Im Streit um Gehaltskürzungen hat Ryanair damit gedroht, den Standort Hahn zu schließen. Wie ernst ist das? Und was bedeutet es für Flüge der Airline?
RHEINLAND-PFALZ. Nach der Ankündigung der irischen Fluglinie Ryanair, im Zuge von bundesweiten Stellenstreichungen auch die Basis am Flughafen Hahn zu schließen, ist nach wie vor unklar, was das für den Hunsrück-Airport tatsächlich bedeutet. Entsprechende Anfragen dieser Zeitung an Ryanair, den Flughafenbetreiber und den chinesischen Eigentümer HNA blieben zunächst unbeantwortet. Nach Informationen dieser Zeitung sind derzeit zwei Maschinen am Hahn stationiert. Ob die Pläne auch Auswirkungen auf die Ryanair -Verbindungen von und zum Hahn haben, ist unklar. Möglicherweise bleiben sie erhalten
Ryanair hatte damit gedroht, die Basis am Flughafen Hahn zum 1. November schließen. Hintergrund ist ein Streit mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit über Gehaltskürzungen. Die an dem Hunsrück-Flughafen stationierten Piloten sollen in dieser Woche informiert werden, weitere Cockpit-Beschäftigte in Frankfurt, Köln und Berlin (Tegel) sollen bis zum Winter folgen. „Wir müssen mit alternativen Maßnahmen zu Einsparungen weitermachen, die Schließung von Basen und Kündigungen bedeuten“, heißt es in einer Mitteilung der Airline an die Piloten in Deutschland, die auch dieser Zeitung vorliegt.
Die Gewerkschaft habe eine Vereinbarung über Gehaltskürzungen in der Corona-Krise mit knapper Mehrheit abgelehnt. Laut Gewerkschaft sind insgesamt mehr als 170 Piloten von den Streichungen betroffen.
Ein Sprecher der Pilotengewerkschaft hatte am Dienstagabend der Nachrichtenagentur dpa gesagt, die Gewerkschaft habe trotz mehrheitlicher Ablehnung der Forderungen des Managements ein Interesse an einer Verhandlungslösung. Auch lehne man die Vorschlage des Arbeitgebers nicht vollständig ab, aber es gebe "noch Luft nach oben". Eine Schließung von Basen hat nicht automatisch die Aufgabe von Flugverbindungen zur Folge.
Bürgerinitiative: "Herber Schlag" für den Hahn
Die Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn teilte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch mit, das von der Ryanair-Tochter Malta Air in einem internen Schreiben angekündigte Aus für den Standort sei zwar "ein herber Schlag" für die strukturschwache Region. "Wir erwarten hier aber keine komplette Aufgabe des Betriebs von Ryanair, sondern eine Reduzierung ihrer Flüge."
Es werde sich für die Airline lohnen, in Deutschland beschäftigte Arbeiter aus Südosteuropa weiter vom Hunsrück aus in ihre Heimat zu fliegen, ebenso könnten einige touristische Flugziele in Südeuropa überleben.
Die Gewerkschaft Verdi hat die angekündigte Schließung der Standorte scharf kritisiert. "Es ist nicht auszuschließen, dass die Gewerkschaften mit der Ankündigung in den laufenden Verhandlungen unter Druck gesetzt werden sollen", sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Sven Bergelin am Mittwoch. Von den Plänen sind nach seinen Angaben etwa 350 der circa 1000 Flugbegleiter der Ryanair-Tochter Malta Air in Deutschland betroffen.
Ryanair ist bei Passagieren Platzhirsch
Der Flughafen Hahn äußerte sich am Mittwoch nicht zu der angekündigten Basis-Schließung und verwies auf Ryanair. Doch auch die Airline wollte ihr internes Schreiben nach Angaben vom Dienstag nicht weiter kommentieren. Auch den Standorten in Berlin-Tegel und im nordrhein-westfälischen Weeze drohe noch vor dem Winter das Aus, hieß es darin. Grundsätzlich ist eine Schließung von Basen nicht automatisch gleichbedeutend mit der Aufgabe von Flugverbindungen.
Ryanair ist im Hahn-Passagiergeschäft der Platzhirsch. Laut Christoph Goetzmann, Mitglied der Hahn-Geschäftsführung, fliegen sonst nur noch die Passagier-Airlines Wizz Air, Air Serbia und Flyone den defizitären Airport an. In den vergangenen Jahren hat er viele Passagiere verloren. Das Frachtgeschäft zog aber in der Corona-Krise beispielsweise mit dem Transport von Schutzkleidung wieder deutlich an. Der Flughafen Hahn gehört zu 82,5 Prozent dem chinesischen Großkonzern HNA und zu 17,5 Prozent dem Land Hessen.
Ryanair hatte sein Engagement am Hahn in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgefahren. Schon vor der Corona-Krise hatte der Billigflieger zuletzt im Winterflugplan sein Angebot weiter ausgedünnt. So fliegt die Airline inzwischen auch von den umliegenden Airports in Frankfurt am Main, Luxemburg und Köln/Bonn ab. Schon im vergangenen Sommer hatte die Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen mitgeteilt, angesichts der wirtschaftlichen Verluste des Airports „wäre es keine große Überraschung, wenn Ryanair die Basis auf dem Flughafen Hahn zum Winterflugplan 2019/2020 schließen würde“.