Im Eilverfahren hat der Landtag das 3,3 Milliarden Euro schwere Corona-Hilfspaket beschlossen. Nur gut die Hälfte der Abgeordneten nahmen an der Abstimmung teil.
MAINZ. Der kleinste Landtag verabschiedete den größten Nachtragshaushalt in der Geschichte des Landes – und das auch noch im Eilverfahren. 3,3 Milliarden Euro schwer ist das Finanzpaket aus Barmitteln, Bürgschaften und Verpflichtungsermächtigungen, das das Land im Kampf gegen die Coronakrise schnürt. Die Sondersitzung des wegen des Infektionsschutzes stark dezimierten Plenums hatte nicht nur in dieser Hinsicht eine historische Dimension. Am Ende kam es zum Schulterschluss aller Fraktionen. Zu ernst das Thema, zu groß die Eilbedürftigkeit. Alle stimmten dem von der Landesregierung vorgelegten Nachtrag zu; Änderungsanträge von CDU und AfD fanden keine Mehrheit.
„Größte Herausforderung der Geschichte“
Die Eckpunkte: 800 Millionen Euro sind für die medizinische Bekämpfung des Coronavirus bestimmt. 100 Millionen Euro gehen als Soforthilfe an Landkreise und Städte. Weitere 100 Millionen Euro werden zurückgestellt, um dafür Impfstoff gegen das SARS-Cov 2-Virus zu kaufen, sobald ein solches Serum verfügbar ist. Ein spezielles Programm soll auch Vereine und Initiativen unterstützen, die durch Corona in finanzielle Not geraten sind. Darüber hinaus sind 2,2 Milliarden Euro für die Erhöhung von Landesbürgschaften im Nachtragsetat enthalten. Damit soll das Überleben von Unternehmen in der Krise gesichert werden. Um all das zu finanzieren, nimmt das Land auch neue Kredite in Höhe von 638,5 Millionen Euro auf. Die Schulden sollen ab dem Jahr 2024 getilgt werden.
Man stehe vor der größten Herausforderung in der Geschichte des Bundeslandes, stellte Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) eingangs fest. „Die Pandemie verlangt uns allen viel ab“, sagte Hering. Stellvertretend für das Parlament dankte er allen, die die Gesellschaft in dieser schwierigen Situation am Laufen halten, was die Abgeordneten mit anhaltendem Beifall bekräftigten. Diese Menschen arbeiteten bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und oft sogar darüber hinaus. Bei diesem Dank dürfe es aber nicht bleiben, sondern es sei die Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass die Wertschätzung erhalten bleibt.
„Es darf keine Erkrankte und kein Erkrankter unversorgt bleiben“, machte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) klar, dass ein Fokus des finanziellen Kraftaktes der medizinischen Seite des Problems gilt. Andererseits sagte sie mit Blick auf jene Unternehmen, deren Existenz durch die Coronakrise bedroht ist, und die Menschen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten: „Wir werden Sie nicht alleine lassen.“ Der mit einer Milliarde Euro gefüllte Zukunftsfonds „Starke Wirtschaft Rheinland-Pfalz“ versorge die Unternehmen schnell und unbürokratisch mit Soforthilfen.
CDU-Fraktionsvorsitzender Christian Baldauf forderte die Landesregierung auf, ein Signal des Dankes an das Personal von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen zu senden und ab April die Verpflegungskosten für sie zu übernehmen. Und Baldauf machte sich für den Erhalt auch kleiner Krankenhäuser stark. „Wir lernen in diesen Tagen schmerzlich, dass Gesundheits- und Notfallversorgung künftig weniger nach Kriterien von Effizienz und Betriebswirtschaft betrachtet werden können“, sagte der Christdemokrat. Daher dürfe in dieser Situation kein Krankenhaus geschlossen werden. „Wir brauchen jedes Bett, jede Schwester, jeden Arzt.“
Diesen Ball nahm sein SPD-Kollege Alexander Schweitzer auf, um ihn prompt zurückzuspielen. Er erkenne bei der CDU eine „Lernkurve“, dass Wirtschaftlichkeit beim Führen eines Krankenhauses nicht alles sein dürfe. Und: „Die allermeisten in der Pflege wären froh, wenn die Landesregierung ihnen nicht nur eine Bluna hinstellt, sondern die Union endlich dazu beitragen würde, dass ein Flächentarifvertrag möglich ist.“ Am Ende bringe den Menschen ein fairer Lohn mehr. Er denke dabei auch an Busfahrer, Verkäufer und Paketboten.
Auch die Grünen sehen dies so. „Danke sagen alleine reicht nicht“, unterstrich deren Fraktionschef Dr. Bernhard Braun. Mit dem Nachtragshaushalt untermauere man in Rheinland-Pfalz die Worte mit den notwendigen Finanzmitteln. Wie die CDU forderte auch die AfD in ihrem Änderungsantrag, statt Krediten mehr Zuschüsse an die Unternehmen zu zahlen. Kritisch sah Fraktionssprecher Uwe Junge auch, dass das Land neue Kredite aufnehme und die benötigte Summe nicht aus der Rücklage entnehme. Staatstragend äußerte sich FDP-Fraktionschefin Cornelia Willius-Senzer. „Die Landesregierung übernimmt Verantwortung und hat auch an das Danach gedacht“, sagte die Mainzerin mit Blick auf den Zukunftsfonds für die Wirtschaft.
Von Thomas Ehlke