Auf den Premiumwanderwegen im Pfälzerwald finden gestresste Ballungsraumbewohner Entspannung – und beeindruckende Felsformationen.
. In trauter Harmonie stehen sie nebeneinander: Braut und Bräutigam. Allerdings nicht im Standesamt, sondern im südlichen Pfälzerwald. Bei dem kleinen Örtchen Dahn sind die beiden 26 Meter hohen, sich aneinanderschmiegenden Sandsteintürme sozusagen das Eingangsportal zum Dahner Felsenpfad und bei Freizeitkletterern höchst beliebt. Die steigen schon mal hinauf zu einem ausgiebigen Sonnenbad in luftiger Höhe.
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Wer weniger mutig oder geschickt ist mit Seil und Kletterschuhen, hat allerdings wenig später ebenfalls Gelegenheit, in die Höhe zu steigen – nämlich über eine steile Stahlstiege auf den noch etwas höheren Wachtfelsen mit seiner mit Geländern abgesicherten Felsenkanzel. Von dort gibt es einen herrlichen Rundblick über das Dahner Land samt dessen Wahrzeichen, dem 70 Meter hohen Jungfernsprung bei Dahn. Wie der schlanke Fels zu seinem Namen kam – dazu später.
Bizarre Felsgebilde begleiten den Wanderer auf dem weiteren etwas mehr als zwölf Kilometer langen Rundweg, der großteils durch dichten Laubmischwald führt. Immer wieder bleibt der Blick dabei an den beeindruckenden Buntsandsteinmassiven hängen, die den Wegesrand säumen: die Lämmerfelsen, der Büttelfelsen mit seinem mächtigen Durchblick, der – wenn nicht gerade Falken brüten – über eine eiserne Leiter zu erreichen ist, der Ungeheuerfelsen, der Schwalbenfelsen mit seinem beeindruckenden Blick auf Dahn, der geschwungene Sandsteinbogen des Schillerfelsens, auf dessen Spitze sich einige Nadelbäume festgekrallt haben.
Erfrischung direkt aus dem Brunnen
Etwa zur Hälfte des Wegs besteht Gelegenheit zur Erfrischung am Rotsteigbrunnen. Oder, einige Kilometer weiter, in der nach einer Corona-Pause wieder geöffneten Hütte des Pfälzerwald-Vereins im Schneiderfeld. Zur Abschlussrast empfiehlt sich das Lokal am Campingplatz Büttelwoog mit seinen leckeren Pizzen. Oder man fährt gleich ein paar Kilometer bis nach Reichenbach ins Alte Bahnhöf’l. Dort gibt es nicht nur leckeres Essen, sondern auch Gelegenheit in alten, zu Ferienwohnungen umgebauten Reisezugwaggons zu übernachten.
Der durchaus atemberaubende Dahner Felsenpfad ist nicht die einzige Tour durchs Dahner Felsenland, das seit 2019 in die Champions-League deutscher Wanderregionen aufgestiegen ist. Gleich mehrere landschaftlich interessante, gut ausgeschilderte Premiumwanderwege des Pfälzerwald-Vereins nehmen im von der Wildlauter durchflossenen Dahn ihren Ausgangspunkt oder führen daran vorbei. Der deutsche Teil des Wasgaus gilt sowohl als Wander- als auch als Radlerparadies mit zahlreichen Rundtouren durch eines der waldreichsten Gebiete Deutschlands.
Nur wenige Kilometer von Dahn entfernt steht am Rand des beschaulichen Dörfchens Fischbach das Biosphärenhaus Pfälzerwald/Nordvogesen. Das Naturerlebniszentrum informiert in einer Ausstellung auf vier Etagen über Land und Leute im Biosphärenreservat Pfälzerwald. Auf der Nacht-Etage können Besucher erleben, welche Tiere nachts aktiv werden. Das Haus ist Ausgangspunkt zweier etwas mehr als zwei Kilometer langer Erlebniswege und des Baumwipfelpfads und bietet Einblicke in die Falknerei.
