Eine Badekreuzfahrt zu einsamen Buchten zwischen Split und Dubrovnik mit hohem Komfort – ein hölzernes Sonnendeck ersetzt den Strand und die Crew ist wie eine Familie.
Von Pia Hoffmann
Von der Badeplattform der „Mystic“ können die Passagiere ins Meer springen.
(Foto: Pia Hoffmann)
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Von einer hölzernen Plattform am Schiffsheck springt Urlauberin Annette Köhler kopfüber ins glasklare, türkisfarbene Wasser. Auf dem sandigen Meeresboden kann sie mit bloßem Auge Seesterne, Seeigel und kleine Fische erkennen. Aus dem dichten Pinienwald am Ufer tönt aufgeregtes Vogelgezwitscher. Hier sind die Tiere nicht an Menschen gewöhnt, denn die kleine Insel vor der dalmatinischen Küste ist unbewohnt. Kroatien gilt als Land der tausend Inseln, aber nur auf 47 der Eilande leben Menschen. Die Buchten der restlichen Inseln sind weitgehend unberührt. „Die schönsten Schwimmplätze sind nur mit dem Boot erreichbar“, weiß Ana Polic, die vor drei Jahren auf der Motorjacht Mystic als Kellnerin angeheuert hat. „Aber die meisten ankern draußen im offenen Meer. Unser Käpt’n ist einer der wenigen, der ein Schiff rückwärts in die engste Bucht hinein manövrieren kann.“
Kapitän Arsen Ercegovic hat sein ganzes Leben auf Schiffen vor der kroatischen Küste verbracht und kennt jeden Felsen, jede Sandbank, jede Strömung und jede Windart. Zu Beginn und Ende der Saison muss er oft wetterbedingt die Route ändern. „Kein Problem“, winkt er ab und dreht lässig am Steuerrad. „GPS und Radar sind in meinem Kopf.“ Schon als kleiner Junge hat er mit seinem Großvater auf Kiesschiffen die Adria durchkreuzt, bevor sein Vater ins Passagiergeschäft einstieg. Heute besitzt er selbst drei Motorschiffe, die er einmal seinen drei Söhnen Roko, Paško und Karlo vermachen will. „Meine drei Mini-Cruiser habe ich selbst entworfen“, sagt der 58-Jährige stolz. „Ich habe mir überall die besten Ideen abgeschaut und sie dann in meinen Bauplänen vereint.“
Dazu gehört, dass die Mystic, die Relax und die brandneue Azzuro keine 50 Meter lang sind und nur drei Oberdecks haben. So bleibt die Atmosphäre familiär, und doch haben die Passagiere ausreichend Privatsphäre. Auf dem 220 Quadratmeter großen Sonnendeck der Mystic stehen reichlich Polsterliegen für die maximal 40 Gäste. Die gemütliche Lounge und der kleine Speisesaal haben beinahe Wohnzimmercharakter. Und doch sind die 19 Kabinen geräumiger als auf manch großem Kreuzfahrtschiff. „Bei einer Badekreuzfahrt müssen vor allem die Bäder komfortabel sein“, sagt Arsen Ercegovic, „denn die Passagiere wollen sich nach jedem Sprung ins Salzwasser abbrausen.“ So entsprechen die Duschen dem heimischen Badezimmerstandard nicht nur in Größe, sondern auch in Fliesenqualität und Wasserdruck. „Unser Duschwasser ist meist nach einer Woche aufgebraucht“, seufzt der Kapitän, „aber zum Glück können wir in Dubrovnik nachtanken.“
Von der Badeplattform der „Mystic“ können die Passagiere ins Meer springen. Foto: Pia Hoffmann
Es gibt nichts Schöneres, als den größten Pool der Welt direkt vor der Kabinentür zu haben. Foto: Pia Hoffmann
Blick auf die Pakleni-Inseln vor der Insel Hvar. Foto: Pia Hoffmann
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Eine seiner besten Ideen war die Umgestaltung des Hecks zu einem hölzernen Badestrand mit zwei Außenduschen. Hier können sich die Passagiere abkühlen, die Füße überm Wasser baumeln lassen, gefahrlos ins Meer springen oder über zwei Klappleitern langsam in die Fluten steigen. „Es gibt nichts Schöneres als den größten Pool der Welt direkt vor der Kabinentür zu haben“, schwärmt Urlauberin Annette. „Wenn man dann in einer menschenleeren Bucht auf einer unbewohnten Insel durchs Wasser gleitet, hat man das Gefühl, ganz allein mit der Natur zu sein.“ Die Badepausen dauern so lange, dass nie alle gemeinsam ins Wasser gehen. „Die Kapitäne sprechen sich auch untereinander ab, damit sie nicht gleichzeitig vor Ort sind und keine großen Schiffe in der Nähe ankern“, verrät Reiseleiterin Elizabeta Corak vom Münchner Kroatien-Spezialisten I. D. Riva Tours.
