Wassergraben jagt keinen Schrecken ein

Cora Striebinger auf ihrem Pony Nessie auf dem Parcours in Grünberg. Kai Wörtge assistiert als Fußgänger am Zügel. Foto: Schepp
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Sechsjährige Cora Striebinger ist mit ihrem Pony Nessie bei der Führzügelklasse in Grünberg dabei.

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GRÜNBERG. Die erste Sorge von Cora Striebinger ist, dass ihre Nessie ja auch eine Belohnung aus dem Eimer mit Möhrchen erhält. Ihr sportliches Abschneiden mit dem beigefarbenen Pony beschreibt die junge Reiterin, die in wenigen Tagen sieben Jahre alt wird, mit "ganz gut". Womit sie im krassen Gegensatz zu ihrer Mutter Melanie steht, die mit einem "Das war ja nichts" angeeilt kommt. Na ja, die 6,50 Punkte, die das Duo vom Verein der Pferdefreunde Alten-Buseck erhalten hat, reichen nicht ganz zu einem Spitzenplatz. Johanna Felicitas Loth aus Mücke kann auf Penlowyn Stanley als Siegerin des Führzügelwettbewerbs Cross Country beim Reitturnier in Grünberg stolze 7,50 Zähler vorweisen.

Aber, und das muss schon gleich erwähnt werden, ganz so wichtig sind die Punkte bei der Prüfung Nummer 28 in Grünberg nicht. Denn es handelt sich hier um die Einsteigerklasse in den Turniersport. "Für Kinder ist das eine ganz wichtige Einstiegsprüfung", findet Sabine Müller, die Vorsitzende des gastgebenden Reit- und Fahrvereins. Der Hauptunterschied zu allen anderen Prüfungen: Wie der Name "Führzügel" schon sagt, wird der Vierbeiner von einer weiteren Person an einem Strick am Zügel über den Parcours geführt. Bei Cora Striebinger ist das für diesen Tag der aktive Reiter Kai Wörtge vom RSC Hungen. Die von den Richtern vorgegebenen Aufgaben werden aber in erster Linie von den Reiterinnen, in Grünberg sind nur ganz junge Amazonen am Start, abgearbeitet. "Der Führer dient zur Sicherheit des Kindes und greift bei Bedarf ein", wird das Verhältnis zwischen den beiden Zweibeinern dieses Wettbewerbs in der offiziellen Vorgabe beschrieben. Als Dank am Ende klopfen die Teilnehmerinnen ihrer Führungsperson auf den Helm.

Nach einem ersten Kennenlernen der Anlage und der Aufgaben bestreiten die Teilnehmerinnen zusammen und wie an einer Schnur hintereinander mit ihren Ponys und Pferden den Wettkampf. Kritisch begleitet vom Kampfrichterteam, das auch nach dem Ritt durch die Zielpassage individuelle Kommentare und Verbesserungsvorschläge an die einzelnen Kinder richtet.

Das Besondere beim Grünberger Reitturnier ist das "Cross Country". Denn in der Regel finden die Führzügelprüfungen in Reithallen auf einem Sand-Rechteck statt. Bei den "Buschreitern" in Grünberg geht es hinaus ins Freie, auf den nicht minder griffigen Grasboden des weitläufigen Parcours am Fuße der Gallusstadt. Und wie bei den anderen Geländeprüfungen müssen auch die Anfängerinnen durch das Wasserhindernis.

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Eigentlich ist das für die aus Gießen stammende Cora Striebinger kein Problem. Denn als sie vor zwei Jahren vierjährig ihre Wettkampfpremiere feierte, war das ebenfalls in Grünberg und dabei ging es genauso durch das nasse Element. Das Wasser kann der jungen Reiterin keinen Schrecken einjagen. Diesmal, bei der fünften Turnierteilnahme des Duos, lief es aber bei der Springprüfung einfach nicht rund. Denn in die Wertung kommt auch die Beherrschung der verschiedenen Gangarten des Reitens.

Doch für Cora Striebinger scheint das vergleichsweise schlechte Abschneiden in diesem Wettbewerb nur Nebensache zu sein. Das Hauptaugenmerk gilt ihrem Pony. "Sie hat alles gemacht, was ich wollte", ist die Sechsjährige zufrieden mit dem Auftritt von Nessie vor dem begeisterten Publikum. Der kleine Vierbeiner hat immerhin schon 21 Jahre auf dem Buckel. "Das ist für ein Pony kein Alter", relativiert Mutter Melanie die Jahre des schmuck herausgeputzten Tieres. "Es sollte eigentlich schon geschlachtet werden", berichtet Melanie Striebinger, von Beruf Hufschmiedin, von der seinerzeitigen Rettungsaktion für ihre Tochter. Die zu Zöpfen geflochtene Mähne kündet von viel Engagement der Besitzerfamilie.

Ein paar Schritte entfernt davon lernt Johanna Felicitas Loth, als Zweitjüngste des siebenköpfigen Starterfelds dem Jahrgang 2015 entstammend, eine weitere Lektion des Turniersports. Ihr gutes Abschneiden in diesem Wettbewerb wird nicht nur mit einer Siegerschleife, sondern auch mit einem Preis belohnt: Sie erhält eine lila Reithose. Aber natürlich darf sie sich für Penlowyn Stanley auch aus dem Eimer mit den Möhrchen bedienen.