Gießen 46ers: Viele Wünsche bleiben offen


Gießen (vsch). Samstagabend, kurz vor 20 Uhr: Die Zufahrt zur von Baustellen umzingelten Sporthalle Ost ist schon beschwerlich genug. Doch der heimische Reporter freut sich trotzdem auf das erste Indoorsport-Live-Erlebnis, über das er seit langem mal wieder berichten kann. Ganz anders natürlich die Fans der Gießen 46ers, die zum verspäteten Auftakt in die Basketball-Bundesliga-Saison gegen Ulm nicht auf den Tribünen der "Gut Stubb" sitzen und stehen dürfen. Corona macht dem Ganzen derzeit einen Strich durch die Rechnung.
Und so sehen die Anhänger (sofern sie ein Magentasport-Abo haben) nur zuhause vor dem Bildschirm, wie Gästespielmacher Per Günther nach der 81:106-Niederlage der Hausherren sagt: "Normalerweise würde man in der ,Osthölle' selbst mit 27 Punkten Vorsprung zur Halbzeit noch nervös sein. Aber so, wie die Atmosphäre hier war und die Partie unter diesen Vorzeichen stattgefunden hat, war mit einer großen Attacke von Gießen nicht zu rechnen." Wie haben die daheimgebliebenen Fans der 46ers dieses erste Bundesliga-Geisterspiel erlebt? Wir haben mal nachgefragt.
Hans Hess (wohnhaft in Wetzlar, ehemaliger Spieler und Trainer des MTV Gießen): "Besser die 46ers vom Sofa aus als nichts, aber es war schon eine besch... Situation, das Spiel von zuhause zu verfolgen. Ich glaube, mit Fans hätten wir ein besseres Ergebnis erzielt. Zur Leistung muss ich sagen: Von der Verteidigung der Gießener war ich enttäuscht. Die Defense war doch im Vorfeld eigentlich ganz anders prognostiziert worden."
Renate Otto (aus Gießen, seit 15 Jahren regelmäßig bei Basketball-Spielen in der Osthalle): "Wir wohnen 300 Meter Luftlinie von der Halle entfernt. Es hat schon verdammt wehgetan, nicht dort zu sein, wenn die Jungs um Bundesliga-Punkte kämpfen. Komisch, die Einlaufmusik der Mannschaft im Fernsehen zu hören und die Spieler dann reinlaufen zu sehen. Ein bisschen tröstlich war es dann, so ein Ergebnis nicht auf der Tribüne verkraften zu müssen. Der Extra-Push von den Rängen hat gefehlt, um vielleicht eine Überraschung gegen eingespieltere Ulmer zu schaffen. Alles in allem: Ohne Emotionen auf und neben dem Feld und den Einfluss von außen ist das Ganze nur Leistung pur. Das alleine ist für mich aber nicht das, was den Mannschaftssport ausmacht."
K.D. Beck (aus Gießen, früher Spieler des MTV und beim VfB 1900): "Meine Frau und ich haben das Spiel natürlich verfolgt, uns aber nicht besonders über das Ergebnis aufgeregt. Ich hatte mit einer Niederlage gerechnet. Dass die Dreier am Anfang nicht reingefallen sind, okay. Die Jungs haben 14 Tage nicht auf den Korb werfen dürfen. Mich haben aber die vielen blöden Ballverluste geärgert. Ein Heimspiel der 46ers so zu verfolgen, war bitter. Die Einlaufzeremonie, es wird dunkel in der Halle, später das Mitfiebern, Anfeuern, Schimpfen auf der Tribüne - alles weg. Was nicht heißt, dass wir uns die nächsten Gießener Spiele nicht im Kalender anstreichen und bei Magentasport anschauen werden. Momentan können wir ja sowieso nicht viel draußen machen. Da setzen wir uns lieber vor den Fernseher und drücken unserem Verein die Daumen!"