Münzwurf statt Elfmeter-Lotterie

aus Zeit-Lupe

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Pech gehabt: Wegen eines Münzwurfes fliegt der 1. FC Köln 1965 aus dem Europapokal.Archivfoto: dpa

Der 1. FC Köln scheitert 1965 im Viertelfinale des Europapokals der Landesmeister, weil Gegner Liverpool nach dem 2:2 im Entscheidungsspiel und der Verlängerung mehr Glück...

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. Von Ulrich Gerecke

Früher war alles besser, werden englische Fans sagen. Früher, als es noch kein Elfmeterschießen gab, das gegen die Deutschen sowieso immer verloren geht. Vor dessen Erfindung, Anfang der 1970er Jahre durch einen Deutschen, gilt auf dem Fußballplatz bei Gleichstand bis zum Ende das Motto: ein Mann, eine Münze. Da haben auch Engländer eine Chance.

So geschieht es am 24. März 1965 in Rotterdam. Es geht um den Einzug ins Halbfinale des Europapokals der Landesmeister zwischen dem FC Liverpool und dem 1. FC Köln. Die ersten beiden Duelle sind torlos geblieben, das dritte auf neutralem Platz steht nach Verlängerung 2:2. Also schreitet Schiedsrichter Robert Schaut aus Belgien zur Tat. Eine Münze hat er nicht, aber eine Scheibe, rot auf der einen Seite, weiß auf der anderen – wie die Trikots. Am Ende liegt rot oben – Liverpool jubelt.

Es ist der Höhepunkt einer Auseinandersetzung, die einer emotionalen Achterbahnfahrt gleicht. Das Rückspiel auf der Insel wird um zwei Wochen verschoben, weil an der Anfield Road Schnee liegt. Über den Austragungsort des Entscheidungsspiels gibt es Knatsch: Die „Reds“ wollen nach Glasgow, der FC setzt sich mit dem Vorschlag durch, im Stadion „De Kuip“ in Rotterdam zu kicken. Dort sieht Liverpool nach 36 Minuten dank Toren von Ian St. John und Roger Hunt wie der sichere Sieger aus, aber Karl-Heinz Thielen und Hannes Löhr sorgen für den Ausgleich. Dabei stehen die „Geißböcke“ quasi nur zu zehnt auf dem Platz, weil sich Wolfgang Weber nach 20 Minuten in einem Zweikampf das Wadenbein bricht. Auswechslungen gibt es 1965 ebenso wenig wie Elfmeterschießen.

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Und selbst der Loswurf muss zweimal durchgeführt werden: Beim ersten Versuch bleibt Schauts Scheibe senkrecht im Rasen stecken. Nach dem bitteren Aus klagt Kölns Trainer Georg Knöpfle: „Das Ganze hat doch nichts mit Sport zu tun.“ Immerhin gibt es Trost vom Liverpooler Kollegen Bill Shankly: „Ich muss ehrlich sein: Wir waren nicht das bessere Team.“ Kölner Fans glauben heute noch: Im Elfmeterschießen wäre das nicht passiert.