Spenden der VRM-Leser fließen auch ins „Tal der Vergessenen“
Eine Woche hat es gedauert, bis nach der Hochwasser-Katastrophe endlich Helfer nach Kirchsahr kamen. Ein kleiner Bach entwickelte sich hier zu einem zerstörerischen Strom.
AHRBRÜCK / KIRCHSAHR. Die Spendenbereitschaft der Leserinnen und Leser der VRM-Zeitungen für die Opfer der Flutkatastrophe an der Ahr versiegt einfach nicht. Inzwischen haben mehr als 12.000 Einzelspender 2,3 Millionen Euro auf das extra eingerichtete Konto des Bürgervereins Ahrbrück überwiesen. Die traditionellen Hilfsaktionen der Zeitungen, „Leser helfen“, Allgemeine Zeitung, „Ihnen leuchtet ein Licht“, Wiesbadener Kurier, „Echo hilft“, Darmstädter Echo und „Helft uns helfen“ Wetzlarer Neue Zeitung hatten wenige Tage nach der Flutkatastrophe gemeinsam zu der Spendenaktion aufgerufen.
Mit diesem Zwischenergebnis vier Wochen nach der verheerenden Flutnacht vom 14. Juli hatte niemand gerechnet – schon gar nicht die Zielgemeinden an der Ahr, für die die Spenden gesammelt werden. Nachdem zunächst nur zu Spenden für die massiv getroffenen Gemeinden Ahrbrück und Hönningen aufgerufen worden war, hatten sich die Ortsbürgermeister selbst dafür ausgesprochen, ebenso hart getroffene Nachbargemeinden mit hinzuzunehmen. Zunächst das benachbarte Altenahr, dessen Ortsteil Altenburg komplett überflutet war.
Sahr steigt von 20 Zentimetern auf sechs Meter
Nachdem nun die Grenze von zwei Millionen Euro überschritten worden ist, haben sich die drei Gemeinden entschieden, auch die Gemeinde Kirchsahr im sogenannten „Tal der Vergessenen“ hinzuzunehmen. Natürlich kann auch das Spendenaufkommen der VRM-Leser nur einen Bruchteil der Schäden ausgleichen, die auch im privaten Bereich in die Milliarden gehen. Da die Leserspenden vor allem dafür gedacht sind, den am härtesten getroffenen Menschen und Familien mit schneller finanzieller Unterstützung unter die Arme zu greifen, haben die begünstigten Gemeinden von sich aus angeregt, die Nachbargemeinden mit hinzuzunehmen.
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Diese Solidarität der Nachbarn findet Ortsbürgermeister Stefan Zavelberg „überwältigend“. Die Gemeinde Kirchsahr mit seinen beiden weiteren Ortsteilen Binzenbach und Burgsahr liegt an einem Nebenbach der Ahr, der Sahr. Der Bach, der sonst mit etwa 20 Zentimeter Tiefe durch die Orte des Tals plätschert, war in der Katastrophennacht auf zerstörerische sechs Meter Höhe angeschwollen. Dabei wurden nicht nur 70 Häuser überflutet: Die Talstraßen wurden auf mehreren Kilometern weggerissen und mit ihnen Wasserleitungen, Abwasserkanäle, Telefon- und Glasfaserleitungen.
Es dauert mehrere Tage, bis die Hilfskräfte durchkommen
Das Sahrbachtal gilt als „Tal der Vergessenen“, weil es mehr als acht Tage dauerte, bis auch hier die Hilfskräfte von Bundeswehr, THW und anderen Rettungsdiensten auftauchten. Insofern passt Kirchsahr ideal zur Spendenaktion der VRM-Zeitungen, die von Anfang an den Blick auf die verwüsteten kleineren Gemeinden am Ober- und Mittellauf der Ahr und ihrer Zuflüsse richten wollte.
„Keine einzige Hochwasserkarte hatte uns vor dem 14. Juli auf dem Schirm“, erklärt Zavelberg. Der ehrenamtliche Ortsbürgermeister ist von Beruf Elektromeister. Seinem Handwerksbetrieb, den er zur Zeit nur im Notstatus laufen lassen kann, sind selbst mehrere Fahrzeuge „weggeschwommen“. „Es ist ein unglaublich ermutigendes Zeichen, dass meine Bürgermeisterkollegen von sich aus vorgeschlagen haben, Kirchsahr in die Hilfsaktion Ihrer Zeitungen mit aufzunehmen“, erklärt Zavelberg und bedankt sich „bei jedem einzelnen Spender“. „Wir werden die gleichen Kriterien wie die anderen Gemeinden anlegen und so schnell wie möglich die Menschen unterstützen, die vor dem Nichts stehen.“ Das seien Bewohner, die keine Gebäudeversicherung hätten oder die auf kleine Renten oder Grundsicherung angewiesen seien – oder für die beides zutreffe.