Was die ehemalige spanische Königin Sofia zu schätzen weiß, kann doch nur gut sein. Wir verraten, wo sie ihre Schuhe kauft und wo es die besten Desserts der Inselhauptstadt gibt.
. Der Duft von sonnigem Stroh erinnert an einen Sommerurlaub auf dem Dorf. Hier kommt er vor allem aus den getrockneten Blattfasern der balearischen Zwergpalme Garballó – kunstvoll verarbeitet zu zeitlos schönen Körben, Taschen, Teppichen, Hängematten, Hockern und Hüten. Regelrecht vollgestopft damit ist die „Mimbrería Vidal“. Der Bummel durch Mallorcas schicke Hauptstadt mit all ihren protzigen Bauwerken, unzähligen Schlemmerplätzen und glamourösen Shoppingmeilen führt auch zu einem Korbmacher.
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Der urige, 1926 eröffnete Laden mitten in Palma ist die letzte Korbflechterei in der Calle Corderia. „Früher waren es mal zwölf“, sagt José Vidal, 76. Wie schon sein Vater, der das Geschäft 1955 übernommen hatte, gab er es an den Sohn weiter.
Und der ist ganz verliebt in seine Arbeit. An seinem Werktisch klemmt die Sitzfläche eines Stuhls. Faser für Faser zieht Tomas mit den Fingern in die feine geometrische Struktur, deren Gittermuster dem seines karierten Hemdes ähnelt.
Korbgeflechte für Möbel sind heute die einzige Ware, die die Vidals selbst herstellen – Reparaturen inklusive. „Die Körbe und Taschen werden in den Dörfern Capdepera und Artà gefertigt“, sagt der 49-jährige Junior. Im Norden Mallorcas sei Llatra, das jahrhundertealte Handwerk des Korbflechtens, noch lebendig.
Shoppen wie die Royals
Zwischen den vielen eleganten Designershops und Modeboutiquen von Palmas Innenstadt erscheinen die Läden aus Urgroßelterns Zeiten fast museal. Doch genau wie das Mittelmeer gleich vor der Tür, die Palmen in den Parks und die von offenen Lokalen dicht gesäumten Straßen, sind es diese altmodischen, liebenswürdig schrulligen Geschäfte, die den besonderen Charme der Inselmetropole prägen.
Eines davon ist auch die Alpargatería La Concepción. In dem winzigen Verkaufsraum stapeln sich bunte Schuhe bis zur Decke. Die meisten sind die typisch menorquinischen Avarques oder einfach: Menorquines. Von hinten sehen sie wie Sandalen aus, von vorne wie Pantoffeln. Manche sind auch offen, sodass die Zehen herausschauen können. Das Obermaterial ist Kalbsleder, die Sohlen bestehen aus Gummi. „Statt geklebt, wird genäht – alles in Handarbeit, in traditionellen Werkstätten Menorcas“, sagt Visitación Hernández.
Die 57-Jährige kennt den Laden seit ihrer Kindheit. Nach der Schule begann sie, hier zu arbeiten. Vor 13 Jahren übernahm sie ihn. Seitdem verkauft sie die balearischen Schuhklassiker gemeinsam mit ihrer Tochter Aurora. Reich werden die beiden Frauen damit sicher nicht, denn trotz bester Qualität sind die Preise günstig. Schon für weniger als 30 Euro ist ein Paar Avarques zu haben. Die aus Leinenstoff, Espartogras und Jute genähten Espadrilles gibt es schon für weniger als zehn Euro. Als eine der treuesten Kundinnen des Geschäfts kommt einmal im Jahr Sofia, die frühere spanische Königin, zum Schuheinkauf vorbei.
Schwelgen wie die alten Mönche
Ob die 80-jährige royale Rentnerin auch einen Lieblingsbäcker in Palma hat, ist nicht bekannt. Einer, der das Zeug dazu hätte, heißt Tomeu Arbona, ist studierter Psychologe und Sozialpädagoge und seit 2018 Inhaber einer der schönsten Konditoreien weit und breit: der Fornet de la Soca (ehemals Fornet des Teatre) an der Plaça Weyler beim Teatre Principal.
Mit seiner üppigen Jugendstilfassade ist das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert schon von außen eine Augenweide. Über grünen Schnörkeln posen kleine Drachen. Im Laden hat man schließlich das Gefühl, man sei in eine Käthe-Kruse-Puppenstube hineingebeamt worden. Ob Holzregale, Theke und Vitrinen, Lampen, Etageren, Bodenfliesen: Alles ist ganz zuckersüß. Die Backwaren gleichen weder äußerlich noch im Geschmack dem Süßkram von der Stange.
Da liegen Ensaïmadas (puderbezuckerte Schmalzteigschnecken – die Renner schlechthin unter den balearischen Teigwaren) neben Rubiols (mit Aprikosenmarmelade gefülltes Mürbeteiggebäck) und Gori de Muro Xeixa (Weizenmehlkekse). Es gibt aber auch herzhafte Cocas (mit Zwiebeln, Paprika oder Tomaten belegte Teilchen), Cocarrois (Pasteten mit Gemüse, Pinienkernen und Rosinen) und Panades (gefüllte Teigtaschen).
Alles, was hier in den Ofen kommt, wird vorher frisch verrührt, gerollt, geknetet und belegt. Bei einem Blick in die offene Backstube kann man sich vom Laden aus selbst davon überzeugen. Sein handwerkliches Engagement sieht der Autodidakt Arbona, der seine Bäckerkarriere erst 2010 mit einem alten Pizzaofen im Carrer Sant Jaume begonnen hat, zugleich als kulturelle Aufgabe. Deshalb will er backen, wie man auf Mallorca schon vor Hunderten von Jahren buk.
Sich selbst bezeichnet der ambitionierte Genusskünstler als „gastronomischen Archäologen“. „Ich bin ständig auf der Suche nach vergessenen Rezepten, grabe sie in Familiennachlässen, Bibliotheken oder Klosterarchiven aus und rekonstruiere sie“, schwärmt der 56-Jährige von seiner Arbeit. So helfe er nicht nur, den Schatz des kulinarischen Erbes seiner Insel zu bewahren, sondern nach und nach sogar zu mehren.
Da die Konditorei zu klein ist, um Tische und Stühle darin aufzustellen, nimmt man sich – ganz nach Empfehlung – sein sündhaft lecker duftendes Kuchenpaket und setzt sich nach nebenan in die Bar Central, um die Köstlichkeiten dort bei einem großen Caffè Latte zu verspachteln. Zu den Lieblingen von Tomeus Kunden zählt der ganz ohne Mehl gebackene, fluffige Mandelkuchen Gató d‘ametlla – richtig komplett mit einer Kugel Mandeleis.
Von Carsten Heinke