Koalition will Wahlalter in Rheinland-Pfalz auf 16 senken

Ein Schild weist auf ein Wahllokal hin.

SPD, Grüne und FDP wollen, dass in Rheinland-Pfalz künftig auch Jugendliche bei Kommunal- und Landtagswahlen abstimmen dürfen. Ob die Parteien damit Erfolg haben, ist fraglich.

Anzeige

Mainz. Wählen ab 16 Jahren soll bald auch in Rheinland-Pfalz möglich sein. Das ist das Ziel eines Gesetzentwurfs zur Änderung der Landesverfassung, den die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP gemeinsam in der Landtagssitzung an diesem Mittwoch und Donnerstag einbringen wollen. Ihnen geht es darum, Artikel 76 Absatz 2 so zu ändern, dass das aktive Wahlalter für Landtags- und Kommunalwahlen sowie das Alter zu Abstimmung bei Volksentscheiden von 18 auf 16 Jahre gesenkt wird. Ob die Ampel-Koalition die dafür nötige Zwei-Drittel Mehrheit im Landtag erhält, ist jedoch nicht sicher.

Erst jüngst hat der Bundestag das Mindestalter für die Europawahl von 18 auf 16 Jahre gesenkt. Nun soll Rheinland-Pfalz nachziehen. „Wir wollen der Jugend im Land eine Stimme geben”, begründen Verantwortliche der Ampel-Parteien ihren Vorstoß. Als Koalition würden sie schon lange dafür kämpfen, auch im Zukunftsvertrag ist festgeschrieben, erklären die Fraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SDP), die parlamentarische Geschäftsführerin Pia Schellhammer (Grüne) und der Fraktionsvorsitzende Philipp Fernis (FDP) in einer gemeinsamen Mitteilung.

Jugend soll mitbestimmen können

Die drei Parteien würden das Engagement der Jugend sehen und wollen ihr eine politische Stimme geben. Das bedeute mehr Partizipationsmöglichkeiten und mehr Demokratie. Die CDU wolle zudem nicht hinnehmen, dass in Rheinland-Pfalz nicht möglich sein soll, was in elf anderen Bundesländern und künftig auch bei der Europawahl funktioniert.

Anzeige

„Was die Politik heute entscheidet, hat Auswirkungen auf deren Zukunft”, sagt Bätzing-Lichtenthäler. Die aktuellen Krisen würden nach Ansicht der Grünen die jungen Menschen besonders betreffen. „Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf die absurde Situation verhindern, dass die 16- und 17-Jährigen in Rheinland-Pfalz im übernächsten Jahr das Europaparlament wählen dürfen, aber nicht ihr kommunales Parlament und ihre Bürgermeisterin oder ihren Bürgermeister vor Ort“, erläutert Schellhammer. Den Ausführungen von SPD und Grünen schließt sich auch Fernis von der FDP an. Seine Partei hat bei der vergangenen Landtagswahl vor allem bei Jüngeren gut abgeschnitten.

Derzeit gibt es in Rheinland-Pfalz rund 74.000 Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahren (Stand: Ende 2021). Dagegen gab es mehr als 4,1 Millionen Rheinland-Pfälzer über 18 Jahre. Ein herabgesenktes Wahlalter würde also nur einer kleinen Gruppe zugute kommen. Wegen des demografischen Wandels ist diese auch um einiges kleiner als noch vor 50 Jahren. Ende 1971 waren es noch 110.000 16- und 17-Jährige sowie 3,6 Millionen Erwachsene in Rheinland-Pfalz.

Opposition will Wahlalter ab 18 beibehalten

Für die von der Ampelkoalition beantragte Verfassungsänderung bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag. Das bedeutet, dass auch Teile der Opposition zustimmen müssen. Die Ampel-Koalition hofft darauf, dass vor allem die CDU „endlich ihren Widerstand aufgibt und zum Nutzen der Jugend und der Demokratie im Land zustimmt.” Schließlich haben auch Länder wie Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen, in denen die Union mitregiert, jüngst das Wählen ab 16 ermöglicht. Auch in Hessen gibt es derzeit einen neuen Vorstoß dazu.

Auf Nachfrage dieser Zeitung bei der rheinland-pfälzischen Opposition trifft man allerdings auf Widerstand. CDU, Freie Wähler und AfD sind gegen diese Änderung. Ihre Begründungen klingen ähnlich: Alle verweisen auf die Bedeutung der Volljährigkeit mit 18 Jahren, die Rechte und Pflichten, die damit einhergehen und nicht auseinanderfallen dürften. Von der CDU heißt es: „Es widerspricht sich, dass jemand das zentrale Bürgerrecht, zu wählen, wahrnehmen kann, den die Gesellschaft andererseits nicht für reif genug hält, alleine einen Vertrag abzuschließen, Auto zu fahren oder nach Mitternacht eine Disko zu besuchen”, erläutert der jugendpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Matthias Reuber.

Anzeige

Die Freien Wähler sehen zum Beispiel ein Problem bei minderjährigen Straftätern. „Dies hätte zur Folge, dass sie nicht individuell strafrechtlich verantwortlich wären, sie aber zugleich das Recht hätten, wählen zu dürfen“, sagt Stephan Wefelscheid, parlamentarischer Geschäftsführer und rechtspolitischen Sprecher der Freien Wähler. Auch die AfD übt Kritik: „Der aussichtslose Vorstoß der Ampel ist daher billiger Populismus und öffnet der Willkür zu weiteren Senkungen oder Änderungen Tür und Tor”, merkt Damian Lohr, europa- und jugendpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, an.