Eintracht-Torwarttrainer Jan Zimmermann spricht im Interview über seine Arbeit, Ex-Club Darmstadt 98, Freundschaften im Profifußball und nächtliches Videoscouting in Albanien.
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Herr Zimmermann, die Eintracht-Fans fragen sich nach den Leistungen der vergangenen Wochen angesichts der tollen Vorstellungen vor der WM-Pause: Was ist los mit der Mannschaft? Wissen Sie es?
Es ist immer schwierig zu sagen, wenn man mittendrin ist. Wir waren auch in der positiven Phase sehr kritisch mit uns. Wenn wir unser Heimspiel gegen Bochum erfolgreich gestalten, haben wir zwei Punkte weniger als zum gleichen Zeitpunkt in der Hinrunde. Niederlagen gegen Neapel und Leipzig können passieren, denn das sind Kaliber, wo man auch verlieren kann. Das wollen wir nicht, aber man muss das Ganze einordnen. Was nicht heißt, dass wir damit zufrieden sind. Wir sind uns alle einig, wenn wir gegen Union 2:0 in Führung gehen, gewinnen wir das Spiel auch. Das sind Phasen, in denen man einen klaren Kopf behalten muss, dann schlägt das Pendel auch wieder auf die andere Seite aus. Wir sind weit davon entfernt, uns verrückt zu machen, sondern sehen es eher als Ansporn, noch eine Schippe draufzulegen.
Die erste halbe Stunde beim 4:2 gegen Hoffenheim Anfang November waren vielleicht die besten 30 Minuten im Frankfurter Stadion in den letzten 25 Jahren. Wie kann man wieder auf dieses Niveau kommen?
Da stimme ich zu, das hat uns alle begeistert. Aus Trainersicht wurde das etwas durch die Anschlusstreffer gedämpft (lacht). Hoffenheim hat einen spielerischen Ansatz, uns Räume gelassen. Union hat einen konträren Ansatz. Keiner brilliert fußballerisch gegen sie. Wir wünschen uns alle jede Woche so ein Spiel wie gegen Hoffenheim. Aber es gehören sowohl wir als auch der Gegner dazu.
Sind Sie als Teil des Trainerteams derzeit auch verstärkt als Psychologe gefragt?
Ich sehe meine Rolle so, wie ich sie schon als Spieler, als ich ins hintere Glied gerückt bin, ausgefüllt habe: Wenn mir etwas auffällt, spreche ich das an und nehme Stimmungen auf. Als Torwarttrainer kann ich viel näher am Team dran sein und bin im Austausch mit den Spielern. Meistens ist es ja auch so, dass meine Gruppe der Torhüter sich über ähnliche Themen unterhält. Da bekommt man das schon mit. Aber wir müssen keinen aus einem Loch rausholen oder aufbauen. Es hieß ja beispielsweise schon, dass Kolo Muani keine gute Phase hat. Auch in der Länderspielpause hat er gezeigt, dass das nicht so ist.
2020 wurden Sie als Aktiver für viele überraschend Torwarttrainer. Drei Jahre später – ticken Sie inzwischen wie ein Trainer?
Das Leben ist ein ständiger Prozess. Wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht, den Menschen zuhört und Leute um sich hat, die einem den Spiegel vorhalten, dann entwickelt man sich im Idealfall immer weiter – ohne sich selbst zu verlieren. Ich bin natürlich nicht mehr der Trainer, der ich vor drei Jahren war. Aber der Sprung vom Aktiven zum Trainer war für mich kein Problem, weil ich schon als aktiver Spieler wie ein Trainer gedacht habe. Ich habe schon vorher aus Eigeninitiative montags die Jugendtorhüter von U10 bis U19 trainiert, um mich als Trainer auszuprobieren.
Union-Torwart Frederik Rönnow hat Sie als guten Freund bezeichnet. Können Trainer und Spieler eigentlich Freunde sein im Profifußball?
