Mit seiner Akademie will Shawn Parker jungen Fußballern seine Erfahrung weitergeben. Als Zwölfjähriger war er einst zu Mainz 05 gewechselt - und zum Bundesliga-Spieler gereift.
WALLAU. Sie können den Unterschied machen. Fallen mit ihrer extravaganten Spielweise auf. Sorgen mit ihren Aktionen für Staunen auf den Rängen, aber auch manchmal für erhöhten Puls beim Trainer. Spieler der Marke "Straßenfußballer". Das Problem: "Diese Art Spielertyp stirbt in Deutschland gerade aus", findet Shawn Parker. Er selbst war noch so einer. Ein Schlitzohr, schnell, athletisch, trickreich, unvorhersehbar. Der ehemalige Profi lief für den FSV Mainz 05 27-mal in der Bundesliga auf, erzielte vier Tore. Nun gibt Parker nach seinem frühen Karrieeende in seiner Fußballschule das Straßenfußballer-Gen an junge Kicker weiter.
Seine "Parker Fußball-Academy" hat der Deutsch-Amerikaner vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Das war nur wenige Monate, nachdem er beschlossen hatte, seine Karriere zu beenden. "Mein Ziel war schon immer, das von mir Erlebte an die Jugend weiterzugeben", sagt der 29-Jährige beim Gespräch im Wallauer Vereinsheim. In seinem früheren Wohnort steht Parker seither beinahe täglich auf dem Platz, um jungen Spielern Einzel-, Duo- oder Mannschaftstraining zu geben. Der Ex-Profi baut Hütchenparcours und Tore auf, spielt Bälle zu, gibt Anweisungen, korrigiert, dirigiert, plauscht hinterher mit den Eltern der Kinder. Unterstützt wird er dabei unter anderem von seinem jüngsten Bruder Jermaine (20), der mal beim SV Gonsenheim A-Junioren-Regionalliga spielte.
Ob Anfänger oder Rohdiamant aus einem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ): Jeder Fußballer ist bei Parker willkommen. Wichtig: Die Akademie sei keine Konkurrenz für die Vereine, sondern "der ideale Zusatz", wie es Parker ausdrückt. In seiner Trainingsarbeit muss der Ball immer im Spiel sein. "Das geht mir in der Vereinsarbeit manchmal zu sehr unter, gerade in den NLZ wird den Kindern zu wenig Freiheit gegeben, um sich zu entfalten", findet er. Dribbling, Abschluss, erster Kontakt nach der Ballannahme und das freie Spielen seien für ihn elementar. Die klassischen Attribute eines Straßenfußballers eben.
Sternstunden gegen Eintracht und Bayern
Attribute, die Parker selbst bis ganz nach oben brachten: Als Zwölfjähriger wechselte er zum FSV Mainz 05 ins NLZ. Dort startete er durch: Nach sechs Jahren Jugend und einem Jahr Anlaufzeit bei den Amateuren in der Regionalliga zog ihn Thomas Tuchel zu den Profis hoch. Parker wurde zum Shootingstar, war bei seinem ersten Startelfeinsatz im November 2012 beim Mainzer 3:1-Sieg in Frankfurt mit Tor und Assist gleich der Spielentscheider. Knapp ein Jahr später traf er in der Allianz-Arena zur Mainzer Führung beim FC Bayern und wechselte im Sommer 2014 für kolportierte 1,6 Millionen Euro zum damaligen Europapokal-Teilnehmer FC Augsburg. Doch es gab auch schwere Zeiten: Zwei Rote Karten brachten ihm im Frühstadium seiner Karriere ein schlechtes Image ein, dazu sorgte ein heftige Schimpftirade von Tuchel gegenüber Parker während einer Trainingseinheit für Aufsehen bei Youtube. Innig war das Verhältnis zwischen dem Mainzer Erfolgstrainer und ihm wohl nicht, Parker beschreibt es rückblickend als "professionell" und "respektvoll".
Viel eher wurde Parker von seinem Körper ausgebremst: Schon früh machten die Knöchel Probleme. In seiner ersten Saison in Augsburg riss er sich das Kreuzband im rechten Knie, wenige Jahre später sein Meniskus, wieder rechts. Anfang 2020, nach erfolglosen Leihen zum FC Nürnberg und Greuther Fürth, sah er ein: Es macht keinen Sinn mehr, der Körper streikte zu oft, um wirklich noch mal auf Top-Level im Profifußball durchzustarten. Das bedeutete für ihn mit gerade einmal 26 das frühe Karriereende. Fast zeitgleich wie sein Bruder Devante, der - ebenfalls im Nachwuchs der 05er ausgebildet - mit 24 zum Sportinvaliden wurde und heute in Stuttgart eine Ausbildung zum Steuerberater macht.
Aber war es nicht schwer, mit einem frühen Karriereende mental umzugehen? Vermisst er den Profifußball? Nein, sagt Shawn Parker. "Ich habe es akzeptiert. Für die schweren Verletzungen konnte ich ja nichts. Und meine Sichtweise auf die Dinge hat sich geändert. Ich bin reifer geworden", sagt er. Andere Dinge stehen für ihn nun im Vordergrund. Seine Frau, seine vierjährige Tochter, sein sechs Monate alter Sohn. Und sein großes Projekt, die eigene Fußball-Akademie.