Die taiwanesische Hauptstadt ist bekannt für ihre ausgeprägte Esskultur. Ob Dumplings, Geflügelfüße oder Python – an diesen Plätzen kommen Food-Fans auf ihre Kosten.
Von Franz Michael Rohm
Trockenobst- und Gemüsestand auf dem Dihau-Street-Nachtmarkt.
(Foto: Franz Michael Rohm)
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Essen spielt eine wichtige Rolle in Taipeh. Das zeigt auch die Begrüßung unter Freunden. Man fragt nicht „Wie geht’s?“, sondern „Hast du heute schon gegessen?“.
Sehr fortschrittlich ist der Ansatz, von Tieren wirklich alles zu verwerten. Was im angelsächsischen Raum seit etwa fünfzehn Jahren als „Nose to Tail“-Philosophie verkauft wird, ist in Taipeh seit langem selbstverständlich. Die ganze Bandbreite der Küche erlebt man auf den Nachtmärkten Taipehs und anderer großer Städte. An hunderten von Ständen werden Esswaren zubereitet. Sehr beliebt sind Würstchen vom Schwein, Rind, Wildschwein, Geflügel oder sogar von Garnelen. Bei vielen Ständen allerdings stellt sich die Frage „Was ist das?“ Mit Glück kennt der Standbesitzer den englischen Namen, besser geht man aber mit einem deutschsprachigen Reiseführer auf Entdeckungstour. Einziges Problem dabei ist die Aufnahmefähigkeit des Magens. Doch die mit Holzkohle oder Gas befeuerten Kochstellen zeichnen sich immerhin durch gute Hygienestandards aus.
Entgegen europäischer Essgewohnheiten beginnt der Tag mit durchaus deftigem Frühstück. Dazu gehören olfaktorisch schwierig zu genießende Spezialitäten wie Stinke-Tofu, tausendjährige Eier und Geflügelfüße, morgens am liebsten gedämpft.
Mittags und abends gibt es in der Regel Nudel- oder Reisgerichte. Die asiatische Sättigungsbeilage wächst an den Hängen der Berg- und Küstenregionen Taiwans. Abgeschlossen wird die Speisenfolge zumeist mit einem Fischgericht, als letzten Ganz gibt es fast immer eine Suppe. Die kommt mal in edler Variante mit Meeresfrüchten daher, mal deftig mit Fleischeinlage oder vegetarisch mit Pilzen und Kohl. Besonders beliebt ist auch klare Miso wie in Japan.
Trockenobst- und Gemüsestand auf dem Dihau-Street-Nachtmarkt. Foto: Franz Michael Rohm
Auslage auf dem Shilin-Nachtmarkt. Foto: Franz Michael Rohm
Die Nachtmärkte sind ein beliebter Treffpunkt. Foto: Franz Michael Rohm
Buffet mit exotischen Köstlichkeiten, im Vordergrund junger Farn. Foto: Franz Michael Rohm
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Frühstück
In dem mit gedimmten Braun- und Rottönen ausgeleuchteten Frühstücksrestaurant des Fünf-Sterne Hotels „Palais de Chine“ im Datong-Viertel von Taipeh können Gäste ein außergewöhnliches Spektrum an Speisen genießen. Eine Seite des überbordenden Büffets ist mit Europäern gut bekannten Zutaten des ersten Tagesmahls bestückt: kleine Croissants, Butterteigstückchen mit Apfelmus oder Schokolade gefüllt, Baguette, Vollkornbrot, Aufschnitt, Käse, Butter. Unter das halbe Dutzend Marmeladen mischen sich dann schon Guave oder Jackfrucht. An der Querseite dann wird es vollends exotisch: Japanische Zwiebelsuppe mit Rindfleisch dampft neben klarer Misosuppe. Gegenüber gibt es Schnecken in scharfer Tomatensoße, mit Minze und Ingwer eingelegte Melone, Waldpilze mit Seetang, an Blauschimmelkäse erinnernden Stinke-Tofu. Der macht seinem Name alle Ehre. Kimchi, Soja-Sprossen, Wassernüsse und dutzende weitere Gemüsesorten stehen bereit. An der Eierstation können Buchweizenpfannkuchen mit einer Füllung aus Schweinefleisch und Thunfisch geordert werden. Auch gebratener Schweinebauch zum Frühstück ist im Angebot, www.palaisdechinehotel.com.