Zwischen Torwarttrainer und Torwart ist es eine spezielle Konstellation. Es ist möglich, wenn beide Charaktere Freundschaft und Job trennen können. Meine Aufgabe ist es nicht, der Freund von Kevin zu sein, sondern sein Trainer. Ich muss Übungen und Leistung einfordern, ich muss ihn auch mal kritisieren. Alles was ich mache, ist zu seinem Wohl, kann aber auch unangenehm sein. Ich will eine Atmosphäre, wo man sich wohlfühlt und Spaß am Training hat. Aber es gibt gewisse Leitplanken. Kevin und ich verstehen uns super. Aber bei uns ist es auch ein zeitliches Problem, um auf die Ebene Freundschaft zu kommen. Er ist viel beschäftigt, ich bin als Torwarttrainer sehr eingespannt. Mit Freddy war es einfacher, weil wir Mitspieler waren, bevor ich Trainer wurde. Auch unsere Frauen haben häufig privat etwas miteinander unternommen.
Wer hat Freddy Rönnow eigentlich in der Skatrunde ersetzt?
Seppl Rode ist der Leidtragende bei dem Ganzen. Ich musste am Anfang erstmal einen harten Cut machen, um den Schritt zum Trainer zu gehen. Das hieß: kein Glücksspiel mehr. Und so hat sich die Skatrunde zeitnah aufgelöst (lacht).
Wie sehr haben Sie sich für Rönnows Entwicklung in Berlin gefreut?
Es freut mich sehr, weil er einen sehr schwierigen Start in Deutschland hatte. Es zeigt, dass die Entscheidung von Eintracht Frankfurt, ihn zu verpflichten, nicht falsch war. Es kamen viele unglückliche Umstände zusammen. Es zeigt aber auch, dass Selbstvertrauen ein hohes Gut für einen Torwart ist.
Blicken wir mal zur Eintracht: Kevin Trapp kam bei den jüngsten beiden Länderspielen nicht zum Einsatz. Können Sie das verstehen, dass Marc-André ter Stegen zum Neuer-Vertreter Nummer eins erwählt wurde?
Ich kenne die Entscheidungsgrundlage nicht. Man muss sagen, dass Kevin und er zwei unterschiedliche Torwarttypen sind. Wenn die Grundlage das letzte Kalenderjahr ist, hat Kevin so performt, dass Einsätze gerechtfertigt wären. Das habe ich dem DFB-Torwarttrainer auch so gesagt. Nach dem Ausfall von Manuel Neuer wäre für mich selbstverständlich, dass jeder ein Spiel bekommt. Ich muss beide mal im Spiel gesehen haben, so ist meine Denkweise. Ich weiß jedoch nicht, wie es im Gesamtkontext mit den Länderspielen im Sommer aussieht. Wenn die Bundestrainer sagen, dass Marc die zwei Spiele jetzt macht und Kevin im Sommer, dann kann ich das voll nachvollziehen. Aber für mich ist klar, dass Kevin seine Chance bekommen muss.
Was sind denn die Unterschiede im Torwartspiel zwischen Trapp und ter Stegen?
Sie spielen in zwei komplett verschiedenen Mannschaften. Marc ist im Aufbauspiel von Barca eingebunden, die Spanier pressen nicht wie deutsche Mannschaften. Kevin muss viel öfter den Ball lang schlagen. Marc ist ein Tick kleiner - das meine ich nicht böse - aber dann sehen Situationen anders aus. Kevin ist ein sehr eleganter, ruhiger Torwart. Wenn man bei beiden die spektakulären Höhepunkte sammeln würde, hätte Kevin wahrscheinlich weniger. Aber die Höhepunkte sind für mich nicht die Entscheidungsgrundlage. Es geht darum, Sicherheit auszustrahlen und die Abwehr besser zu machen.
Unter Ihnen hat Kevin Trapp nochmal einen Sprung gemacht. Was zeichnet ihn aus?
Über allem stehen Kevins Ehrgeiz und seine Reflexion. Er kann sich mit seinen Bewegungen und seinem Stellungsspiel auseinandersetzen und hat die Bereitschaft, es zu verändern. Wenn ich nicht ehrgeizig bin und mich nicht mit mir auseinandersetze, dann kann ich keine Veränderung erzielen. Mit 32 Jahren als deutscher Nationaltorwart noch so an sich zu arbeiten und nicht mit sich zufrieden zu sein, davor muss ich meinen Hut ziehen.
