In Rheinland-Pfalz starten die ersten Post-Covid-Ambulanzen

Rund 80.000 Rheinland-Pfälzer leiden noch Wochen nach einer Corona-Infektion an Folgesymptomen.
© Uwe Anspach/dpa/Archivbild

Am 1. September bieten landesweit fünf Arztpraxen zielgerichtete Hilfestellung für Patienten mit Corona-Langzeitfolgen an. In Rheinhessen gibt es gleich zwei Anlaufstellen.

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Mainz. Rund 80.000 Rheinland-Pfälzer leiden nach einer Corona-Infektion an Folge-Symptomen. 1500 der Patienten gelten sogar als schwerst erkrankt. Manche von ihnen haben ein chronisches Fatigue-Syndrom ausgebildet, eine Art dauerhafte, bleierne Müdigkeit. Um ihnen zu helfen, hat das Land Rheinland-Pfalz in fünf großen Städten sogenannte Post-Covid-Ambulanzen eingerichtet. Startschuss ist am 1. September. Daniel Stich (SPD), Ministerialdirektor im Landesgesundheitsministerium, sagt: „Mit rund 80.000 Betroffenen sprechen wir von einer großen Gruppe an Menschen, die mit den Folgen einer Covid-Infektion zu kämpfen haben. Ihnen wollen wir mit den neuen Ambulanzen die Hand reichen und helfen.“

Die Ambulanzen werden in bestehende Arztpraxen integriert. Sie sollen für die Patienten künftig eine Lotsenfunktion im komplizierten Netz aus Fachärzten übernehmen. Erster Ansprechpartner soll weiterhin der Hausarzt bleiben, „allerdings ist es auch möglich, sich direkt an die Ambulanz zu wenden“, so Stich. Laut dem Ministerialdirektor habe es in der Vergangenheit wiederholt Fälle gegeben, in denen der Erstkontakt zwischen Betroffenen und dem Hausarzt nicht positiv verlaufen war – und die Patienten sich nicht verstanden fühlten. Auch weil das Krankheitsbild rund um Post-Covid-Symptome wissenschaftlich noch nicht umfassend erforscht sei. Stich: „Als Post-Covid-Syndrom werden Beschwerden bezeichnet, die auch noch mehrere Wochen nach einer Corona-Infektion vorhanden und auf keine andere Ursache zurückzuführen sind.“ Erst durch ein medizinisches Ausschlussverfahren über verschiedene Fachärzte sei es derzeit möglich, ein Post-Covid-Leiden zu diagnostizieren. Und hierfür sind meist mehrere Facharzttermine vonnöten.

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Um nun womöglich lange Wartezeiten für einen Facharzttermin zu vermeiden, sollen die Ambulanzen unter anderem die Terminvereinbarungen in bestimmten Fällen übernehmen, damit der Betroffene zeitnah umfangreich und zielgerichtet untersucht werden kann. Für den zusätzlichen Koordinierungsaufwand stellt die Landesregierung den Praxen für ein Jahr 50.000 Euro zur Verfügung.

Kritik an den Ambulanzen kommt von der Landesärztekammer

Kritik an dem neuen Konzept der Ambulanzen kommt derweil von der rheinland-pfälzischen Landesärztekammer und dem Verband der Ersatzkassen. Günther Matheis, Präsident der Ärztekammer, begrüßt zwar grundsätzlich den Vorstoß des Landes, sagt aber auch: „Problematisch bleibt weiterhin die Vergabe von Facharztterminen, die zur Diagnose und Weiterbehandlung nötig sind. Es fehlt vor allem an Kardiologen, Lungenfachärzten und Neurologen.“ Diese Lücke werde zwangsläufig zu langen Terminwartezeiten führen. „Daran ändern auch die neuen Post-Covid-Ambulanzen nichts“, so Matheis.

Die rheinland-pfälzische Vertretung des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) ist derzeit noch unsicher, wie groß der Nutzen der neuen Ambulanzen letztlich sein wird – „zumal zum jetzigen Zeitpunkt bundesweit noch keine einheitlichen Empfehlungen und Richtlinien für die doch sehr individuelle Behandlung von Betroffenen vorliegen“, teilt eine Sprecherin des Verbandes auf Anfrage mit. Zudem empfiehlt der VDEK grundsätzlich, sich immer zuerst an seinen Hausarzt zu wenden – statt gleich eine der Post-Covid-Ambulanzen aufzusuchen. „Dieser kennt seine Patienten und kann im konkreten Fall entscheiden, ob er selbst die Versorgung übernehmen kann, ob eine Überweisung zu einem oder mehreren Fachärzten erforderlich ist oder ob, bei besonders schweren Formen der Erkrankung, eine der Post-Covid-Ambulanzen aufgesucht werden sollte“, so die Meinung des VDEK.