Der Aufsichtsrat der Eintracht macht gegenüber Fredi Bobic klar, wer am längeren Hebel sitzt. Für den Sportvorstand heißt das: Vorerst wird er in Frankfurt bleiben müssen.
FRANKFURT. Die Sätze sind vorsichtig gewählt und lassen dennoch an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Der Aufsichtsrat (AR) der Frankfurter Eintracht mit seinen sieben Mitgliedern plus dem Ehrenvorsitzenden Wolfgang Steubing hat in seiner Sitzung am Mittwochabend gegenüber dem abwanderungswilligen Sportvorstand Fredi Bobic (49) deutlich gemacht, dass alleine der Klub das Heft des Handelns in der Hand hält. Im Grunde kann die einfache Pressemitteilung als Machtdemonstration verstanden wissen.
Bobic will Vertrag zum Saisonende auflösen
Bobic hatte sich vor dem höchsten Gremium der Eintracht erklärt und seinen Willen, den noch bis zum 30.Juni 2023 laufenden Vertrag spätestens zum Saisonende aufzulösen, noch einmal deutlich gemacht. Dies wurde in aller Form zurückgewiesen. Der Sportvorstand wird bis auf Weiteres seine Arbeit für die Eintracht fortsetzen (müssen). Die Eintracht hat damit den Ball an den Sportvorstand und möglichen Interessenten wie Hertha BSC weitergespielt.
Der entscheidende Satz in der offiziellen Pressemitteilung: „Der Aufsichtsrat hat festgestellt und Fredi Bobic entsprechend darauf hingewiesen, dass sein Vorstandsvertrag ohne jede Kündigungs- oder Ausstiegsmöglichkeit noch bis 30. Juni 2023 läuft. Fredi Bobic hat dies bestätigt und erklärt, dass er sich vertragskonform verhalten und dementsprechend seinen Vertrag einhalten wird.“ Was heißt das?
Die von Bobic ins Spiel gebrachte Zusage des ehemaligen AR-Chefs Steubing, dass er vorzeitig gehen könne, hat es offiziell nie gegeben. Dies hatte Steubing auch so bestätigt. Zudem soll Bobic eingestanden haben, dass die vom AR-Vorsitzenden Holzer genannten zeitlichen Abläufe der Wahrheit entsprechen. Während Bobic erklärt hatte, es sei schon seit 2020 klar und den handelnden Personen bekannt gewesen, dass er vorzeitig gehen wolle, hatte Holzer festgestellt, dass die ersten Gespräche darüber vor drei Wochen geführt worden seien. Auch da musste Bobic klein beigeben.
Vertrauen zu Bobic nachhaltig gestört
Der Sportvorstand kann also ohne Einverständnis der Eintracht nicht gehen. Bobic habe dies ziemlich schnell eingesehen, war zu hören, und sei dann ebenso schnell zurückgerudert. Dass er sich „vertragskonform“ verhalten wird, ist freilich nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit, verschafft der Eintracht aber zunächst einmal Ruhe im eigenen Haus und Zeit, um die eigenen Planungen voranzutreiben. Das Vertrauen zu Bobic ist nichtsdestotrotz nachhaltig gestört.
Theoretisch muss Bobic also seinen Vertrag bis 2023 erfüllen. Doch dazu wird es eher nicht kommen, auch wenn es nicht komplett ausgeschlossen ist. Der AR der Eintracht hat sich klug verhalten und klare Ansagen gemacht. Dabei aber auch die Hintertür geöffnet. Der zweite wichtige Satz in der Pressemitteilung: „Sollte ein Klub bei der Eintracht unmittelbar oder über Fredi Bobic mittelbar sein Interesse an einer vorzeitigen Anstellung von ihm bekunden, ist der Aufsichtsratsvorsitzende Philip Holzer gemäß einstimmigen Aufsichtsratsbeschlusses bevollmächtigt, im Interesse der Eintracht Verhandlungen über die Bedingungen einer vorzeitigen Auflösung des Vorstandsvertrages von Fredi Bobic zu führen.“ Im Klartext: Sollte Hertha BSC Bobic tatsächlich verpflichten wollen, müssen sie alsbald mit Holzer über eine Summe verhandeln, zu der die Eintracht den Vertrag auflösen würde.
"Das wird teuer"
Was bei Profifußballer als „Ablöse“ bezeichnet wird, heißt in der freien Wirtschaft „Vertragsaufhebungskosten“. Im Raum stehen fünf Millionen Euro, die sich aber durchaus erhöhen können, wenn die Berliner eine ganz schnelle Lösung wollen. „Das wird teuer“, hatte Herthas Aufsichtsrat Jens Lehmann wohl zu Recht vermutet.
Fazit: Fredi Bobic steht, Stand jetzt, als großer Verlierer da. Sein überfallartig vorgetragenes Ansinnen nach einem vorzeitigen Abschied ist ins Leere gelaufen. Die Eintracht hat deutlich gemacht, dass sie sich auch von einem noch so erfolgreichen Mitarbeiter nicht am Nasenring durch die Arena ziehen lassen wird.
Von Peppi Schmitt