Sehr beliebt sind gedämpfte Teigtaschen, Dumplings genannt. Erfolgreichste Kette ist Din Tai Fung mit mehr als 100 Filialen im Land. Die bekannteste befindet sich im Erdgeschoss des Taipei 101, Taiwans höchstem Wolkenkratzer. 25 Köche produzieren in einer gläsernen Schauküche tausende Dumplings pro Tag, am beliebtesten sind jene mit Schweinehackfüllung. 120 Kellnerinnen und Kellner bringen sie zu den Gästen. Ebenfalls hoch in der Gunst der Kunden: Dumplings mit Garnelenfüllung und vegetarische Reismehlteigtaschen mit scharfer Ölsoße. Insgesamt gibt es etwa drei Dutzend Dumplings zu moderaten Preisen, die geschmacklich durchschnittlich sind. Aber es ist ein Erlebnis bei der Produktion und den flotten Bedienungen zuzusehen. Ohne Reservierung muss man zwischen einer halben und einer Stunde warten, bis ein Tisch frei wird, www.dintaifung.com.tw
Nachtmärkte
Wer die ganze Fülle der taiwanesischen Küche kennenlernen will, der besucht einen der zahlreichen Nachtmärkte der Millionenstadt. Am bekanntesten ist der im Shilin Viertel. An rund 500 Ständen wabern appetitanregende Düfte, es gibt nichts, was es nicht gibt. Innereien von Fisch bis Fleisch, Wachteleier am Spieß, Suppen, getrocknetes Obst, Gemüse, Fleisch und Meeresfrüchte. Sehr beliebt sind Würstchen vom Grill, die meisten Speisen kosten ein bis drei Euro. Aus der Weite des Pazifiks kommen Stachelmakrele, Seeaal, Muscheln und dutzende Variationen von Tintenfischen.
Einen zweifelhaften Ruf genießt der Snake Alley Markt in der Nähe des Longshan Tempels im Wanhua-Viertel. Dort finden sich neben Essensständen, Geschäften mit Haushaltswaren und Souvenir-Kitsch auch Lokale, in denen Schlangen verzehrt werden können. Männer schwören auf die potenzsteigernde Wirkung der verspeisten Kriechtiere. Bewiesen ist nichts, und der Fremdenführer versichert, nicht mehr als fünf Prozent der Taiwanesen äßen Schlangen. Für Besucher erkennbar sind die Restaurants an einer Vitrine am Eingang, in der eine Python oder eine ähnlich großen Schlange gehalten wird. Die Preise sind für taiwanesische Verhältnisse hoch, rund 20 Euro kostet ein Gericht. Von den Lokalen Fotos zu machen ist übrigens strikt verboten. Wer nicht nachts über die Märkte streifen will, der wird in der Dihua-Straße fündig. Dort gibt es einen Tagesmarkt.
Modernes Taipeh-Food
Viele neue Lokale buhlen um die Gunst der hungrigen Einwohner Taipehs, die allermeisten mit traditionellen Gerichten. Man könnte meinen, das Restaurant „Fleisch“ von Claire Wang setze auf eine besonders fleischhaltige Küche. Dem ist aber nicht so. Vielmehr spielt die Besitzerin mit der lateinischen Schreibweise eines Wortes, das auf Taiwanesisch gesprochen „Glücklichsein“ bedeutet. In dem kleinen Lokal sitzen Gäste auf drei Ebenen. Zum Start gibt es klare Hühnerbrühe mit Pilzen und eine Schale mariniertes Gemüse. Dann wählt man aus einem halben Dutzend Speisen. Nicht alles überzeugt, aber das Pestorisotto mit paniertem Milchfisch und Garnelenrolle überrascht mit wunderbar festem Fleisch und feinen Aromen. Einen Versuch wert ist das souvide gegarte Hühnchen mit Oolong-Tee-Soße und Graupen. Die Preise bewegen sich im Rahmen von zehn Euro, www.fleisch.com.tw.
Preiswerter Klassiker
Ein Tipp für günstige, vorzügliche Mandarin-Küche ist das „Juan Yao“ im Songshan District. Dekoriert im Fünfzigerjahre-Retro-Stil mit einer kuriosen Mischung unzähliger Bakelit-Kinderspielzeug-Figuren von Baseball-Spielern über Serienhelden bis zu Monsterfightern, ergänzt durch hölzerne Götterstatuen aus Buddhismus, Taoismus und Daoismus, ist das Lokal bei Einheimischen sehr beliebt. Zu trinken gibt es süße Pflaumenlimonade und gerösteten Tee. Dann kommen in schneller Reihenfolge köstlich gewürzte Gerichte wie frittierte Austern, Hähnchen mit Erdnüssen und Chili, gedünsteter Kohl, Rindfleisch mit Kräuterseitling, Mini-Auberginen mit Waldpilzen und Shrimps, panierte Garnelen, Seebrasse mit Gemüse auf die Tischdrehscheibe. Davon bedient sich der Gast nach Gusto. So macht Essengehen einfach nur Spaß – und natürlich auch satt, www.brick-kiln.com.tw.