Dreyer sieht Anzeichen für Abschwächung der Corona-Dynamik
Teil-Lockdown, steigende Corona-Infektionen und der Impfstoff von Biontech haben den rheinland-pfälzischen Landtag am Mittwoch beschäftigt. Diskutiert wurde auch die...
MAINZ. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sieht "vorsichtige Anzeichen" für eine Verlangsamung des zuletzt rasanten Tempos der Ausbreitung des Coronavirus. Mit Blick auf den seit eineinhalb Wochen geltenden Teil-Lockdown bezeichnete sie die "Novemberhilfen des Bundes" für die von den Schließungen betroffenen Unternehmen, Selbstständige und Vereine als Dreh- und Angelpunkt. "Der Bundeswirtschaftsminister hat uns versichert, dass er mit Hochdruck daran arbeitet, damit wir Länder schnell mit den Auszahlungsverfahren starten können", sagte sie am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung vor dem Mainzer Landtag.
Beim nächsten Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am kommenden Montag (16. November) werde eine erste Zwischenbilanz gezogen, kündigte Dreyer an. Dabei werde sie sich dafür starkmachen, dass Veranstalter und Künstler, die jetzt kaum Einnahmemöglichkeiten hätten, über den November hinaus Hilfen erhalten. "Denn Kultur ist keine Branche wie jede andere", betonte Dreyer.
Land stockt Zahl der Schulbusse auf
Trotz der steigenden Infektionszahlen gehe sie davon aus, dass in Rheinland-Pfalz auch in Zukunft alle an Covid-19-Erkrankten die notwendige medizinische Versorgung erhalten können, sagte die Regierungschefin weiter. Die Maskenpflicht für Schüler ab Klasse fünf im Unterricht sowie feste Lerngruppen in den Grundschulen sollten einen sicheren Unterricht gewährleisten. Sollte dies nicht reichen, müssten die Schulen in Wechselmodelle von Online- und Präsenzunterricht gehen. Die 180 vom Land geförderten Schulbusse würden noch einmal um 70 aufgestockt.
Die Mainzer Firma Biontech werde die erste weltweit sein, die in der kommenden Woche einen Antrag auf Zulassung eines Impfstoffs gegen Corona stelle, sagte Dreyer stolz. Es werde eine einheitliche nationale Impfstrategie geben. Über die mit der Verteilung verbundenen ethischen Fragen regte sie eine Orientierungsdebatte im Landtag an.
CDU-Fraktionschef Christian Baldauf sprach sich in dieser Frage für eine breite Debatte aus. Die Entscheidung müsse für die Bevölkerung nachvollziehbar sein, sagte er. Der Landesregierung warf er schlechtes Krisenmanagement in der Corona-Pandemie vor. Über den Sommer hinweg hätte die Regierung Strategien in der Gesundheits-, Wirtschafts- und der Bildungspolitik entwickeln müssen. "Wir stellen fest: Sie haben die Zeit nicht genutzt", sagte er in Richtung Dreyer.
SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer wies die Vorwürfe zurück. Rheinland-Pfalz verzeichne die höchste Unterrichtsversorgung in seiner Geschichte und habe viel ins Gesundheitswesen investiert, sagte er. Er empfahl Baldauf, in der "Realität anzukommen und doch einmal die Fakten anzuerkennen".
Der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Uwe Junge, sagte, die Langzeitschäden des Teil-Lockdowns seien "kaum zu reparieren". "Die Schließung sämtlicher Sport-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie der Gastronomie ist und war schädlich und eben unverhältnismäßig", betonte Junge. "Politik muss versuchen, das Risiko an Covid-19 zu versterben, nach besten Kräften zu minimieren, gänzlich beseitigen lässt sich dieses Risiko wohl nicht." Und die Parlamente dürften bei den Corona-Beschränkungen nicht weiter übergangen werden. "Parlamente haben zu entscheiden, nicht nur angehört zu werden."
"Die weltweit besten Nachrichten kommen derzeit aus Mainz", sagte die FDP-Fraktionsvorsitzende Cornelia Willius-Senzer mit Blick auf den Corona-Impfstoff von Biontech. Von der Bundesregierung forderte sie "dringend einen Plan", wie es im Dezember und danach mit dem Kampf gegen die Pandemie weitergehen solle. Es müsse klar werden, wo die Infektionsherde lägen und wie Risikogruppen geschützt werden sollten. Von einer Entspannung der Situation könne angesichts der steigenden Infektionszahlen nicht die Rede sein.
Der Chef der Grünen-Fraktion, Bernhard Braun, sagte: "Ich sehe Licht am Ende des Tunnels. Aber der Tunnel ist noch ziemlich lang. Wir können nicht die Masken ablegen und tanzen." Die Intensivbetten in Deutschland seien bei steigenden Infektionszahlen bereits so stark ausgelastet wie im Frühjahr. Daher sei es dringend notwendig, Schutzmaßnahmen zu ergreifen und Kontakte zu vermeiden. "Verantwortung muss zuerst gegenüber den Schwächsten gezeigt werden", sagte Braun und forderte, diese Verantwortung auch bei der Klimakrise zu übernehmen.
Von dpa