Der Neue aus Turin zeigt sich bei Eintracht Frankfurt voller Selbstvertrauen. Krösche und Glasner stehen indes harte Zeiten und einige Herausforderungen bevor.
FRANKFURT. Am Donnerstag hat die Frankfurter Eintracht Luca Pellegrini (23) den Medien vorgestellt. Der Neuzugang von Juventus Turin ist ein freundlicher junger Mann, durchaus selbstbewusst. Und bereit, die neue Herausforderung anzunehmen. Pellegrini wird wohl schon gegen den 1.FC Köln am Sonntag in der Anfangsformation stehen. „Ich muss zwar die Spielart erst kennenlernen, aber mein Ziel ist es, immer bereit zu sein“, sagte er. Entscheiden müsse natürlich der „Mister“, also der Trainer. Die Position, ob linker Verteidiger oder linker Mittelfeldspieler, sei dabei nicht so wichtig. „Und wenn der Trainer sagt, er braucht einen Torwart, spiele ich auch im Tor“, lachte er.
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Integration soll zügig ablaufen
Die sportliche und menschliche Integration soll im Schnelldurchlauf klappen. Seit Mittwoch steht er mit den Kollegen auf dem Platz, alle Mitglieder der Mannschaft und des Staffs habe er inzwischen kennengelernt. Die italienische Seite der Stadt hat ihm Landsmann Franco Lionti, Institution in der Kabine und zufällig großer Juve-Fan, auch schon nähergebracht. Mit Trainer Oliver Glasner ist er in Theorie vorm Bildschirm und Praxis auf dem Platz im ständigen Gespräch. Bislang habe er nur „positive Eindrücke“ gesammelt, versichert er. Pellegrini weiß, dass er an Filip Kostic gemessen werden wird, der den umgekehrten Weg gegangen ist, von Frankfurt nach Turin. Was in einem Jahr passiere, wenn der Leihvertrag ausläuft, interessiere ihn „überhaupt nicht“, versichert er. Erst einmal will er abliefern bei der Eintracht. „Ich bin nicht hier, um ein Jahr Urlaub zu machen“, sagt er. Trainer und Kollegen wüssten schon, was er kann, „die Fans und die Journalisten will ich überraschen“. Seine Stärken lägen sicherlich eher in der Defensive, glaubt er, „aber ich habe auch offensive Eigenschaften.“
Dass die neue Saison mit der Eintracht eine große Herausforderung werden dürfte, hat er schnell erkennen können. In Frankfurt herrscht wegen der noch immer vielen unklaren Personalien eine permanente Unruhe, die mit dem durchwachsenen Saisonstart (Niederlage gegen die Bayern, Remis in Berlin) alleine nicht zu erklären ist. Sie ist durchaus ungewöhnlich bei einem Klub, der die jüngsten Erfolge vor allem Kontinuität und Stabilität auf vielen Ebenen zu verdanken hat. Sportvorstand Markus Krösche hat erkennen müssen, dass der Europapokalsieg im Mai zwar wirtschaftlich deutlich weitergeholfen hat, die Planungen aber dennoch nicht leichter geworden sind. Stand jetzt sind der Sportchef und der Trainer Getriebene und Suchende. Krösche muss Tag für Tag abwarten, ob nach Kostic nicht noch weitere Spieler abspringen.
Wechsel von Ndicka wäre Rückschlag
Zuletzt war Djibril Sow umworben. Der Schweizer hat ein Angebot aus Newcastle ausgeschlagen. Um Evan Ndicka ranken sich immer neue Gerüchte, der AC Mailand habe großes Interesse. Der Vertrag des Franzosen läuft nächstes Jahr aus, nur jetzt könnte die Eintracht noch eine Ablösesumme erhalten. Das ist die eine Seite. Doch nach dem Abgang von Filip Kostic und dem Rückzug von Martin Hinteregger und dem holprigen Start wäre ein Verkauf von Ndicka ein weiterer sportlicher Rückschlag, den die Mannschaft wohl kaum verkraften könnte. Schon jetzt herrscht große Abwehrnot, verstärkt durch Verletzungen einiger Spieler. Und immer mehr neue Spieler zu holen, birgt in diesem Fall mehr Risiko als Chance.
Dass der Europapokalsieg schnell Vergangenheit sein würde, folgt zwangsläufig aus dem dichtgedrängten Kalender. Dass die Europapokalsieger-Mannschaft aber so schnell aus den Angeln gehoben würde, war so nicht zu erwarten. Mit aktuell neun Abgängen und neun Zugängen hat es einen ungewöhnlich großen Umbruch gegeben. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen und ein Ende ist nicht abzusehen. Eigentlich müsste Krösche dringend einen rechten Verteidiger holen. Eigentlich müsste er einen weiteren Innenverteidiger holen, bei Ndickas Abgang sogar zwei. Eigentlich dürfte der Sportchef den Franzosen Junior Dina Ebimbe aus Paris nicht holen, weil aktuell kein Bedarf eines weiteren Mittelfeldspielers besteht. Eigentlich…
Suche nach der richtigen Aufstellung
Der Trainer sucht derweil eine Formation. Die Europa-League-Mannschaft aus der letzten Saison war für die Liga als für zu leicht befunden worden. Ohne Hinteregger und Kostic ist sie noch leichter geworden. Und ohne Ndicka wäre sie nur noch ein Leichtgewicht. Dafür kann Glasner in der Offensive mächtig zulegen. Auf allen Positionen, außer Linksaußen, hat er eine doppelte oder gar dreifache Besetzung. Kolo Muani, Rafael Borré, Lucas Alario vorne in der Mitte. Daichi Kamada, Jesper Lindström und Mario Götze dahinter, rechts draußen Faride Alidou und Ansgar Knauff. Ob das vielleicht zu viel der Guten sind?
Bei all den Fragen gibt es berechtigte Hoffnungen, dass sie in den nächsten Tagen noch vernünftig beantwortet werden. Krösche und Glasner haben eine ähnlich schwierige, aber anders geartete Situation, vor einem Jahr gemeistert. Der Trainer hat den da schon abwanderungswilligen Kostic auf Kurs gebracht und eine Spielweise ohne Amin Younes und Andre Silva etabliert, die sich als erfolgreich herausgestellt hat. Der Manager hatte mit Lindström und später Knauff Volltreffer gelandet. Und noch ein paar Jahre weiter zurückgeblickt: Auch ohne die „Büffel“ Sebastien Haller, Ante Rebic und Luka Jovic, die alle in einer Transferperiode gegangen waren, hat die Eintracht weiter erfolgreich Fußball gespielt. Eine Garantie, dass dies Jahr für Jahr gelingt, gibt es freilich nicht.
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Von Peppi Schmitt