Der Mainzer Bürgermeister Günter Beck regt an, das Flutlicht auch im Profifußball öfters auszuschalten. Was der FSV Mainz 05 davon hält - und wo der Bundesligist Energie spart.
Mainz. „Einen solchen Shitstorm habe ich noch nie erlebt“, sagte der Mainzer Bürgermeister Günter Beck jüngst bei einer Diskussion des Mainzer Stadtsportverbands – und meinte das Flutlichtverbot ab 21 Uhr. Warmen Applaus erntete der Grünen-Politiker dann von Zuhörern des Breitensports aber doch noch, als er den Blick in die Fußball-Bundesliga warf und auch von dieser Solidarität einforderte. „Wenn wir mal richtig in die Krise kommen, muss man auch darüber nachdenken, ob Abendspiele sinnvoll sind“, sagte Beck und regte an, die Fußballer dann samstags oder sonntags halt um 15.30 Uhr spielen zu lassen.
Mainz 05 hat LED-Flutlicht - und das verursacht anteilig geringe Energiekosten
Soll die Bundesliga, um Energie zu sparen, auf die Abendspiele verzichten? Christian Heidel hält dagegen. „Man hat immer den Eindruck, das Flutlicht sei der größte Energie-Verbraucher. Das ist es aber bei weitem nicht“, sagt der Sportvorstand von Mainz 05. Das Licht leuchte bereits energiesparend, in LED. Beim Fußball-Bundesligisten liege der Anteil des Flutlichts bei den Energiekosten außerdem bei „unter fünf Prozent“, betont Heidel. Das deckt sich mit Zahlen, die auch die Deutsche Fußballliga erhoben hat. Dort gaben Vereine nach AZ-Informationen an, dass das Flutlicht bei den Kosten an einem Spieltag einen niedrigen einstelligen Prozentwert einnehme.
Insider des organisierten Fußballs raunen, der gestückelte Spielplan habe durchaus auch einen Sinn. Das liege nicht nur an den festgezurrten Fernsehverträgen. In Spielplänen seien auch andere Großveranstaltungen berücksichtigt, die in Städten ausgetragen würden. Und man achte darauf, dass rivalisierende Fangruppen – wie von Mainz 05, Eintracht Frankfurt oder dem 1. FC Kaiserslautern – nicht auf einmal zeitgleich zu Fußballspielen fahren, wo sie sich auf Bahnhöfen oder Autobahn-Raststätten über den Weg laufen könnten.
Nach einem Abgesang auf Flutlicht-Spiele klingt das nicht. In der Stadt Mainz müssen die Amateurvereine dagegen weiter ab 21 Uhr das Flutlicht ausknipsen. Daran halte die Stadt auch fest, wie ein Sprecher gegenüber unserer Zeitung sagt. Wie viel Geld diese Entscheidung letztlich einsparen soll, kann die Stadt Mainz nicht sagen. „Monetäre Einsparungen können derzeit nicht skizziert werden“, heißt es. Es gehe vorrangig darum, den Energieverbrauch zu reduzieren.
Rasenheizung brummt bei Mainz 05 seltener
Energiekosten zu sparen, das ist auch das Ziel vom FSV Mainz 05. Der Verein rechnet nach eigenen Angaben – Stand jetzt – mit doppelt so hohen Ausgaben in der Energiekrise. „Die Preise tun auch uns sehr, sehr weh“, sagt Christian Heidel. Ob der Verein von einer möglichen Energiepreisbremse profitiere und Hilfen erhalte, könne man noch nicht sagen, teilt Pressesprecherin Silke Bannick mit. Man warte die politischen Entscheidungen ab.
Die Folgen der Krise bei Mainz 05: Die Zeiten, in denen die Rasenheizung in Wintermonaten rund um die Uhr brummte, sind vorbei. Diese bilde den größten Teil an Energiekosten aus der sportlichen Abteilung ab, so der Verein. „Solange es beispielsweise keinen Frost gibt und die Rasenwurzeln nicht Gefahr laufen, zu erfrieren, lassen wir aktuell beispielsweise die Rasenheizung in der Mewa Arena aus.“ Sie von jetzt auf gleich und dann noch dauerhaft auszuschalten, ist aber auch nicht so einfach, wie der Fußball-Bundesligist erläutert. „Es muss abgewogen werden, denn auch wenn Ausschalten erstmal die Energiekosten reduziert, muss der Rasen schneller ersetzt werden“, heißt es vom Verein. Kosten verlagerten sich dann nur. Weitere Einsparpotenziale gebe es in der sportlichen Abteilung kaum, was damit zusammenhänge, „dass wir zur Verbesserung unserer Klimabilanz ohnehin seit vielen Jahren versuchen, unseren Energiehaushalt zu optimieren und diesbezüglich regelmäßig technische Maßnahmen zur Energieersparnis umsetzen“, so Silke Bannick.
Wie der Profifußball das Energiesparen entdeckt
Auch über Mainz 05 hinaus hat der Profifußball das Energiesparen für sich entdeckt. Erst im September hat die DFL die Bundesligavereine aufgefordert, 15 bis 20 Prozent an Energie einzusparen, um einen Teil beizutragen, die Krise zu bewältigen. Die höchsten Energiekosten melden die Vereine bei den Rasenheizungen. Andreas Rettig, Ex-Geschäftsführer der DFL, sprach davon, dass eine ölbetriebene Rasenheizung in einem Stadion rund 2000 Liter Heizöl am Tag verbrauche – fast so viel Energie wie ein Einfamilienhaus in einem ganzen Jahr.
Manche Fußballer regen daher gar an, an den ganz großen Rädern zu drehen. Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Köln, schlug jüngst vor, den Spielplan zu revolutionieren. Sein Vorschlag: Die Spiele in die warmen Jahreszeiten legen. So machen es auch die Skandinavier, die freilich im Winter über mehr Schnee und Eis klagen. „Mit einem Fingerschnippen ist der Spielplan aber nicht zu ändern“, sagen andere Experten unserer Zeitung wiederum – und verweisen auf einen Plan, der sich auch nach anderen europäischen Ligen, Wettbewerben und großen Turnieren der Nationalmannschaften richte.
Geht es nach Günter Beck, wäre ein erster Schritt aber auch schon, das Flutlicht tagsüber auszuschalten. Beim Stadtsportverband Mainz hinterfragte er verstimmt, warum der TSV Schott Mainz beim DFB-Pokalspiel gegen Hannover 96 aufgefordert war, das Flutlicht im Bruchwegstadion anzuschalten – trotz einer Anstoßzeit von 15.31 Uhr. Becks süffisanter Kommentar: „Dann muss es im Fernsehen auch mal reichen, wenn die Bilder etwas krisseliger sind.“