Zusammenlegung von SWR4: Große Koalition gegen die Intendanz

Erst hat der SWR in Mainz nicht ausreichend investiert, jetzt wird die unzeitgemäße Ausstattung der Hörfunkstudios - hier SWR1 - für eine Zentralisierung der Produktion in Stuttgart angeführt.

Die Pläne der Zwei-Länder-Anstalt, im regionalen Hörfunk zu sparen, stoßen bei SPD und CDU im Landtag auf ein harsches Echo: „Schon die vierte Entscheidung gegen Rheinland-Pfalz.”

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Mainz. Der SWR muss wie alle öffentlich-rechtlichen Sender im klassischen TV- und Hörfunk-Programm sparen. Weil die ARD-Anstalten in ihren digitalen Umbau investieren müssen. Und weil die Akzeptanz für steigende Rundfunkbeiträge weggebrochen ist. Die rheinland-pfälzische Landesregierung, die die Rundfunkkommission der Länder leitet, macht dabei seit Neuestem mächtig Druck. Mit der Entscheidung, die beiden Schlagerwellen SWR4 Rheinland-Pfalz und SWR4 Baden-Württemberg zusammenlegen zu wollen, könnten sich SWR-Intendant Kai Gniffke und Landessenderdirektorin Ulla Fiebig allerdings eine blutige Nase in Mainz holen.

CDU und SPD machen gemeinsam Front gegen die Intendanz

Im Medienausschuss des Landtags steigerten sich CDU und SPD fast in eine Art Überbietungswettbewerb gegen die Pläne, die der Sender vor ein paar Tagen veröffentlicht hat. Das umstrittene Vorhaben: Die bisher getrennten Schlagerwellen SWR4 Rheinland-Pfalz und SWR4 Baden-Württemberg sollen so zügig wie möglich zu einer Welle zusammengelegt werden, die dann nur noch für die sogenannte Primetime und für die Regionalnachrichten auseinandergeschaltet werden. Bis auf die vierstündige Morgenstrecke würde das Programm dann aus den Hörfunkstudios in Stuttgart gefahren.

Es wäre in kurzer Zeit die vierte Programmentscheidung der SWR-Spitze, die zugunsten von Baden-Württemberg ausfällt. Zuerst wurde die Produktion der Hörfunknachrichten aus Mainz nach Baden-Baden verlegt. Dann wurden die zuvor getrennt gefahrenen TV-Magazine „SWR Sport” (ehemals „Flutlicht”) in Stuttgart zusammengelegt. Ab April werden die TV-Formate für Kultur -„Landesart” in Rheinland-Pfalz und „Kunscht” in Baden-Württemberg - zusammengelegt. Planungs- und Produktionsort wird Baden-Baden sein. In diesem Fall müssen die Zuschauer in Rheinland-Pfalz zumindest keine Sorge haben, dass im Programm demnächst geschwäbelt wird: Das TV-Format soll ohne Moderatoren auskommen. Eine Aneinanderreihung von Beiträgen, die von vornherein so produziert werden, dass sie sich online vermarkten lassen.

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Dieser Prozess muss gestoppt werden. Es kann nicht sein, dass die Inhalte demnächst komplett von Baden-Württemberg aus gesteuert werden.

MH
Martin Haller, SPD-Fraktion

Und nun die geplante Zusammenlegung von SWR4, die am Ende des Prozesses knapp drei Millionen Euro jährlich einsparen soll. Ungewöhnlich scharf haben SPD und CDU im Medienausschuss des Landtages die Pläne kritisiert. Martin Haller von der SPD-Fraktion holte so deutlich aus, dass die CDU kaum nachkam. „Dieser Prozess muss gestoppt werden”, erklärte Haller: „Es kann nicht sein, dass die Inhalte demnächst komplett von Baden-Württemberg aus gesteuert werden.” Es sei bei den Zusammenlegungen im SWR zuungunsten von Rheinland-Pfalz ein Punkt erreicht, „an dem wir nicht mehr mitspielen und es hier regelmäßig zum Thema machen werden”.

Die rheinland-pfälzische Landessenderdirektorin des SWR, Ulla Fiebig, drang mit ihrer Erzählung kaum noch durch. Der Sendestandort sei in Zeiten von virtuellem Arbeiten nicht mehr so entscheidend, argumentierte Fiebig. Die regionalen Profile sollten unter dem Gebot der Kooperation nicht leiden. Und neben der getrennt produzierten Frühstücksstrecke würden auch die Regionalnachrichten in SWR4 weiterhin dreizehnmal am Tag in die fünf rheinland-pfälzischen Berichtsgebiete auseinandergeschaltet: „Wir verkaufen uns nicht an Baden-Württemberg.”

Wird nach SWR4 auch SWR1 und die TV-Chefredaktion abgezogen?

Außerdem seien in Mainz bedeutende Zentralfunktionen für den SWR und die ARD angesiedelt worden: die Mediathek, die Audiothek und das junge Onlineangebot „Funk”. Die große Koalition der Parlamentarier von SPD und CDU hielt dagegen, dass diese Angebote nicht identitätsstiftend seien: „Wir wollen, dass die Zwei-Länder-Anstalt gelebt wird”, sagte Haller. Anscheinend ziehe sich die SWR-Intendanz auf ein Minimum dessen zurück, was der Staatsvertrag der Zwei-Länder-Anstalt garantiere. Die CDU-Abgeordnete Ellen Demuth erinnerte Fiebig an das Versprechen bei ihrem Amtsantritt vor einem Jahr, sich für den Standort Mainz einsetzen zu wollen.

In der Aussprache wurde auch deutlich, wie sehr der SWR in den vergangenen Jahrzehnten Investitionen in den Standort Mainz versäumt hat. Fiebig musste bestätigen, dass schon bei mehreren Entscheidungen auch die modernere Technik an den Standorten Baden-Baden und Stuttgart den Ausschlag gegeben habe. Der SPD-Abgeordnete Haller sprach aus, dass er die ausgebliebenen Investitionen für keinen Zufall halte: „Anträge für Modernisierungen in Mainz sind von der Leitung des SWR immer wieder abgelehnt worden. Wir haben es mit einer Zwangsläufigkeit zu tun, die herbeigeführt wurde.”

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Auch senderintern hat die Reihe der Entscheidungen zuungunsten des Standortes Mainz die neue Landessenderdirektorin Fiebig gehörig unter Druck gesetzt. Am kleinsten der drei Hauptstandorte des SWR wird bereits geunkt, dass demnächst auch die beiden Erfolgswellen SWR1 zusammengelegt werden könnten und die SWR-Chefredaktion nach einer Pensionierung des aktuellen Chefredakteurs Fritz Frey ebenfalls aus Mainz abgezogen werden könnte.

Das Trauma einer Benachteiligung von Rheinland-Pfalz in der Rundfunkgeschichte des Südwestens darf sich nicht wiederholen.

CB
Christian Baldauf, CDU

CDU-Fraktionschef Christian Baldauf erklärte gegenüber den Zeitungen der VRM: „Das Trauma einer Benachteiligung von Rheinland-Pfalz in der Rundfunkgeschichte des Südwestens darf sich nicht wiederholen.” Staatsministerin Heike Raab (SPD), die für Ministerpräsidentin Malu Dreyer die Rundfunkkommission der Länder koordiniert, wird nicht weniger deutlich. Sie spricht bei dem SWR4-Konzept der Sendeleitung konsequent nur noch von „Vorschlägen” statt einem Beschluss. Intendant Kai Gniffke darf sich bei seinen Reformplänen für den SWR in Rheinland-Pfalz auf eine große Koalition des Widerstands einstellen.