Der Frühling ist eine der schönsten Zeiten für eine Reise nach Südtirol: Dann blühen rund um Meran im größten Apfelanbaugebiet Europas Millionen Obstbäume.
Von Ute Strunk
Reporterin Politik
Perfekte Zeit für einen Spaziergang: Wenn im Meraner Land zwischen Algund, Gargazon und Schenna die Apfelbäume blühen.
(Foto: Kurverwaltung Meran/Alex Filz)
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Wenn im Frühjahr die Apfelblüte in Südtirol beginnt, dann werden die Bauern nervös. Dann gilt es die zarten Blüten vor drohenden Nachtfrösten zu schützen. Erschallen im Tal die Sirenen, muss alles ganz schnell gehen: Die Bauern schalten die Beregnungsanlangen in ihren Plantagen an, damit sich ein schützender Eispanzer um Knospen und Blüten legen kann. Mittels der dabei entstehenden Gefrierwärme können Frostschäden abgewendet werden. Auch Apfelbauer Peter Thuile vom Sandwiesen-Hof in Gargazon schiebt schon seit Ende März im Wechsel mit seinen Kollegen Frostwache: Im 15-Minuten-Takt kontrolliert er die Temperaturen.
„Das ist eine anstrengende Zeit, dann schläft er fast gar nicht“, sagt Magdalena Thuile und man merkt ihr an, dass sie ihren Mann aufrichtig bedauert. Die beiden sind ein eingespieltes Team. Man spürt im Gespräch, wie viel Freude sie bei ihrer gemeinsamen Aufgabe haben, den Sandwiesen-Hof zu führen. Erst vor neun Jahren haben sie den Apfelhof übernommen – mit dem Ziel selbstbestimmt zu leben. „Wir leben so, wie wir wollen, auch wenn uns alle auslachen, weil wir samstags und sonntags durcharbeiten“, sagt Magdalena Thuile, die studierte Betriebswirtin, die zu ihren bäuerlichen Wurzeln zurückkehren wollte. Auf dem drei Hektar großen Gelände bauen die Thuiles Äpfel an. Daraus stellen sie etliche Produkte her – darunter den einzigen trockenen flaschenvergorenen Apfelsekt von ganz Südtirol. Das Thema Nachhaltigkeit liegt dem Paar am Herzen. „Alles, was bei uns gedeiht, wird verarbeitet. Wegwerfen ist ein No-Go“, sagt Magdalena Thuile. Doch weil man von drei Hektar Hofgröße nur schwer zu viert leben kann, hat sich die Familie mit den beiden Töchtern weitere Standbeine aufgebaut.
Ein Herzensprojekt sind die beiden hochwertig ausgestatteten Ferienwohnungen – mit lehmverputzten Wänden, geölten Holzböden und weiteren baubiologischen Standards zur Verbesserung des Raumklimas. Damit ist der Sandwiesen-Hof der einzige „Klimahaus-Bauernhof“ in Südtirol. Viele Feriengäste schätzen die hohe Qualität. „In unserem Ort gibt es nur wenig Fremdenverkehr, es ist ein richtiges Schlafdorf“, sagt Peter Thuile und er ergänzt mit einem Augenzwinkern „daher sprechen wir eben Leute an, die gerne schlafen.“ Einmal haben sie Urlaubsgäste gehabt, die hätten drei Wochen lang nur auf dem Balkon gesessen und gelesen, um zu entspannen. Inmitten der Obstwiesen von Gargazon können Gäste aber nicht nur ausruhen. Ein ausgedehntes Wegenetz lädt zum Wandern und Radfahren ein und nur wenige Minuten vom Hof entfernt gibt es ein Naturschwimmbad.
Perfekte Zeit für einen Spaziergang: Wenn im Meraner Land zwischen Algund, Gargazon und Schenna die Apfelbäume blühen. Foto: Kurverwaltung Meran/Alex Filz
Magdalena und Peter Thuile betreiben den Sandwiesen-Hof in Gargazon. Foto: Ute Strunk
Die Schankstube des Schnalshuberhofes in Algund steht unter Denkmalschutz. Foto: Ute Strunk
Südtiroler Köstlichkeiten: Knödel, Schlutzkrapfen und ein Glas Vernatsch. Foto: Ute Strunk
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Der Frühling ist eine der schönsten Zeiten für eine Reise nach Südtirol, denn es ist ein besonderes Spektakel, wenn im größten Apfelanbaugebiet Europas die Obstbäume blühen. Mehr als 7000 Familien leben hier von Golden Delicius, Gala und Co. Dabei ist das Gebiet sehr klein strukturiert, die durchschnittliche Betriebsgröße liegt bei 2,5 Hektar. So mancher Bauer braucht daher mehrere Standbeine.
