Mainz 05: Mit Vorfreude, Neugier und Verantwortung in den...

aus Mainz 05

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Richtungsweisende Tage: 05-Coach Achim Beierlorzer bereitet in der leeren Opel Arena seine Spieler auf das Match in Köln vor. Stürmer JP Mateta (hinten) fehlt am Sonntag wegen seiner Ampelkarte, die er im Heimspiel gegen Düsseldorf gesehen hat. Foto: Mainz 05

Die Mainzer gehen den Re-Start motiviert und demütig an. Beierlorzer rät seinen Profis: Nicht den Kopf zerbrechen.

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MAINZ. Die Konturen werden deutlicher, die Dinge greifbarer. Am Tag vor dem Neustart merkt man allen Beteiligten an, dass das Ziel plötzlich ganz nah ist und dieses Mal nichts dazwischen kommen wird: Ja, es geht tatsächlich wieder los. An dem Tag, an dem die 57. Spielzeit der Fußball-Bundesliga eigentlich abgepfiffen werden sollte.

Die Mainzer, die erst am Sonntag in Köln wieder auf die große Bühne zurückkehren, werden sich das Intro des 26. Spieltages zwischen Abschlusstraining und Abfahrt der zwei Busse im Mannschaftsverbund anschauen. „Wir haben alle so etwas noch nie erlebt“, sagt 05-Coach Achim Beierlorzer, „es gibt so viele Dinge, die einen beschäftigen. Und es wird eine absolute Herausforderung für alle, ob der gegebenen Umstände nicht den Fokus zu verlieren. Am Anfang ist ja alles ein bisschen ungewohnt. Doch irgendwann fokussiert man sich darauf, was in diesen 90 Minuten wirklich wichtig ist: Und das ist das Spiel, das Battle und das Duell Mann gegen Mann.“ Eine Dreiviertelstunde lang beantworten der Fußballlehrer und sein Vorgesetzter, Sportvorstand Rouven Schröder, in der virtuellen Pressekonferenz die vielen Fragen, die durch die Mainzer Fußballwelt geistern. Gäbe es eine Strichliste für die am häufigsten gefallenen Worte, die Vokabel Vorfreude wäre wohl der klare Spitzenreiter. Denn eines eint die Verantwortlichen auf dem Podium: „Wir freuen uns alle, wieder unseren Job ausüben zu dürfen und in dieses Duell mit einem Konkurrenten gehen zu dürfen“, sagt Beierlorzer. „Vorfreude und Neugier kennen keine Grenzen“, ergänzt Schröder und vergisst nicht zu erwähnen, „dass wir trotz aller Vorfreude demütig und verantwortungsbewusst die Sache angehen. Klar, es sind noch viele Fragen offen. Und ja, wir haben auch jeden Tag neue Fragen zu klären. Aber wir haben eine Struktur.“ Und: „Wir nehmen alle mit auf diese Reise. Und mit jenen Leuten, die Widerspruch spüren, treten wir in den Dialog. Wir versuchen, alles zu berücksichtigen...“ Der Weg ist das Ziel. Und das Ziel aller ist: Zurück zur Normalität.

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Vor 64 Tagen also hätte Achim Beierlorzer an seine alte Wirkungsstätte, dem Kölner Rhein¬Energie-Stadion, zurückkehren sollen. Nun kommt es zum Wiedersehen ohne die 50.000 Zuschauer, ohne Geißbock Hennes, ohne die ganze mediale Aufregung im Vorfeld, weil seine persönliche Geschichte um den Blitzwechsel Köln/Mainz im November von der Krise in den Hintergrund verdrängt worden ist. Beierlorzer ist es eigentlich ganz recht. Er sagt: „Ich hatte in Köln zu wenig Punkte.“ Für die Klubbosse der Anlass, ihn vor die Tür zu setzen. Damals sprach man noch von den oftmals ätzenden Mechanismen des Fußballgeschäfts. Weit weg. Eine andere Zeit. Und doch wünscht sich Beierlorzer diese Zeit auch wieder zurück. „Back to the roots“, zurück zu den Wurzeln. „Wir müssen uns auf dem Platz aufs Ursprüngliche konzentrieren. Wichtig ist für mich die Mentalität und wie wir als Kollektiv das Beste aus dieser Situation machen.“ Seine Empfehlung an seine Spieler (bis auf den gesperrten JP Mateta und den verletzten Keeper Robin Zentner stehen alle Mann zur Verfügung): „Die, die nicht so sehr kopfgesteuert sind und sich am wenigsten einen Kopf über die Umstände machen, sind vielleicht im Vorteil.“ Einfach nur Fußball spielen.

„Menschen, keine Roboter: Fehler können passieren“

Man wird sehen, ob das so einfach geht. Schließlich schaut die ganze Welt zu. Das Bundesliga-Comeback genießt globale Beachtung. „Vielleicht entsteht dadurch das Kribbeln“, sagt Beierlorzer, „wir wissen, dass wir eine ganz große Verantwortung und ganz, ganz viele Zuschauer haben. Dieser Re-Start wird etwas ganz Besonderes.“ Schon allein wegen seiner besonderen Regeln.

Rouven Schröder erhebt den Finger. Er will da noch was klären: „Wir wollen uns alle an die Regeln halten. Wir wissen alle, um was es geht. Was wir dürfen und was wir nicht dürfen“, sagt der 05-Sportvorstand, „aber wir wissen auch, dass Fehler passieren können, wenn man etwa aus der Emotion heraus den Rahmen verlässt. Man stelle sich vor, es fällt in der 93. Minute das entscheidende Tor...“ Ob dann nach (Abstands-)Regeln gejubelt wird? „Wir sind Menschen, keine Roboter. Und wir haben das Ziel, diese Saison zu Ende zu bringen. Und dafür werden alle Beteiligten alles tun.“

Schröder gehört übrigens neben Präsident Stefan Hofmann, dem kaufmännischen Vorstand Jan Lehmann und Aufsichtsratschef Detlev Höhne, zur vierköpfigen 05-Delegation, die auf der Tribüne in der sogenannten Zone 2 Platz nehmen wird. Normalerweise sitzt der Sportvorstand auf der Bank. Beierlorzer dirigiert vor dieser Bank und erwartet einen dynamischen, überfallartig angreifenden 1. FC Köln, „der sein Personal und seine Spielweise in den zwei Monaten nicht grundlegend verändert haben wird“. Genauso wenig wie die 05er, die kompakt auftreten und an ihre Top-Auswärtsspiele in Sinsheim oder Bremen anknüpfen wollen. Mit einer Mannschaft, in der seit der Wiederaufnahme des „Kontaktfußballs“ ein intensiver Konkurrenzkampf herrsche, so Beierlorzer. Weil jeder wieder ein Ziel vor Augen hat. Das ist der Antrieb. Alle 05er wollen einfach wieder zurück. Zurück auf den Rasen. Und spielen.