„Legales Doping“ – das empfiehlt der Mainzer Dr. Elmo Neuberger

Einer Studie mit knapp 500 Fitnessstudio-Besuchern in Mainz zufolge nutzen zwei Drittel der Befragten regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel. Foto: vrm

Nahrungsergänzungsmittel sind im Breitensport sehr stark vertreten. Welche Mittel wirklich helfen und von welchen ambitionierte Sportler besser die Finger lassen sollten.

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MAINZ. Wer ambitioniert Sport treibt, stößt irgendwann an seine Grenzen. Diese zu verschieben, ist enorm mühsam. Das macht die Verlockung von Hilfsmitteln aus. Im Netz wimmelt es vor Tipps und Angeboten zu „legalem Doping“. „Nahrungsergänzungsmittel sind im Breitensport sehr stark vertreten“, sagt Dr. Elmo Neuberger, Leiter des molekularbiologischen Labors am sportmedizinischen Instituts der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Einer Studie mit knapp 500 Fitnessstudio-Besuchern in Mainz zufolge nutzen zwei Drittel der Befragten regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel. Welche aber helfen wirklich etwas, welche machen falsche Versprechen und welche sind schädlich?

Das hilft: Kreatin „ist eine körpereigene Substanz, die wir selbst produzieren“, erläutert der Experte, „aber ein gewisser Teil sollte durch die Nahrung aufgenommen werden“. Die Substanz erhöht die Kapazität für den Energietransfer in den Zellen. Über zehn, 15 Sekunden kann der Körper dadurch hochintensive Belastungen bewältigen. Zudem wird das Muskelwachstum positiv beeinflusst. Weil die Langzeitfolgen noch nicht hinreichend erforscht sind, rät Neuberger von dauerhafter Verwendung ab.

Koffein „ermöglicht, eine hohe Leistung konstant zu halten“. Die Stimulierung von Antrieb und Konzentration lässt Leistungssteigerungen bei Langzeitbelastungen zu. Zu viel Kaffee (nicht nur) vor dem Sport kann aber zu Herzrasen führen. Außerdem kann es sein, dass der Körper sich daran gewöhnt.

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Puffer-Substanzen wie Bicarbonat oder Beta-Alanin schieben die Belastungsgrenze nach oben. Bicarbonat beispielsweise puffert in den Zellen den pH-Wert herunter, wodurch kurzzeitige, intensivere Belastungen möglich werden. Wie bei allen legalen und „gesunden“ Hilfsmitteln hilft es allerdings nur, ein intensiveres Training zu bewältigen – die Muskeln wachsen nicht von alleine.

Rote-Beete-Saft ist ein nützlicher Wegbereiter für Trainingsanfänger. Die Gefäße werden erweitert, Sauerstoff wird optimal genutzt. So lässt sich die Ausdauer besser steigern.

Das hilft nicht: Testo-Booster „würde ich zuallererst nennen“, sagt Neuberger. Sie sollen den Testosteronspiegel steigern, „aber das machen sie nicht“. Punkt.

L-Carnitin „soll als Shuttle gut für die Fettverbrennung sein, bringt aber überhaupt nichts“, betont Neuberger. Die körpereigene Verbindung spielt zwar eine zentrale Rolle beim Energiestoffwechsel, komme aber supplementiert überhaupt nicht dort an, wo es wirken sollte.

Das könnte schaden: Pre-Workout-Booster seien nicht empfehlenswert. „Das sind Mixturen von unfassbar viel Zeug“, sagt der Wissenschaftler. Neben nützlichen Zutaten, die vor dem Training pushen, seien immer wieder auch verbotene Substanzen enthalten wie das DMAA, das sogar zu Todesfällen wegen Überlastung geführt habe. Verbote würden gern durch ähnlich wirkende Substanzen, die „noch nicht verboten“ seien, umgangen – oder bei Importen ignoriert. Da es sich nicht um Medikamente handelt, fielen wesentlich schwächere Kontrollen an. Auch mit Steroiden versetzte Mischungen seien „nicht so selten“.

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Fatburner seien ebenfalls vielfach mit amphetaminähnlichen Substanzen versetzt. „Das Energielevel wird erhöht, deswegen wirken sie. Aber wegen der verbotenen Substanzen sollte man davon die Finger lassen.“

BCAA, verzweigtkettige Aminosäuren, fördern das Muskelwachstum. Mit dem Präparat gefütterte Mäuse entwickelten jüngst ein krankhaft übertriebenes Fressverhalten. Auch negative Auswirkungen auf das Gemüt durch einen niedrigeren Serotoninspiegel legte die Studie nahe.

Multivitaminpräparate verführen zur Nutzung nach dem Motto „Viel hilft viel“. Aber ein Vielfaches des Tagesbedarfs auf einen Schlag abzudecken – „da sagt mir schon mein inneres Gefühl, dass das nicht gesund sein kann“, betont Neuberger. Man tue gut daran, sich am Optimalwert zu orientieren.

Fazit: Steroide, egal in welcher vermeintlich noch so harmlosen Ersatz-Variante, lassen wir links liegen. Eiweiß nach dem Training ist gut für die Regeneration, Magnesium hilft gegen Krämpfe, Kohlenhydrate liefern die Energie für den Muskelaufbau – dass Training effektiv ist, lässt sich über den täglichen Speiseplan regulieren. „Eine ausgewogene Ernährung ist das Beste, was man machen kann“, sagt Neuberger. Auf dieser Basis ist gegen den dosierten Einsatz nützlicher und legaler Ergänzungsmittel nichts zu sagen.