INFORMATIONEN
Anreise: Von Frankfurt nach Split und zurück mit Croatia Airlines ca. 319 Euro.
Preis: 8 Tage Badekreuzfahrt (Route T3) auf der MY Mystic inkl. HP in der Comfort Kategorie ab 475 Euro p. P. in der Nebensaison, ab 725 Euro in der Hauptsaison.
Routenbeschreibung: Von Anfang April bis Ende Oktober fährt die Mystic ab Trogir über Split mit seinen weißen Steinmauern und Innenhöfen auf die malerische Lavendelinsel Hvar. Von der ruhigen Nationalparkinsel Mljet mit ihren Salzwasserseen geht es dann ins touristische Dubrovnik. Weitere Höhepunkte sind das mittelalterliche Festungsstädtchen Korcula, die Insel Brac und das Museumsstädtchen Trogir.
Die Mystic verkehrt antizyklisch zu den Mega-Linern, die meist nachts fahren und morgens in den großen Städten anlegen. „Bei normalen Kreuzfahrten finden Stadtbesichtigungen oft in der größten Mittagshitze statt. Am Nachmittag, wenn die Temperaturen angenehmer werden, müssen die Passagiere wieder an Bord, weil ihre Schiffe ablegen“, gibt Riva Tours Geschäftsführer Konstantin Gaitanides zu bedenken. Die kleinen Badekreuzer laufen hingegen erst in den Morgenstunden aus und steuern direkt auf die schönsten Buchten zu. So verbringen die Passagiere die heißen Mittagsstunden im kühlen Nass und docken erst am Nachmittag in den Hafenstädten der größeren Inseln an. Wenn die Massen an Kreuzfahrern längst weg sind, können die Badeurlauber geschichtsträchtige Städtchen wie Trogir oder Makarska ganz in Ruhe erkunden und ohne Zeitdruck das Nachtleben genießen, denn die kleinen Motorschiffe liegen die ganze Nacht im Hafen.
Von April bis Oktober kreuzt die Mystic durch die Inselwelt zwischen Split und Dubrovnik, von der Lavendelinsel Hvar über die Nationalparkinsel Mljet und die Festungsinsel Korcula zur Insel der weißen Steine nach Brac. Unterwegs erinnert die Landschaft mal an die karibische See, mal an norwegische Fjorde. Die Badebuchten wählt Kapitän Ercegovic nach fünf Kriterien aus: Einsamkeit, Sandboden, klares, seichtes Wasser, Windstille und viel Natur. Das gibt es vor allem rund um die Elaphiten-Inseln. Sein persönlicher Geheimtipp sind die Meeresengen Kupinova und Križica auf der Halbinsel Pelješac. „Traumhaft schön“, urteilt Urlauberin Annette Köhler. „Wie türkisfarben und kristallklar das Meer ist, kann man vom Land gar nicht sehen“, bemerkt ihre Mitreisende Juliane Feldner, und der 17-jährige Jannik Kruska findet: „Das Tollste ist das Reinspringen vom Holzstrand!“ Kellnerin Ana lächelt nur. „Viele Gäste sagen, dass die Badestopps das Schönste an der Reise sind.“
Kapitän Ercegovic kennt nicht nur die schönsten Fleckchen entlang der Adriaküste. Sein 22-jähriger Sohn und Vizekapitän Roko hat sogar in jeder Bucht einen auserwählten Baum oder Felsen zum Festbinden des Schiffes. Eines Tages soll er die Mystic übernehmen. Neben ihm und seinem Vater sind nur vier weitere Crewmitglieder an Bord: ein Koch und sein Gehilfe, ein Zimmermädchen und Kellnerin Ana, die auch deutschsprachige Ansprechpartnerin für die Gäste ist. „Es ist seit Jahren dieselbe Mannschaft. Wir sind eine Familie“, sagt der Kapitän, und Ana Polic bestätigt: „Wenn die Crew abends mal frei hat, schläft der Käpt’n immer erst dann ein, wenn er sich vergewissert hat, dass alle wieder zurück sind. Er ist wie ein Vater für uns.“ Jeden Abend, wenn Arsen Ercegovic noch einmal übers Kabinendeck schlendert, stellt er mit einem Schmunzeln fest, dass seine Motorjacht fröhlicher aussieht als andere Schiffe. Was da wie Wimpel an einer Partygirlande im Wind flattert, sind die bunten Badesachen, die die Passagiere allabendlich auf der deckumspannenden Wäscheleine zum Trocknen aufhängen.