Ministerin Anne Spiegel befürchtet Anstieg haüslicher Gewalt

aus Coronavirus-Pandemie

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Fachleute befürchten eine Zunahme der häuslichen Gewalt in der Corona-Krise. Rheinland-Pfalz hat deshalb die Plätze in den Frauenhäusern aufgestockt. Foto: Steffen Schellhorn

Das Frauenministerium Rheinland-Pfalz mietet vorsorglich Notunterkunft für Frauen und Kinder. Während der Corona-Krise verbringen Menschen mehr Zeit zuhause. Das birgt Sprengstoff.

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MAINZ. Viele Menschen verbringen wegen der Corona-Krise die meiste Zeit zuhause. Diese Situation birgt reichlich sozialen Sprengstoff in sich. Frauenministerin Anne Spiegel (Grüne) befürchtet daher einen Anstieg häuslicher Gewalt. Sie stützt sich dabei auf Erfahrungswerte aus der chinesischen Stadt Wuhan, wo das Coronavirus seinen Ursprung hatte. Die Zahl der Frauen, die dort von ihren Männer misshandelt wurden, verdreifachte sich während der Zeit der Ausgangsbeschränkungen. Die Polizei wurde zu doppelt so vielen gewalttätigen Ausschreitungen gegen Frauen gerufen wie zu Zeiten vor der Corona-Krise.

Die 286 Plätze der 17 Frauenhäuser sind belegt

Zwar gibt es nach Aussage der Ministerin in Rheinland-Pfalz gegenwärtig noch keinen Anstieg der Fallzahlen, dennoch wolle man gewappnet sein. Da die 286 Plätze in den 17 Frauenhäusern im Land belegt sind, hat Spiegel entschieden, eine Notunterkunft bereitzustellen, in der Frauen, die Opfer von gewalttätigen Übergriffen wurden, ab sofort Zuflucht finden können. Es handele sich dabei um eine Einrichtung im Norden des Landes, die vorerst bis Ende Juni angemietet wurde. Das Haus bietet Platz für 34 Frauen mit ihren Kindern. Zwei pädagogische Fachkräfte stehen zur Betreuung bereit. Über den Ort der Unterkunft machte die Ministerin mit Blick auf den Schutz der künftigen Bewohnerinnen keine näheren Angaben. „Normalerweise dauert solch ein Prozess mehrere Monate. Uns ist es gelungen, in wenigen Tagen eine Unterkunft zu finden, die sofort bezogen werden kann“, dankte Spiegel in diesem Zusammenhang den Frauenhäusern, ohne deren Unterstützung es nicht gelungen wäre, so schnell fündig zu werden.

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Die bestehenden Frauenhäuser sollen technisch aufgerüstet werden, um hilfe- und ratsuchende Frauen auch ohne persönlichen Kontakt beraten zu können. Um den Abstandsregelungen gerecht zu werden, sei ein Ausbau der digitalen Kommunikation notwendig, sagte Spiegel. Der schon vor der Pandemie eingeschlagene Weg, die Zahl der Plätze in Frauenhäusern zu erhöhen, sei richtig. Das zeige die aktuelle Situation. Im Sommer wird das 18. Frauenhaus in Rheinland-Pfalz in Andernach mit elf Plätzen eröffnet. Für den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Beratungsstellen erhält das Land vom Bund für vier Jahre 1,37 Millionen Euro jährlich. Die Ministerin will für die Unterstützung dieser Einrichtungen auch deutlich höhere Summen als bislang im Landesetat 2021 einplanen.

Auch Kinder und Jugendliche sind betroffen

Um die Platznot in den Frauenhäusern zu lindern, appelliert Anne Spiegel an alle Haus- und Wohnungseigentümer, die Wohnungen anbieten können, sich an das nächstgelegene Frauenhaus zu wenden. „Es gibt viele Frauen, die gerne aus dem Frauenhaus ausziehen wollen, doch sie finden keine Wohnung“, skizziert die Ministerin die Situation.

Von häuslicher Gewalt sind auch Kinder und Jugendliche betroffen. Um sie kümmern sich auch in der Corona-Krise die Jugendämter. Darüber hinaus können sie rund um die Uhr die „Nummer gegen Kummer“ 116 111 anwählen, wo sie Rat und Hilfe erhalten. Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, steht die bundesweite Hotline 0 800 - 116 016 zur Verfügung.

Von Thomas Ehlke