Jeder redet über steigende Gas-Preise und die Entlastung der Betroffenen. Aber was ist eigentlich mit dem Heizöl-Markt? Wie haben sich die Preise im Vergleich entwickelt?
WIESBADEN/MAINZ. Heizen mit Gas ist teurer als jemals zuvor. Die Unsicherheit über die Versorgungslage treibt die Preise weiter nach oben. Die Entlastung der betroffenen Verbraucher dominiert die öffentliche Debatte. Aber was ist mit Heizöl-Kunden? Bleiben sie auf der Strecke? Wie groß sind die Preissprünge im Vergleich von Gas und Heizöl?
Der Angriffskrieg Russlands hat auch auf dem Heizöl-Markt für Turbulenzen gesorgt. Die Unsicherheit über die Versorgungslage führte zunächst zu einem Kundenansturm, der den Heizölpreis extrem antrieb. Am 9. März wurde schließlich das bisherige Rekordhoch von 2,14 Euro je Liter bei einer Bestellmenge von 3000 Litern erreicht, wie die Preisvergleichsplattform Heizöl24 feststellt.
Nach Panikkäufen hat sich der Markt etwas beruhigt
Der Verband Energiehandel Südwest Mitte (VEH) warnte sofort vor Hamsterkäufen. Weder gebe es eine physische Verknappung auf dem Markt, noch sei die Versorgungssicherheit gefährdet, betonte VEH-Geschäftsführer Hans-Jürgen Funke. Nach der ersten Welle von Panikkäufen beruhigte sich der Markt etwas. Jüngst folgte der Heizöl-Preis zunächst dem sinkenden Rohöl-Preis, was gleich wieder Kunden anlockte. „Erschrocken von der Wucht der Bestellwelle und unter dem psychologischen Einfluss der allgegenwärtigen Gasknappheitsdebatte drehten die hiesigen Heizölnotierungen doppelt so stark nach oben, wie die Ölpreise an den internationalen Börsen“, lautet die Einschätzung bei den Marktbeobachtern von Heizöl24. Der schwache Euro dämpft zusätzlich den Effekt des sinkenden Ölpreises, da Öl in Dollar gehandelt wird. Aktuell liegt der Heizöl-Preis bei 1,57 Euro je Liter. Vor einem Jahr mussten Kunden nur 0,66 Euro je Liter ausgeben.
Für den weiterhin hohen Heizöl-Preis werden weitere Gründe genannt. So hatte Deutschland einen relativ hohen Anteil von Gasöl – dem Raffinerievorprodukt von Heizöl und Dieselkraftstoff – aus Russland bezogen. Diese Lieferungen konnten zwar vergleichsweise schnell ersetzt werden, aber eben nur zu höheren Preisen. Außerdem verteuert das Niedrigwasser auf dem Rhein den Heizöl-Transport. Gleichzeitig prüfen immer mehr Unternehmen, ob und in welchem Umfang sie Gas durch Heizöl ersetzen können. Der Chemiekonzern BASF rechnet beispielsweise damit, dass durch den Einsatz von Heizöl etwa 15 Prozent des eigenen Erdgas-Verbrauchs eingespart werden kann. Der Wirtschaftsverband Fuels und Energie berichtet, dass viele Unternehmen ihre Anlagen und Kraftwerke soweit möglich auf Heizöl umstellen, um die Versorgung zu sichern. Diese zusätzliche Nachfrage treibt den Preis ebenfalls hoch.
Der aktuelle Heizölpreis beträgt nach Berechnungen der Internetvergleichsplattform Check24 umgerechnet etwa 15 Cent je Kilowattstunde. Neuverträge für Erdgas würden dagegen derzeit mit Kosten von rund 22 Cent je Kilowattstunden angeboten. Der durchschnittliche Gas-Preis für alle Verbraucher erreichte nach Beobachtung von Check24 im August einen neuen Rekord: Ein Muster-Haushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden zahlt demnach im Schnitt 3.717 Euro im Jahr für Gas. Das entspricht einem durchschnittlichen Preis von 18,6 Cent je Kilowattstunde. Im August 2021 kostete die gleiche Menge Gas noch 1306 Euro. Das bedeutet ein Plus von 185 Prozent.
Vertragsart entscheidet über Betroffenheit
Hinzu kommt die Belastung durch die Gasumlage, die die Energieversorgung sichern soll. Ein Musterhaushalt muss nach den Rechnungen der Internetplattform bei den aktuellen Preisen jährlich mit zusätzlichen Ausgaben von 518 Euro rechnen. Die Entlastung durch die Mehrwertsteuersenkung um 433 Euro kann das derzeit nicht ausgleichen. Es bleiben unter dem Strich Mehrkosten von 85 Euro im Jahr.
Wann die höheren Gas-Preise endgültig die letzten Haushalte erreichen, hängt von deren Vertrag ab. Wenn der Energieversorger den Preis über eine Laufzeit von ein oder zwei Jahren garantiert hat, ist eine kurzfristige Erhöhung nicht einfach möglich. In der Grundversorgung kann ansonsten der Preis mit einer Frist von sechs Wochen erhöht werden. Das Vergleichsportal Verivox registrierte im Laufe dieses Jahres allerdings bereits mehr als 1300 Preiserhöhungen regionaler Energieversorger. Im Vergleich mit Heizöl mussten Gas-Kunden im Schnitt also kräftigere Preiserhöhungen in Kauf nehmen.