Bewegung fördert die Gesundheit: Wie ich mich für die Trainingseinheit motiviere – und sie in den Alltag integriere. Eine Ärztin und ein Trainer geben Tipps.
Mainz. Raus in die Natur! Bewegen! Die Glückshormone nehmen uns an der Hand und führen uns an die frische Luft. Was ist bei sportlicher Betätigung zu beachten? Eine Ärztin und ein Personal Trainer geben wichtige Infos, sprechen über Ziele, den inneren Schweinehund und wie der Spaß an der Bewegung möglichst lange anhält.
Warum steigt im Frühling die Lust auf Sport?
Dr. Kathrin Stelzer: Nach einer langen dunklen Zeit werden die Tage wieder länger. Durch die Helligkeit wird weniger Melatonin, unser Schlafhormon, produziert. Darüber kommt es zu einer gesteigerten Produktion von Serotonin, Dopamin und Noradrenalin, unseren Glückshormonen. Zudem wird über die Haut die Vitamin-D-Produktion wieder mehr aktiviert. Wir sind zufriedener und glücklicher, nehmen äußere Eindrücke verstärkt wahr. All dies zieht uns nach draußen.
Das passt sehr gut – denn über den Winter sind einige Pfunde dazugekommen...
Dr. Kathrin Stelzer: Den Fokus auf das Aussehen dürfen wir als Nebeneffekt wahrnehmen, viel wichtiger ist jedoch der Fokus auf die Gesundheit. Denn jede Art von Bewegung an der frischen Luft, egal zu welcher Jahreszeit, fördert unsere Gesundheit langfristig.
Wie sollte ich den Sport angehen?
Philipp Stieber: Setzen Sie sich realistische kleine Trainingsziele. Suchen Sie sich vielleicht einen Trainingspartner zur Motivation und den damit verbundenen kleinen terminlichen Druck. Immer vor Augen halten: Verkürzte Einheiten sind immer besser als gar keine.
Dr. Kathrin Stelzer: Meine Empfehlung gerade zu Beginn: Die Natur genießen, sich umschauen, wahrnehmen. Dann trainiert man meist im moderaten Herzfrequenzbereich, es drohen keine Ausfälle wegen Infekten oder Verletzungen und der Spaß am Sport bleibt auch über die ersten beiden Wochen hinaus bestehen.
Sollte ich zum Arzt, bevor ich mit Sport starte?
Dr. Kathrin Stelzer: Ein Check Up wird empfohlen, wenn man älter als 35 Jahre ist und über sechs Monate keinen Sport getrieben hat. Zudem sollte eine sportmedizinische Untersuchung durchgeführt werden, wenn Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck oder Herzerkrankungen in der Familie vorliegen. Die Liste ist noch länger, wenden Sie sich im Zweifel an Ihren Arzt.
Was wird dabei gecheckt?
Dr. Kathrin Stelzer: Das sollte individuell bestimmt werden. Ich bespreche dies in einem persönlichen Gespräch. Jeder bekommt eine komplette körperliche Untersuchung und ein Ruhe-EKG. Erweitert und in bestimmten Situationen sehr sinnvoll sind ein Ultraschall vom Herz, ein Belastungs-EKG und zur individuellen Planung eine Spiroergometrie. Hierbei können wir Aussagen zum Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel, zur individuellen Schwelle sowie zu den Trainingszonen geben.
Wie finde ich den richtigen Sport für mich?
Philipp Stieber: Das Wichtigste ist der Spaß an der Bewegung. Suchen Sie sich also Sportarten, die Ihr Interesse wecken und persönliche Stärken unterstreichen. Das ist die Grundlage für Motivation und Regelmäßigkeit – und somit auch für das Erreichen der sportlichen Ziele. Begleiten Sie vielleicht auch Freunde zu ihren Sportarten, im Freundeskreis treffen wir häufig auf Personen, die ähnliche Vorlieben haben.
Wenn er sich vor der Trainingseinheit meldet – wie überwinde ich den inneren Schweinehund?
Philipp Stieber: Ich empfehle meinen Klienten, sich ihre Ziele vor Augen zu führen. Und wie sie sich fühlen würden, wenn Sie diese erreicht haben. Sehen Sie die Bewegung als Energiespritze gegen Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Unlust. Je größer die Schweinehund-Hürde ist, desto größer wird auch das Glücksgefühl und der Stolz sein, diese doch gemeistert zu haben. Besucht der Schweinehund Sie trotzdem regelmäßig, würde ich die Sportart überdenken. Ein Wechsel bringt häufig wieder mehr Freude und Motivation.
Wie kann ich Sport in den Alltag integrieren?
Philipp Stieber: Verschaffen Sie sich einen ehrlichen Überblick über Ihre frei verfügbare Zeit. Wann, wie viel und wie häufig haben Sie Zeit für Ihr sportliches Vorhaben? Informieren Sie Ihr Umfeld von Ihren Plänen, um mehr Freiheit, Unterstützung und Verständnis zu bekommen. Zudem mehr bewegen, auch abseits des Sports.
Ich war in den vergangenen 15 Jahren ein Sportmuffel – wie komme ich in Bewegung?
Philipp Stieber: Unsere Gesundheit ist Hauptmotivator für ein Umdenken des eigenen Lebensstils. Etwas zwickt, die Treppe strengt viel mehr an als früher, die Hose passt nicht mehr, ich kann nicht mehr mit meinen Kindern oder Enkeln spielen – ich erkenne, dass ich etwas ändern will. Nutzen Sie dies als Ihren Antrieb, jetzt zu beginnen. Streichen Sie die letzten 15 Jahre – ab jetzt haben Sie die Möglichkeit, etwas zu Ihren Gunsten zu verändern. Man ist nie zu alt dafür, wieder in Bewegung zu kommen.
Welche Fehler sollte ich beim Sport unbedingt vermeiden?
Dr. Kathrin Stelzer: Die Intensität keinesfalls zu hoch wählen. Eine Überlastung sollte vermieden werden. Jede sportliche Betätigung führt zu einer Entzündung im Körper – dies ist normal und ein Stück weit auch gewollt, um einen Fortschritt zu erzielen. Ist jedoch die Entzündung so intensiv und findet keine ausreichende Regeneration statt, drohen Muskelkater, Infekte und Verletzungen. Entsprechend ist es wichtig, sich ausreichend Erholung zu gönnen.
Philipp Stieber: Gehen Sie mit Spaß und Freude Ihren Sport an. Verbissenheit und Zwang erzeugen Stress und führen schnell zum Motivationsverlust. Lösen Sie sich davon, Sport machen zu müssen. Ziel sollte es sein, Sport machen zu wollen. Sehen Sie den Sport als Ausgleich. Geben Sie sich Zeit – nicht gleich zu viel machen, wollen und erwarten.