Kevin Trapp hat bis 2026 verlängert. Macht das auch Ihnen die Arbeit leichter, da Sie wissen, mit wem Sie auch zukünftig zusammenarbeiten?
Klar habe ich mich gefreut. Ohne dieses Torhüterteam wäre auch Kevins Leistung nicht möglich, weil es viel Energie kostet, wenn die Stimmung nicht gut ist und man quasi allein im Team trainieren muss. Mir war wichtig, dass Kevin es aus voller Überzeugung macht. Und ich habe ihm versprochen, egal wie alt er ist und wie lange er hier ist, ich werde nie aufhören, ihn besser machen zu wollen. Bei allem Ungemütlichen, was das bedeutet. Aber ich weiß genau, dass er das auch einfordert. Von daher war es ein Versprechen, das er gerne angenommen hat.
Aktuell läuft der Film „In diesem Jahr“ in den Kinos, in dem auch seine Wahnsinnsparade in der 118. Minute des Europa-League-Finals von Sevilla zu sehen ist. Haben Sie Gott mal gedankt, dass Trapp da alles richtig gemacht hat?
Ich bin zwar gläubig, aber das hat gerade nach meinem Tumor nicht Priorität eins im Gespräch mit dem lieben Herrn. Präsent sind mir aber viele Szenen. Ich habe mich nach dem Finale aufs Podest gesetzt und bin nicht mit in die Traube, weil ich möglichst viel aufsaugen wollte. Die Parade war außergewöhnlich, aber mir ist noch vieles präsent, was sonst niemand so mitbekommen hat. Die Umarmung mit Kevin nach dem Spiel. Die Nähe zwischen zwei Menschen in einem Freudentaumel, das sind Momente, die in Kopf und Herz bleiben.
Frankfurts Nummer zwei Diant Ramaj ist wie Sie ehemaliger Heidenheimer. Muss ein junger Torwart wie er nicht bald regelmäßiger auf hohem Niveau spielen? Oder ist es vorstellbar, dass er Nummer zwei bleibt und irgendwann Kevin Trapp ablöst?
Diant ist ein sehr spezieller Charakter, im positiven Sinn. Bei ihm habe ich manche Sachen anders gesehen als andere. Diant war in Heidenheim die Nummer drei. Wir hatten den Mut und die Fantasie, ihn zu uns zu holen, und er hat auch durch Freundschafts- und Hessenligaspiele große Entwicklungsschritte gemacht. Es ist schon der Plan des Vereins, dass er zu mehr Spielen kommt, weil er die natürlich auch benötigt. Es ist aber auch ein Kompliment für seine Entwicklung, dass wir im Winter gesagt haben, es ist wichtig, dass er bleibt, um unsere Ziele zu erreichen für den Fall X, dass Kevin sich verletzt (klopft auf den Tisch).
Würden Sie an seiner Stelle im Sommer einen Wechsel oder eine Leihe anstreben?
Kevin hat jetzt verlängert, da ist natürlich der naheliegende Schluss, dass Diant verliehen werden könnte. Aber man muss auch einen aufnehmenden Verein finden, wo er garantiert spielt. Hier bei uns wissen wir, wie er ausgebildet wird und welches Training er bekommt. Wenn er bei einem anderen Verein nicht spielt, haben wir kein Benefit. Daher muss man auch den Trainer finden, der einen jungen Torwart aufstellt.
Mit Simon Simoni hat die Eintracht einen 18-jährigen albanischen Nachwuchskeeper verpflichtet. Wie entdeckt man eigentlich so ein Talent?
Wir haben zum Glück die Möglichkeit des Videoscoutings. Und der Torwarttrainer hat vielleicht auch einen an der Meise, weil er sich nachts, wenn die Frau schon im Bett ist, im Scoutingsystem nochmal eher unbekannte Ligen anschaut. Denn warum soll es in anderen Ländern schlechtere Keeper geben? Ich habe dann gesehen, dass Simon schon in der ersten Liga in Albanien gespielt hat und er diese nicht-trainierbaren Eigenschaften mitbringt: Mut beim Rauskommen, Größe, Dynamik. Das sind Sachen, die kann man einem schwer beibringen. Dann hatten wir die Möglichkeit, ihn zu verpflichten. Ihm muss man Zeit geben und ihm Fehler zugestehen. Die gehören zu einer Entwicklung dazu.
