Gewisse Entspannung – nicht mehr

In der Logistik gibt es derzeit offenbar viele offene Stellen. Auch Lkw-Fahrer werden gesucht. Foto: dpa

In Hessen und Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Arbeitslosen im Juli weiter gestiegen. Aber nicht so stark wie zuvor.

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FRANKFURT/MAINZ. Corona hat trotz der Lockerungsmaßnahmen den Arbeitsmarkt auch in der Region weiter fest im Griff. Zwar waren die am Donnerstag vorgelegten Zahlen für den Ferienmonat Juli etwas freundlicher. Aber für eine Entwarnung gibt es keinen Grund, der Krisenmodus gehört wohl noch eine geraume Zeit zum Alltag. Zumal die Kurzarbeit hoch bleibt – in Hessen und Rheinland-Pfalz in Summe für über 700 000 Beschäftigte; davon 500 000 in Hessen. Trotzdem nimmt die Arbeitslosenzahl in beiden Bundesländern weiter zu, wenngleich langsamer. Aber für den Herbst wird eben eine Insolvenzwelle befürchtet.

Für den Berichtsmonat sprach Bettina Wolf, Geschäftsführerin der Regionaldirektion Hessen der Arbeitsagentur, von „einer gewissen Entspannung“. Gleichwohl stieg die Zahl der Erwerbslosen um 7100 auf 204 241 Frauen und Männer: der vierte Monat mit wachsenden Zahlen. Das waren 51 097 Arbeitslose mehr als im Vorjahresmonat – ohne dass die Rekordwerte aus der Finanzkrise 2009/2010 erreicht wurden, in der die Kurzarbeit keine so große Rolle spielte. Nach dem Spitzenwert im April sind die Neuanzeigen für Kurzarbeit aber nun erneut gering ausgefallen; sie lagen bei nur 1000. Von März bis Mai fielen den Angaben zufolge in Hessen 37 000 Stellen coronabedingt weg.

Weniger Menschen in echten Vollzeitjobs

Die Juli-Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozentpunkte auf 5,9 Prozent und lag somit 1,4 Prozentpunkte höher als im Juli 2019. Dabei reicht die Spanne von Fulda mit nur 3,8 Prozent bis Offenbach mit 10,7. Wiesbaden meldet 8,1, Darmstadt 6,8 und Gießen 6,4 Prozent. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ging unterdessen von Kassel bis Heppenheim leicht auf 2,6 Millionen zurück – erstmals seit Februar 2010 wurde damit das Wachstum unterbrochen. In Rheinland-Pfalz sind 1,4 Millionen Menschen in echten Vollzeitjobs, auch hier sind das nach den jüngsten Entwicklungen etwas weniger.

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Nach Angaben der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland waren im Juli 128 800 Menschen arbeitslos, ein Plus von 2300. Gegenüber dem Vorjahr freilich sind das 28 200 Personen zusätzlich. Die Arbeitslosenquote – auch hier berechnet auf der Basis aller zivilen Erwerbspersonen – lag bei 5,7 Prozent. Vor vier Wochen betrug sie 5,6 Prozent und vor einem Jahr lediglich 4,5 Prozent.

Die Zahl der offenen Stellen nahm in beiden Ländern zu. So in Hessen um etwa zehn Prozent auf 9000 gegenüber dem Vormonat. Auffällig aber sei die hohe Stornoquote, hieß es auf Anfrage. Das bedeutet: Erst werden zu besetzende Stellen gemeldet, dann wieder zurückgenommen. Das müsse als Ausdruck der großen Unsicherheit gewertet werden, ob tatsächlich genügend Aufträge und Arbeit im Unternehmen sein wird.

Der Bestand an freien Arbeitsplätzen liegt in Hessen mit rund 38 200 um 32 Prozent unter dem Vorjahr, in Rheinland-Pfalz sind es 28 400 (minus 31 Prozent). „Bei knapp 60 Prozent der gemeldeten Arbeitsstellen suchen die hessischen Unternehmen Arbeitnehmer auf Fachkräfteniveau“, so Bettina Wolf. Aktuell stünden die Chancen für die Betriebe gut, solche Mitarbeiter zu finden. Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz haben derzeit ebenfalls gute Chancen. Allein in Rheinland-Pfalz würden etwa 10 000 Ausbildungsstellen auf Bewerber warten, hieß es.

Von Achim Preu