Nochmal internationale Tanzpaare, nochmal viel Prominenz in der Stadthalle Wetzlar. Am Samstag steigt zum letzten Mal ein Turnier mit Geschichte und Geschichten. Ein Rückblick.
WETZLAR. Das waren noch Zeiten! Eine mit rund 600 Gästen vollbesetzte Stadthalle. Zehn europäische Spitzenpaare. Urs Scherrer, Geschäftsführer des weltweit operierenden Optik-Unternehmens Ernst Leitz, höchstpersönlich vor Ort. Ehrenpreise, gestiftet von Kaufhäusern, die es längst nicht mehr gibt. Ehrenbürger Wolfgang Kühle, der die Wetzlarer Festspiele ins Leben rief, als Turnierleiter. Oberbürgermeister Walter Froneberg schwingt höchstpersönlich das Tanzbein. Friedrich Frech sen., der langjährige Verlagsleiter dieser Zeitung, wird zum Ehrenmitglied ernannt. Und ausgelassene Stimmung bis in die Morgenstunden: Der erste Leica-Ball, der am 3. Oktober 1981 über die Bühne ging, sollte nicht nur die internationale Tanzsport-Szene prägen, sondern auch den Namen der Stadt Wetzlar in alle Welt hinaustragen.
Alles beginnt 1981 mit den Siegern Knaak/Möller
An diesem Samstagabend nun wird Turnierleiter Philipp Feht, seit Mai 1998 Präsident des gastgebenden Schwarz-Rot-Club Wetzlar, den letzten Leica-Ball anmoderieren. Eine Ära geht zu Ende. Es lohnt sich, noch einmal zurückzublicken. Beispielsweise auf ...
... den 13. Leica-Ball im Oktober 1993, bei dem die damals amtierenden Latein-Weltmeister Paul Killick/Inga Haas mit ihrer Beweglichkeit und Ausstrahlung die Wertungsrichter so sehr in ihren Bann zogen, dass ihnen 34 der 35 Einsen an diesem Abend gewiss waren. Das Deutsche Sport-Fernsehen (DSF) berichtete mit Kult-Moderator Hans-Joachim Rauschenbach live, das Siegerpaar aus London und Köln, das für den Frankfurter Kreis am Start war, begeisterte auch Bürgermeister Klaus Breidsprecher, der zugab: "Eine solche Leistung habe ich ja noch nie gesehen."
... den 15. Leica Ball im Dezember 1995, bei dem die Lokalmatadore Volker Schmidt und Ellen Jonas auf Rang neun zwar das italienische Standard-Siegerpaar William Pino und Alessandra Bucciarelli, später German-Open-Sieger und Gewinner beim traditionsreichen Blackpool-Dance-Festival, nicht gefährden konnten, mit ihrer Darbietung aber so sehr gefielen, dass sie spontan zum Opernball nach Wien eingeladen wurden.
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... den 17. Leica-Ball im Dezember 1997, bei dem Kai Eggers und Astrid Lewrenz aus Norderstedt bei Hamburg bei ihrer Anreise erst eine Autopanne im Harz hatten und dann mit ihrem Leihwagen im Stau bei Kassel feststeckten. Das eigentliche Turnier verpassten die beiden Lateinspezialisten deshalb, eine Showeinlage außer Konkurrenz war ihnen aber gewiss.
... den 18. Leica-Ball im Dezember 1998, bei dem die begehrte Kamera für das Siegerpaar erstmals in der Domstadt blieb. Stefan Ossenkop und Pia David, das Spitzenpaar des Schwarz-Rot-Clubs, holte sich Rang eins vor Sascha und Natascha Karabey (Frankfurter Kreis) sowie den Wetzlarern Volker Schmidt und Ellen Jonas.
... den 20. Leica-Ball im Dezember 2000, bei dem das Gießener Siegerpaar Franco Formica/Oksana Nikiforova zwei Tage später die besondere Ehre erhielt, im Rahmen der in Lausanne stattfinden Sitzung des IOC-Exekutivkomitees eine Standard- und Lateinshow zu zeigen, um dafür zu werben, dass der Tanzsport ins olympische Programm aufgenommen wird. Was allerdings bis heute nicht geschehen ist.
... den 25. Leica-Ball im September 2005, bei dem in der nagelneuen Mittelhessen-Arena (heute Buderus-Arena) die beiden Wetzlarer Volker Schmidt und Ellen Jonas ihren Weltmeistertitel in der Senioren I S-Klasse Standard verteidigten. 2000 Besucher waren gekommen, um den Paaren aus Deutschland, Japan, Russland, Österreich, den Niederlanden, Belgien, Italien, Finnland, Spanien, Slowenien, Island und Litauen zuzujubeln.
... den 26. Leica-Ball im Dezember 2006, bei dem die Italiener Stefano di Filippo/Anna Melinikova das internationale Latein-Turnier mit 35 Einsen zu ihren Gunsten entschieden und die 450 Ballbesucher zu Beifallsstürmen hinrissen.
... den 28. Leica-Ball im Dezember 2008, bei dem die Jugend-Weltmeister Charles-Guillaume Schmitt und Elena Salikhova aus Colmar im Elsass, die auch heute Abend als Favorit ins Rennen gehen, den Titel gewannen, die Stars des Abends aber unter den Wertungsrichtern zu finden waren. Denn sowohl die Norwegerin Gunn Bergen Myhrengen als auch Andrea Beer aus Bremerhaven wurden mit ihren Partnern als Aktive jeweils Weltmeister.
... den 32. Leica-Ball im November 2012, bei dem der erst 21-jährige Leica-Gewinner aus Italien, Maurizio Benenato Cono, die Beziehung zu seiner aus Moskau stammenden Partnerin Tatiana Veselkina nicht mehr geheim halten konnte: "Steht das morgen bei Ihnen in der Zeitung?", wollte der junge Mann aus Caserta in der Region Kampanien nach einem Interview wissen. "Wir sind doch erst seit Kurzem ein Paar." Es stand natürlich in der Zeitung.
39 Leica-Bälle fanden in Wetzlar statt. Darunter waren Weltranglistenturniere, Mitteleuropa-Meisterschaften, Weltmeisterschaften, Eurocups, Weltcups und Europameisterschaften. Mit dem 40. Turnier um die begehrte Kamera fällt an diesem Samstagabend der Vorhang.
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