Sie sind nicht nur Torwarttrainer der Profiteams, sondern auch für die Kaderplanung der Nachwuchstorhüter zuständig. Wie sehen da Ihre Pläne aus?
Langfristig ist das Ziel, dass wieder ein Frankfurter, ein bei uns ausgebildeter Keeper, im Tor steht beziehungsweise regelmäßig Torhüter aus der eigenen Jugend im Kader sind. Das ist unser Anspruch. Das wird ein paar Jahre dauern, aber wir haben interessante Jungs. U16-Torwart Amil Siljevic etwa. Mit Patric Klandt und Sven Schmitt haben wir auch zwei ehemalige Frankfurter als Torwarttrainer, weil es uns in der Ausbildung wichtig ist, dass Identifikation und Verwurzelung gelebt werden.
Welchen Typ Torwart wollen Sie fördern?
Ich möchte, dass unsere Torhüter mutig sind, dass sie Flanken abfangen und aktiv mitspielen. Aber dass ein 17- oder 18-Jähriger sich mal bei einer Flanke verschätzt, ist ganz normal, erinnern wir uns an den jungen Manuel Neuer. Wenn ich aber die Fehler nicht toleriere, werde ich niemals erreichen, dass mein Torwart besser wird. Ich will dahin kommen, dass wir Torhüter haben, denen es egal ist, wie sie nach außen wirken. Hauptsache, sie helfen der Mannschaft.
Weil wir vorhin bei Freundschaft und Harmonie waren. Es wird viel über das Verhältnis von Trainer Oliver Glasner und Sportvorstand Markus Krösche spekuliert. Sind solche Reibungen in einem Verein ganz normal?
Wenn wir aufhören, miteinander zu reden und kritisch miteinander umzugehen, hören wir auf, uns weiterzuentwickeln. Es muss so sein, dass alle Parteien kritikfähig und reflektiert sind. Wenn die Basis gelegt ist, dann ist das essenziell. Wenn ich bei Kevin nur das mache, was bequem für ihn ist, werden wir uns niemals streiten. Aber er wird sich nicht mehr weiterentwickeln.
Ihre beiden Ex-Vereine Heidenheim und Darmstadt 98 kämpfen in Liga zwei um den Aufstieg. Verfolgen Sie beide Teams noch intensiv?
Sie werden es mir in Heidenheim verzeihen: aber die Lilien tatsächlich aufmerksamer als die Heidenheimer. Aber in dieser Saison ist es einfach, weil beide in der gleichen Tabellenregion unterwegs sind.
Wie blicken Sie auf Ihre Zeit in Darmstadt zurück?
Das waren Zeiten, die ich nicht missen möchte. Ich habe nach dem DFB-Pokalspiel gesagt, ich möchte nächste Saison zweimal gegen sie spielen. Gerade nach meiner Schultereckgelenksprengung hatte ich mich mental schon vom Profifußball verabschiedet, dann kamen zwei Aufstiege, das war Wahnsinn. Wir waren eine verschworene Truppe aus Spielern, die anderswo abgeschoben und nicht mehr gewollt waren und die es dann wie Phönix aus der Asche der Liga gezeigt haben. Das war schon sehr spezielle und eine emotionale Zeit.
Wer macht das Aufstiegsrennen in Liga zwei?
Es tut mir leid für den HSV, aber ich glaube, sie spielen wieder Relegation. Und meine beiden Ex-Clubs steigen auf. Da gibt es keine Diskussion (lacht).
Und was erwarten Sie noch von der Eintracht in den restlichen Spielen?
Wir sollten uns darauf konzentrieren, am Freitagabend das Heimspiel gegen Bochum zu gewinnen. Sie haben gegen Leipzig gezeigt, wie schwer es gegen jeden Gegner in der Liga ist. Und natürlich haben wir das Ziel, am Dienstag gegen Union zu gewinnen und den DFB-Pokal zu holen. Aber das ist Zukunftsmusik. Wer zu weit vorausdenkt, vergisst die Gegenwart.