Showdown in Koblenz

LAHNTAL - Biedenkopf/Koblenz. Hopp oder Top! Für die KTV Obere Lahn kommt es am heutigen Samstag (18 Uhr) in Koblenz zum Showdown in der 2. Turn-Bundesliga Nord. Nur mit einem Auswärtssieg kann das Team aus Biedenkopf die KTV Fulda, die beim designierten Meister Frankfurt chancenlos sein wird, in der Tabelle überholen und damit die Klasse halten. Cheftrainer Albert Wiemers erwartet in der CGM-Arena einen „Tanz auf Messers Schneide“. Und den muss seine Mannschaft höchstwahrscheinlich ohne ihren besten Turner Andrey Likhovitskiy absolvieren.

„Es sieht so aus, dass Artur Davtyan einen Sechskampf wird turnen müssen, weil Andrey wegen einer privaten Verpflichtung wohl nicht antreten kann. Er versucht, die Sache noch zu umgehen. Die endgültige Entscheidung fällt hoffentlich noch heute Abend“, kommentierte Albert Wiemers die heikle Personalsache am Freitagnachmittag. Der mögliche Ausfall Likhovitskiys bereite ihm „schon Bauchweh“, gesteht der Trainer, ist aber guter Hoffnung, dass sich die Dezimierung auf der Ausländerposition „nicht sonderlich negativ auswirken würde, weil natürlich auch Artur ein hervorragener Sechskämpfer ist“. Zu belegen ist dies mit dem Mehr- kampfergebnis des Armeniers bei der jüngsten Weltmeisterschaft in Stuttgart, wo er sich mit 80,898 Turnpunkten als 37. für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizierte, und mit Platz 8 (83,097) bei den letzten europäischen Titelkämpfen.

Trotzdem bekäme Albert Wiemers‘ noch am Mittwoch geäußerte Feststellung, „wir sind auf der Ausländerposition stärker besetzt“, durch einen Ausfall des russischen KTV-Jugendtrainers einen dicken Kratzer. Denn an die Übungen Likhovitskiys am Seitpferd, Barren und Reck, die zum Besten zählen, was es an diesen Geräten in der Welt zu sehen gibt, reicht der 27-jährige Mann aus Jerewan nicht ganz heran.

Koblenz hat zwei ausländische Gastturner im Aufgebot. Der 24-jährige Alexey Kosyanov (Wiemers: „Ein guter, ordentlicher, russischer Turner“) war bislang immer im Einsatz und bot als Sechskämpfer Übungen mit einem Ausgangswert zwischen 4,5 (Ringe) und 5,4 (Boden) an. Der aufstrebende 20-jährige Niederländer Loran de Munck war nur in den beiden Heimwettkämpfen und am vergangenen Samstag beim 39:35-Sieg in Großen-Linden dabei und hat an Pferd und Barren Kunststücke zu bieten, die sich auf einen Ausgangswert von 5,3 addieren.

„Für uns wäre ein Sieg am Samstag das i-Tüpfelchen einer grandiosen zweiten Hälfte der Saison“, betont Koblenz‘ Allrounder Angelo Schall. Die Leistungssteigerung der Rheinländer ist auch verbunden mit der Genesung von Vladimir Klimenko. Der Sohn der russischen Turnlegende Viktor Klimenko fehlte in den ersten drei Wettkämpfen noch wegen Achillesfersenproblemen. Mit ihm setzte Koblenz eine Teambestmarke von 293,55 Turnpunkten, die Obere-Lahn-Riege brachte es mit Likhovitskiy bislang bestenfalls auf 287,6.

Trotzdem glaubt Albert Wiemers, „der Wettkampf wird eine spannende Geschichte. Gewinnen wird die Mannschaft, die sicherer turnt“. Sicher geturnt hätten seine Jungs vor Wochenfrist im letzten Heimwettkampf nicht. Die „kleinen Fehlerchen, die bei neu eingebauten Elementen gemacht wurden“, fichten den Coach aber nicht an, „denn gegen Heidelberg war unsere Devise, es darf was riskiert werden, weil wir auch bei optimalem Verlauf nicht gewonnen hätten. Wir haben diese Woche daran gearbeitet, die Übungen so zu optimieren, dass sie in Koblenz sicher klappen“. Stabilisiert hat sich nach überstandenen Bänderrissen vor allem Felix Weber. „Er kann wieder an allen Geräten Abgänge turnen, auch am Barren“, berichtet Albert Wiemers, „das sieht natürlich gleich anders aus, als wenn er nur runter hüpft“. Marvin Schusters Schulter ist wieder so heil, dass er unbedingt über den Sprungtisch wirbeln will. Michel Bürgel hat letzten Samstag ein blitzsauberes Zweitliga-Debüt hingelegt. „Die Jungs haben gut trainiert“, so der Trainer. Bis auf seinen Sohn Felix. Der hatte unter der Woche bei der hervorragenden Schneelage in den Alpen als Profiskifahrer wintersportliche Verpflichtungen zu erfüllen, wird in Koblenz aber ebenfalls an die Geräte gehen.

Bei der KTV Koblenz erinnerte man sich gerne an die „schon einige Jahre zurück liegenden Wettkämpfe gegen die sympathische Truppe aus Hessen“ und „freut sich auf ein Wiedersehen“. Auch wenn Trainer Ralf Schall „gerne möglichst vielen Jungs die Chance geben möchte, vor heimischem Publikum zu turnen, steht ein Sieg natürlich im Vordergrund“, betont Angelo Schall. Man werde aber „natürlich akribisch mitzählen, um nicht die maximale Anzahl von zehn Turnern zu überschreiten“.

Diese Aussage lässt durchaus vermuten, dass die Gastgeber das Saisonhalali nicht mehr ganz so ernst nehmen. Eine Hoffnung, die auch durchklingt, wenn Albert Wiemers spekuliert: „Koblenz kann weder auf- noch absteigen. Es ist die Frage, ob bei denen wirklich alle Mann an Deck sind“. Der Coach vertreibt solche Gedanken aber auch sofort aus seinem Kopf: „Aber das ist dummes Werk – wir wollen sportlich gewinnen!“