Welche Summen Biontech vom Zehn-Milliarden-Gewinn in Forschung und Entwicklung investiert und warum das Unternehmen viel Geld in ein Aktienrückkaufprogramm steckt.
MAINZ. Die Erwartungen fürs Biontech-Geschäft im abgelaufenen Geschäftsjahr waren ohnehin schon hoch. Mit den nun vorgelegten Zahlen werden diese Erwartungen noch einmal übertroffen. Das Mainzer Biotechnologie-Unternehmen schaffte beim Nettogewinn den Sprung über die zweistellige Milliarden-Marke. Konkret verdiente Biontech mit dem Corona-Impfstoff 10,3 Milliarden Euro. Das bedeutet eine enorm hohe Rendite. Denn der Umsatz belief sich auf rund 19 Milliarden Euro. Der Gewinn pro Aktie lag bei fast 40 Euro. Allein der Umsatzsprung von Biontech lässt das gesamte rheinland-pfälzische Bruttoinlandsprodukt Angaben des Statistischen Landesamtes vom Mittwoch zufolge um 2,9 Prozent wachsen. Insgesamt legte das BIP im Bundesland preisbereinigt nach vorläufigen Berechnungen gegenüber dem Vorjahr um 9,6 Prozent zu.
Wie viel Geld fließt in Forschung und Entwicklung? „Der finanzielle Erfolg im Jahr 2021 ermöglicht es uns, in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen in unsere Forschung- und Entwicklung zu tätigen. Wir beabsichtigen, 2022 zwischen 1,4 Milliarden Euro und 1,5 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung auszugeben, was einer Steigerung von etwa 50 Prozent gegenüber 2021 entspricht“, erklärte Finanzchef und Vorstandsmitglied Jens Holstein. In den kommenden Jahren sollen die Forschungsinvestitionen noch weiter steigen. Biontech hat abseits des Corona-Impfstoffes in der Krebstherapie und anderen Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose, Grippe, Multiple Sklerose und Gürtelrose rund 20 mRNA-Präparate in Studien. In einer Analystenkonferenz sprach Biontech-Chef Ugur Sahin von einem „historisch einmaligen Moment“, um Fortschritte in der Medizin zu erzielen.
Wie werden die Aktionäre am Erfolg beteiligt? Auch die Aktionäre sollen profitieren. Zum einen sollen vom Gewinn bis zu 1,5 Milliarden US-Dollar in ein Aktienrückkaufprogramm gesteckt werden. „Wir möchten so unsere Aktionäre an dem Erfolg teilhaben lassen und für anstehende Ausgleichsverpflichtungen im Rahmen von anteilsbasierten Vergütungsvereinbarungen vorsorgen“, sagte Holstein. Hintergrund: Biontech hat ein Aktienprogramm für Vorstand und Mitarbeiter und will dieses ausbauen. Zum anderen will man der Hauptversammlung eine Sonderdividende von zwei Euro pro Aktie vorschlagen. Knapp 500 Millionen Euro lässt man sich das kosten. Auch zahlte Biontech hierzulande wieder Steuern in Milliardenhöhe. Das Unternehmen schätzt den effektiven Jahressteuersatz auf 28 Prozent. Beglichen wurden an Steuern 2021 den Angaben zufolge insgesamt fast fünf Milliarden Euro (4,75 Milliarden), ein großer Teil davon ging an die Stadt Mainz.
Wie sehen die Prognosen für 2022 aus? Im nächsten Jahr werden die Mainzer allerdings die Rekordjagd nicht in der Weise fortsetzen wie bislang. Da die Preise für Corona-Impfstoffe sinken, mehr Konkurrenten auf den Markt drängen und Biontech verstärkt Ländern mit niedrigerem Einkommen mit Impfstoff „zu einem nicht gewinnorientierten Preis“ verkaufen will, erwartet das Management Umsätze mit dem Covid-19-Impfstoff von 13 bis 17 Milliarden Euro. Entsprechend dürfte auch der Gewinn nachlassen. Bislang haben die Mainzer nach eigenen Angaben 1,3 Milliarden Impfdosen an ärmere Länder geliefert. Bis Ende 2022 sollen es laut Sahin mehr als zwei Milliarden werden. „Um unsere Vorreiterrolle in der Branche fortzuführen, möchten wir auf unserem Erfolg von 2021 aufbauen und mehrere Programme zügig durch die Entwicklung bringen. Dazu gehören unsere mRNA-basierten Immuntherapien, Zelltherapien und bispezifischen Antikörper“, sagte Sahin. Gleichzeitig investiere man in die zweite Wachstumssäule – Infektionskrankheiten – und wolle gemeinsam mit dem Partner Pfizer die Entwicklung der Impfstoffkandidaten gegen Grippe und Gürtelrose weiter vorantreiben, so Sahin. „Zudem beabsichtigen wir, stark in die Bereiche regenerative Medizin und Autoimmunerkrankungen zu investieren.“
Wie geht es mit Omikron-Impfstoff weiter? Das Unternehmen geht davon aus, im April erste Daten der klinischen Studie zur Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit eines auf die Omikron-Variante zugeschnittenen Impfstoffs zu veröffentlichen, die mögliche Zulassungsanträge unterstützen sollen. An der Studie nehmen rund 2150 Erwachsene teil. Untersucht werden das derzeitige Covid-19-Vakzin und ein Omikron-basierter Impfstoff sowohl bei Probanden, die bereits geimpft wurden, als auch bei bislang Ungeimpften. Medizin-Vorstand Özlem Türeci betonte, bei den aktuellen Studien gehe es eher „um ein an Omikron angepasstes als um eine Omikron-spezifisches“ Vakzin, da das Ziel eine breitere Immunreaktion von Impfungen auch gegen andere Varianten sei.