Norbert Kerschbamer aus Lana hat den Weinbau gewählt. Die Reben wachsen quasi im Vorgarten seines Hofes „Hännsl am Ort“. Zwischen den Reihen sorgen drei kleine Zwerg-Schafe dafür, dass das Gras kurz bleibt. Außerdem ist Kerschbamer einer der wenigen Spargelbauern der Region. „Als Kleinstbetrieb muss man schauen, was man machen kann, wenn der Apfelpreis unter der Rentabilitätsgrenze liegt.“ Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist der Anbau historischer Apfelsorten. Auf seinen Wiesen wachsen Lederapfel, Kanadarenette und Weißer Winter-Calville. „Alte Sorten sind gut für Allergiker geeignet. Sie enthalten mehr Gerbstoffe als die gezüchteten Äpfel und diese verhindern, dass Allergene im Körper Reaktionen auslösen“, zählt Kerschbamer die Vorteile seiner Äpfel auf. Und Roswitha Schwienbacher bestätigt, dass bei ihren Apfelführungen immer mindestens ein Teilnehmer dabei sei, der bei der Verkostung nicht mitessen kann, weil er allergisch gegen Äpfel ist. Die Wanderführerin erklärt Besuchern bei ihren Touren durch die Obstwiesen alles rund um den Apfelanbau. Sie zeigt was es mit der Königsblüte, der mittleren Blüte eines Blütenstands, auf sich hat. Und sie erklärt, warum einige der übrigen Blüten ringsherum abgeknipst werden müssen. Buchen kann man eine solche Führung beim Tourismusverein in Lana.
REISE-CHECK
Unterkunft: Ottmanngut Suite und Breakfast in Meran, liebevoll ausgestattete DZ ab 127 Euro pro Person, Frühstück mit hausgemachten Spezialitäten nach dem Slow-Food-Prinzip, https://ottmanngut.it. Sandwiesen-Hof in Gargazon, Ferienwohnung ab 90 Euro pro Nacht für zwei Personen, www.sandwiesenhof.it. Apfelhotel Torgglerhof in Saltaus, modern ausgestattete DZ ab 91 Euro pro Person, www.apfelhotel.com.
Essen und Trinken: Buschenschank des Schnalshuberhofes, Oberplars 2, 39022 Algund.
Im Frühling, da erwacht die Natur im Südtiroler Apfelland. Da sprießen Löwenzahn und Bärlauch – auch im Garten von Christian Pinggera. Und dann gibt es im Buschenschank des Schnalshuberhofes wieder Kräutersalat vom eigenen Feld. Ein Besuch bei dem Biobauern aus Algund gleicht einer Reise in die Vergangenheit. Die beiden Stuben aus dem 17. Jahrhundert stehen unter Denkmalschutz und sie sind so urig, dass man am liebsten gleich an einem der Holztische mit den rot karierten Tischdecken Platz nimmt. Her mit den Südtiroler Köstlichkeiten! Das lässt sich Christian Pinggera nicht zweimal sagen und er tischt regionale Spezialitäten auf. Auf dem Teller liegt eine Trias – ein Dreierlei aus Spinatknödel, Kasknödel und Schlutzkrapfen in einer Soße aus geschmolzener Butter. Dazu ein Glas Vernatsch – köstlicher könnte das Abendessen nicht sein.
Als allererstes lernt der Tourist hier, dass man nie, nie, niemals einen Knödel mit dem Messer schneiden darf. „Das würde den Koch beleidigen, denn es bedeutet, dass der Knödel zu hart ist“, erklärt der sympathische Biobauer mit der traditionellen blauen Schürze. Er ist einer der wenigen, der seine Äpfel und auch den Wein nach biologischen Richtlinien kultiviert. „Hier oben an diesem Hang sind allerdings 80 Prozent der Bauern Biobauern“, erzählt er. Anders würde es auch nur wenig Sinn machen, denn da wo die Anbauflächen so klein strukturiert sind, kann einer allein schlecht unter ökologischen Gesichtspunkten anbauen, wenn rundherum alle übrigen Pflanzenschutzmittel spritzen. Denn im Meraner Land – zwischen Algund, Gargazon und Schenna – wachsen Apfelbäume so weit das Auge schauen kann.
Die Besonderheit der Region: Hier verbindet sich Südtiroler Bodenständigkeit mit italienischer Leichtigkeit. Das zeigt sich auch in der genussvollen Küche, die das Restaurant des Apfelhotels Torgglerhof in Saltaus anbietet. Chefkoch Christian Pircher ist der Schwiegersohn des Hauses, seine Erfahrungen sammelte er bei mehreren Sterneköchen Südtirols und in der Schweiz. In dem familiengeführten Hotel dreht sich ebenfalls alles um den Apfel. Inmitten der Natur, zwischen Obstgärten und Weinbergen, können die Gäste entspannen und genießen – und nicht nur den Apfelsekt, für den Juniorchef Martin Pichler gerade erst bei der internationalen Cidre-Messe in Frankfurt die Goldmedaille gewonnen hat. Das leichte Sommergetränk ist die Alternative zu einem Glas Bier – und eine spritzige Erfrischung nach einer Wanderung. Denn wandern kann man natürlich auch hier am Fuß der Sarntaler Berge im Passeiertal.