In Paderborn sieht der Coach trotz des 2:1-Erfolges noch viel, was besser werden sollte. Unterm Strich überwiegt jedoch die Freude: Er sei "happy", sagt der Taktiktüftler.
PADERBORN. Der SV Darmstadt 98 hat das Spitzenspiel der Zweiten Fußball-Bundesliga gewonnen: Beim SC Paderborn gewann die Mannschaft von Trainer Torsten Lieberknecht am Freitagabend mit 2:1 (2:1). In der ersten Halbzeit war es lange ein offener Schlagabtausch, nach dem 2:1 verlegten sich die Darmstädter dann auf die Defensive - was gelang.
"Es war ein Arbeitssieg, wir sind happy über die drei Punkte", sagte Lieberknecht, "aber wir wissen, dass wir uns auch individuell noch steigern müssen, um auch die nächsten Spiele erfolgreich zu gestalten - unter anderem den nächsten Kracher gegen Düsseldorf". Er habe zuvor von einer der stärksten Mannschaften der Liga gesprochen, "und das ist nicht einfach so dahergesagt. Es war wirklich Schwerstarbeit, die wir verrichten mussten".
Lieberknecht musste auf Klaus Gjasula verzichten: Der frühere Paderborner (2018 bis 2020) hatte sich bei der jüngsten Länderspielreise mit Albanien einen Muskelbündelriss im Oberschenkel zugezogen. Für ihn kehrte Christoph Zimmermann in die Startformation zurück, er spielte zentral in der Dreierkette. Wieder dabei war Matthias Bader, für den erwartungsgemäß Frank Ronstadt auf der Bank Platz nahm. Gänzlich fehlte Mathias Honsak, der sich aktuell mit Rückenproblemen herumplagt. Auf der Gegenseite fehlten die verletzte Ex-Lilie Felix Platte ("nächste Woche sollte es aber wieder gehen") und Marvin Mehlems älterer Bruder Marcel.
Es begann richtig schlecht für den SV 98: Ein langer Ball landete bei Robert Leipertz, der ließ Bader und Patric Pfeiffer stehen und spitzelte den Ball auch noch an Keeper Marcel Schuhen vorbei - 1:0 (4.). Das brachte den Schlussmann mal so richtig in Rage - er zeterte lautstark. Ein paar Sekunden später gab es dann auch noch Strafstoß gegen die Lilien: Pfeiffer wollte den Ball wegschlagen, Dennis Srbeny hielt den Fuß rein - eine ziemlich umstrittene Entscheidung, die jedoch nicht das 2:0 brachte: Schuhen parierte gegen Marvin Pieringer, auch den Nachschuss von Julian Justvan wehrte er ab - das war ganz stark (7.). Und es ging direkt munter weiter, an Durchatmen war erst einmal nicht zu denken: Braydon Manu traf per Kopf (!) zum 1:1 (10.), die präzise Flanke hatte Tobias Kempe geschlagen.
Die Partie beruhigte sich nach einer Viertelstunde, beide Mannschaften versuchten sich jetzt doch mal etwas mehr auch in Sachen Defensivarbeit. Eine Schrecksekunde gab es nach 22 Minuten, als Paderborns Raphael Obermair Schuhen mit dem Knie am Kopf erwischt - der Torwart konnte weitermachen. Und sich über die 2:1-Führung freuen: Kempe brachte einen Freistoß weit in den Strafraum, Jannik Müller traf wie schon zuvor Manu per Kopf (24.). Hinten ließen die Lilien fortan im Gegensatz zum Beginn nichts mehr zu. Paderborn suchte den Weg nach vorne, fand ihn aber selten. Somit ging das 2:1 zur Halbzeit denn auch in Ordnung. Nach der Pause warfen die Gastgeber wieder mehr nach vorne - Jannik Müller klärte in höchster Not vor Pieringer (48.). Drei Minuten später hatte der Paderborner Stürmer das 2:2 auf dem Fuß, doch sein Schuss flog rechts am Tor vorbei - da hatten die Lilien Glück (51.). Genau wie nach 59 Minuten, als ein Schuss von Justvan aus ähnlicher Distanz ähnlich knapp rechts am Tor vorbeiflog. Es waren bange Minuten, die da zu überstehen waren.
Nach vorne ging derweil lange nichts mehr. Bis zur 67. Minute: Da fasste sich Bader ein Herz und zog nach einem Konter einfach mal ab - Außenpfosten. Manus Schuss wurde von SCP-Keeper Jannik Huth an den Pfosten gelenkt (73.), auch das hätte die Entscheidung sein können. Genau wie bei Ronstadts Versuch, der zur Ecke abgewehrt wurde (85.). Weil zudem ein paar Konter nicht gut ausgespielt wurden, musste man bis lange zittern - umso größer war am Ende der Jubel.
"Wir hatten einen schlechten Beginn", sagte Lieberknecht, "und dann hatten wir die Situation, dass Marcel einen Elfer immer halten kann. Das war einer der wichtigsten Momente in diesem Spiel". Hätte es 0:2 gestanden, wäre man wohl nicht zurückgekommen, gab der Lilien-Trainer zu. "Und dann war der Ausgleich natürlich auch wichtig. Aber danach war es wirklich ganz viel Arbeit." SCP-Trainer Lukas Kwasniok ("es war ein verdienter Lilien-Sieg") änderte permanent das System, Lieberknecht musste permanent reagieren. "Er hat sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen und wir mussten dagegenhalten, um die defensive Grundordnung auf dem Platz halten zu können", sagte Lieberknecht. Was letztlich ja auch gelungen war.
Am wichtigsten aber war ihm die Leidenschaft, mit der sein Team agiert hatte. "Und wir hatten auch mal Spielglück, das muss man ehrlich sagen. Das hatten wir heute einfach gegen eine Mannschaft, die zuvor kein Heimspiel verloren hatte." Was die Lilien am Freitagabend änderten.