Fredi Bobic verlässt die Eintracht. Die Frankfurter ärgern sich über den Zeitpunkt der Bestätigung, denn nun müssen drängende Fragen unter öffentlichem Druck beantwortet werden.
FRANKFURT - Die Frankfurter Eintracht muss spätestens seit Montag die Zukunft ohne Sportvorstand Fredi Bobic (49) planen. Obwohl sein Vertrag noch bis 2023 läuft, hat Bobic in der ARD-Sendung „Sportschau Thema“ seinen bevorstehenden Abgang öffentlich bestätigt. „Ich brauche gar nicht groß rumeiern", sagte er, „ich habe schon vor einem Jahr den Wunsch geäußert, den Verein im Sommer 2020 zu verlassen." Wegen der Coronakrise sei er dann aber doch noch ein Jahr länger geblieben. Den Aufsichtsrat (AR) der Eintracht hatte Bobic Anfang Februar über seinen Wunsch, zu Hertha BSC zu wechseln, informiert. „Wir haben dann verabredet, Gespräche über einen Verbleib oder einen vorzeitigen Wechsel zu führen und darüber absolutes Stillschweigen zu wahren“, sagte der AR-Vorsitzende Philipp Holzer am Dienstag, „die Gespräche sind gegenwärtig noch nicht abgeschlossen.“
Eintracht verärgert über Zeitpunkt der Bekanntmachung
Die Eintracht ist von der Tatsache des Bobic-Abgangs also nicht völlig überrascht worden. Ausgesprochen sauer sind sie bei der Eintracht allerdings über den Zeitpunkt des Bekanntwerdens. Ganz offensichtlich hatte Hertha BSC über seinen Boss Carsten Schmidt, ehemaliger Chef von Sky, über den Bezahlsender „Sky“ die Meldung lanciert. Und ziemlich sicher war Bobic darüber informiert, wollte so offensichtlich den Druck auf die Eintracht erhöhen, hat sich also an das vereinbarte „Stillschweigen“ bewusst nicht gehalten. Der Abgang bringt große Unruhe zur absoluten Unzeit beim sportlichen Kampf um die internationalen Plätze, was AR-Chef Holzer unbedingt vermeiden wollte. Die vorzeitige Veröffentlichung, ein typisches „Durchstecken“ an Medien, hat die Pläne der Eintracht, so lange wie möglich in Ruhe weiterarbeiten zu können, torpediert. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Bobic der sportliche Erfolg in dieser Saison nicht mehr wirklich wichtig ist.
Bobic hatte Vorgänge um Kovac-Weggang selbst noch kritisiert
Seine eigenen Maßstäbe hat Bobic mit seinem Vorgehen verraten. Erinnert sei an seine Reaktion auf das Bekanntwerden des Weggangs von Trainer Niko Kovac zu den Bayern im Frühjahr 2018. „Dass innerhalb kürzester Zeit Informationen nach draußen gedrungen sind, halte ich für extrem bedenklich und respektlos, der Zeitpunkt ist sehr unglücklich, sie haben ihr Ding gemacht und nur an sich gedacht“, hatte Bobic damals die Münchner kritisiert, „solch einen Umgang pflegen wir nicht, wir pflegen andere Werte.“ Worte, die nun auf ihn zurückfallen. Denn das Verhalten der Berliner ist nicht weniger respektlos und schädigend für die Eintracht. Der Klub muss nun unter öffentlichem Druck viele Fragen beantworten.
Rode angeschlagen
Mit Ausnahme von Sebastian Rode (Knöchelprellung) haben alle Eintracht-Profis am Dienstag die erste Trainingseinheit der Woche auf dem Platz bestritten. Zuvor hatte Trainer Adi Hütter in einer genauen Analyse mit der Mannschaft die Niederlage von Bremen aufgearbeitet. „Wir wissen, was wir falsch gemacht haben, deshalb wird uns das nicht umwerfen“, sagt Nationalspieler Kevin Trapp, „wir sind jetzt sehr fokussiert auf das Heimspiel gegen Stuttgart, das wird wieder eine ganz schwere Aufgabe“.
Erstens: Macht es Sinn mit Bobic bis zum Saisonende weiterzumachen?
Im Grunde kann der Sportvorstand seine ureigensten Aufgaben wie die Planungen für die nächste Spielzeit und Vorbereitungen von Transfers nicht mehr wirklich glaubhaft wahrnehmen. Schließlich stehen sein alter und sein neuer Arbeitgeber in einem direkten Konkurrenzverhältnis. Aus diesem Grund steht sogar eine vorzeigte Freistellung von Bobic im Raum. Zumal dessen Beliebtheitswerte innerhalb des Klubs bei weitem nicht so hoch sind oder waren, wie es nach außen den Anschein hatte.
Zweitens: Wie hoch wird die Ablösesumme sein, die Hertha BSC zahlen muss?
Schließlich läuft der Vertrag ja noch länger als zwei Jahre. Manch einer träumt von einer hohen einstelligen Millionen-Euro-Summe. Der Versuch Bobics ablösefrei aus dem Vertrag zu kommen, ist zum Scheitern verurteilt.
Dass Christoph Spycher (42), ehemaliger Kapitän der Eintracht, seit vielen Jahren erfolgreicher Sportdirektor beim Schweizer Meister Young Boys die Idealbesetzung wäre, ist bekannt. Allerdings hat Spycher in Bern einen Vertrag bis Ende 2022. Und gilt im Gegensatz zu Bobic als vertragstreu. Darum muss sich die Eintracht auch nach anderen Alternativen umschauen. Das sieht auch Präsident Peter Fischer so. „Es wäre schlimm für die Eintracht, wenn ein Mensch geht und es geht bergab", hatte er kürzlich gesagt, „ich habe keine Angst, wenn jemand in der nächsten Kurve vom Wagen springt. Auf der nächsten Gerade springt wieder einer auf."
Viertens: Wie können die Turbulenzen von der Mannschaft ferngehalten werden?
Da könnte die Antwort am leichtesten fallen. Die Eintracht wird bis zur Neubesetzung alle Macht dem Trainer übertragen. Gemeinsam mit Noch-Manager Bruno Hübner wird Adi Hütter die Zügel fest in der Hand halten.
Dieser Inhalt stammt aus einer externen Quelle, der Sie aktiv zugestimmt haben. Sie können diese Cookie-Einstellung jederzeit anpassen.