarnsystem. Dazu gehörten auch Modellierungen, wie sich steigende Pegel vor Ort auswirkten.
Lesen Sie im Anschluss: Kreis Bergstraße zieht Lehren aus der Ahrtal-Katastrophe
An diesem Mittwoch wird der Wiederaufbau des Tals auch den Landtag in Mainz beschäftigen. Vorgesehen ist eine Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zum Jahrestag der Katastrophe.
Von epd/dpa/tz