Eintracht Frankfurt geht auf dem Zahnfleisch – aber beim FC Chelsea wollen die Europapokal-Helden nochmal alle Reserven mobilisieren.
Von Peppi Schmitt
Ein Kämpfer vor dem Herrn: Sebastian Rode (hier gegen Chelseas Andreas Christensen) geht keinem Duell aus dem Weg.
(Archivfoto: dpa)
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FRANKFURT - Für die Fans der Frankfurter Eintracht ist die Sache klar. Schon in der ersten Halbzeit des Spiels in Leverkusen haben sie lauthals vom „Europapokal“ gesungen. Das 1:6 gegen Bayer? Kann passieren und wurde schnell verziehen. Es gab nach dem Abpfiff des schwächsten Spiels der Saison, das zum Desaster geriet, keinen einzigen Pfiff gegen die eigene Mannschaft, sondern aufmunternden Beifall. Europapokalstimmung eben, denn am Donnerstag muss die Eintracht ja zum Halbfinal-Rückspiel beim FC Chelsea antreten.
Die Fans träumen weiter vom Endspiel, so schwer die Ausgangsposition nach dem 1:1 im Hinspiel auch ist. Sportvorstand Fredi Bobic sind nach der Blamage von Leverkusen, die die Europacup-Möglichkeiten für die kommende Saison stark in Frage stellen, für einen Moment ein paar Zweifel gekommen. „Was ist wichtiger, Donnerstag oder Sonntag?“, fragte Bobic, also Europacup oder Liga, „wir wissen es nicht“. Am Sonntag kommt Mainz 05 zum letzten Heimspiel, da bietet sich der Eintracht die letzte realistische Chance, in der Liga den Champions-League-Platz vier oder zumindest die Anwartschaft auf einen Rang unter den ersten Sieben zu verteidigen.
Es ist dieser Spagat, der den Spielern seit einigen Wochen immer schwerer fällt. Der Trainer will nicht ablassen von seinen hohen Zielen. „Wir müssen Mainz schlagen, wenn wir weiter um die Champions League spielen wollen“, hat er weiter von der „Königsklasse“ gesprochen. Das ist sehr ambitioniert angesichts von inzwischen vier Spielen ohne Sieg in der Liga und einer von Woche zu Woche fallenden Leistungskurve. Gegen Augsburg, Wolfsburg, Berlin, jetzt Leverkusen, wurde deutlich, dass die Eintracht ihre große Form aus dem frühen Frühjahr verloren hat. Boss Bobic hat dem kurzen Anfall von Zweifel schnell eine klare Ansage folgen lassen. „Wir schauen jetzt erst einmal aufs nächste Spiel“, sagte er. „Vielleicht können wir für eine Sensation sorgen.“ Die Eintracht sei in der Lage, sich in London von der Atmosphäre im Stadion an der Stamford Bridge anstecken zu lassen. Es sei „das Romantische“ am Fußball, dass selbst nach einem Spiel wie in Leverkusen eine neue Chance auf dem Fuße folgt. „Und dann ist eine Leistung möglich, mit der heute keiner rechnet“, glaubt Bobic.
KOMMT LÖWEN?
Der erste Eintracht-Zugang könnte Eduard Löwen vom 1. FC Nürnberg werden. Dieses Gerücht hält sich hartnäckig, bestätigt ist aber nichts. Der Vertrag des 22 Jahre alten Mittelfeldspielers (20 Bundesligaspiele, zwei Tore) beim wahrscheinlichen Absteiger läuft bis 2022, es wäre also eine Ablösesumme fällig.
Die Frankfurter haben in der gesamten Saison bislang Bundesliga und Europacup mit gleicher Intensität bespielt. Daran wollen sie auch jetzt nichts ändern, obwohl immer deutlicher wird, dass viele Spieler vor allem im mentalen Bereich an Grenzen stoßen.
Die Diskussionen nach dem 1:6-Debakel (Bobic: „Wie im falschen Film“) drehten sich hinterher einerseits um die defensive Aufstellung, die der Trainer gewählt hatte, andererseits um die fehlende geistige und körperliche Frische der Spieler nach dem jetzt 47. Saisonspiel.
Dazu kommt das Fehlen von Sébastien Haller. Der Wert des Stürmers wird besonders deutlich, wenn er nicht dabei ist. Und womöglich hat die Eintracht lange besser und erfolgreicher gespielt, als es dem eigentlichen Leistungsvermögen entspricht. „Die ganze Saison ist eine Sensation“, sagt Bobic zu Recht. Der Eintracht-Chef lobt die Fans für ihr „Feingefühl“ und erinnert die Spieler, „dass sie noch alles in der eigenen Hand haben“. Dazu bedarf es aber noch drei weiteren außergewöhnlichen Spielen.