So lohnend wie entspannend ist die Wanderung auf dem Wasser-Erlebnisweg, der gleichzeitig Teilstück der 21 Kilometer langen Wasgau-Seen-Tour ist. Er führt entlang der Sauer, die zurecht als einer der schönsten Bäche der Region bezeichnet wird. An Mitmachstationen erfahren die Wanderer viel über das Wasser, seine Nutzung und seine Bewohner.
Das Erlebnis verlässt einen selbst dann nicht, wenn man den Erlebnisweg längst verlassen hat und sich der Seen-Tour vorbei am Pfälzer Woog durch urigen Laubwald zum Lindelfelsen widmet. Den Aufstieg zu der windumtosten, über eine eiserne Leiter zu erreichenden Aussichtskanzel sollten Wanderer unbedingt wagen. Nicht wegen der dort in einem abgestorbenen Baum wie ein Gespenst im Wind flatternden Gummipuppe. Sondern vielmehr wegen des beeindruckenden Blicks über die Landschaft mit dem Ort Ludwigswinkel mit dem unter Denkmalschutz stehenden Zollhof, dem Sägmühlen-, dem Entenweiher und dem Klößweiher im Zentrum. Unmittelbar an der französischen Grenze gelegen ist er der südwestlichste Zipfel der Wasgau-Seen-Tour.
Verwundert nehmen Wanderer am Ortseingang den Hessenlöwen im erst 1968 kreierten Ludwigswinkler Wappen mit dem roten L auf der linken Seite wahr. Das 800-Seelen-Dörfchen war 1783 von Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt (1719-1790) als Ort der Erholung für seine Soldaten gegründet worden. Ludwig, eine Art Darmstädter Soldatenkönig, hatte das nahe gelegene Walddörfchen Pirmasens ab Mitte des 18. Jahrhunderts zu seiner Residenzstadt mit großem Exerzierplatz und der zum damaligen Zeitpunkt zweitgrößten Exerzierhalle Europas ausgebaut. In der Lutherkirche, der damaligen Hof- und Garnisonskirche, ist er beigesetzt.
Die Jungfrau und der rettende Rock
Aufzuklären ist nun noch, warum der Jungfernsprung in Dahn heißt wie er heißt. Das erfährt man auf der um 1150 errichteten Burg Berwartstein, die sich prächtig auf einem Sandsteinfelsen hoch über dem Tal bei Erlenbach erhebt. Der Sage nach soll der Raubritter Hans Trapp, Burgherr auf Berwartstein, im Dahner Wald einer Jungfrau nachgestellt haben. In ihrer Not sei die Frau auf den Felsen 70 Meter über Dahn geflüchtet und ohne Zögern heruntergesprungen. Wie ein Wunder hätten sich ihre Röcke dabei aufgebauscht, sie sei langsam nach unten geschwebt und habe den Sprung unversehrt überstanden. Den Ritter hat es übrigens wirklich gegeben. Hans von Trotha, dessen Name regional zu Hans Trapp verballhornt wurde, lebte Ende des 15. Jahrhunderts und erhielt den Berwartstein als Marschall von Kurfürst Philipp dem Aufrechten als Lehen. Gegen ihn wurde sowohl der Kirchenbann als auch die Reichsacht verhängt.
Der Besuch der Burg lohnt sich insbesondere wegen des fantastischen Ausblicks vom Bergfried aus. Auch ein Blick in die düsteren, nur mit Hunderten von Teelichtern erleuchteten Kasematten unter der Burg sollte nicht versäumt werden. Gleiches gilt für das Burgmuseum und den ursprünglichen Zugang zur Burg, einen natürlich ausgewaschenen Aufstiegskamin an der Südostseite des Burgfelsens, wo ein Weg in den Burggarten führt.
Wer nach der Burgtour Erfrischung sucht, findet sie im nahe gelegenen Seehofweiher, dessen Kiosk neben Eis auch kleine Speisen und Kuchen bereithält.