Wie Verbraucher auf die Preisexplosion bei Lebensmitteln und Energie reagieren, zeigt eine Umfrage der Auskunftei Schufa: Das Ergebnis ist besorgniserregend.
Wiesbaden. Die massiven Preissteigerungen greifen die Substanz an. Nur noch ein Fünftel der deutschen Privathaushalte hat genügend Rücklagen, um die steigenden Lebenshaltungskosten abzufedern. Ein Drittel der Verbraucher fürchtet, dass die eigenen Reserven künftig nicht ausreichen werden. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Auskunftei Schufa. Jeder Zweite hat bereits auf Ersparnisse zurückgegriffen. „Die Menschen brauchen ihre Reserven auf“, berichtet Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder in Wiesbaden. Gleichzeitig gibt es aber auch Anzeichen, dass sich vor Weihnachten die Konsumstimmung auf niedrigem Niveau stabilisiert.
Jeder Vierte hat bereits sein Konto überzogen
Rund ein Drittel der Menschen erwartet laut Schufa-Umfrage, dass das Einkommen nicht ausreicht, um weiterhin den Lebensstandard zu halten. Jeder Vierte hat bereits sein Konto überzogen oder die Rechnungen nicht pünktlich bezahlt. „Das ist eine beunruhigende Entwicklung“, betont Schröder. Im Schufa-Datenbestand zeige sich, dass in den Monaten August bis Oktober die Zahl der Betroffenen, die erstmals Zahlungsstörungen aufwiesen, um 20 Prozent gestiegen ist. Vor allem Menschen in den unteren Einkommensgruppen kämen in Schwierigkeiten. „Dort waren schon vor der Krise kaum Rücklagen vorhanden.”
Das ist eine beunruhigende Entwicklung.
Steigende Preise und schwindende Rücklagen wirken sich auch auf den Konsum aus. Vor allem untere Einkommensgruppen müssen sich einschränken. 87 Prozent der Haushalte mit einem Nettoeinkommen von unter 2000 Euro können nur noch die notwendigsten Dinge kaufen. „Finanziell wird es für sie sehr eng“, sagt Schufa-Vorstand Schröder.
Größere Ausgaben werden aufgeschoben
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine YouGov-Umfrage. Mehr als die Hälfte der Befragten befürchten, dass sie die Lebenshaltungskosten nicht mehr aus den laufenden Einnahmen bezahlen können. Dazu passt, dass jeder Dritte damit rechnet, sich deswegen verschulden zu müssen. Größere Ausgaben werden der Umfrage zufolge gerade reihenweise zu den Akten gelegt. Gespart wird demnach auch bei Freizeitaktivitäten. „Wenn soziale Kontakte und sportliche Aktivitäten eingeschränkt oder gestoppt werden, sehen wir vermutlich bald auch negative Folgen für die psychische Belastbarkeit und Gesundheit”, warnt Jens Kellersmann von der Lowell-Gruppe, die die Umfrage in Auftrag gegeben hatte.
Eine große Verunsicherung bei den Verbrauchern beobachtet auch der Handelsverband Deutschland (HDE). Die hohe Inflation und die zurückhaltende Verbraucherstimmung sendeten eigentlich keine guten Vorzeichen für das Weihnachtsgeschäft. „Die Kunden sind aber trotz allem entschlossen, in Geschenke zu investieren“, berichtet HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth in Berlin. Nach dem HDE-Konsumbarometer steigen die Anschaffungsneigung und Einkommenserwartungen zum Weihnachtsgeschäft. In dieser Einschätzung spiegelten sich die angekündigten Entlastungsmaßnahmen des Bundes. Trotzdem bleibt die Stimmung trotz der leichten Verbesserung abwartend schlecht. Die steigenden Lebenshaltungskosten werden weiter mit Sorge betrachtet.
Der Handel rechnet auf dieser Grundlage in den letzten beiden Monaten mit einem Umsatz von etwa 120 Milliarden Euro. Das entspricht im Vorjahresvergleich einem nominalen Plus von 5,4 Prozent und einem preisbereinigten Minus von vier Prozent. „Die Umsätze wachsen nur über die inflationsbedingt steigenden Preise“, erläutert Genth. Von einem optimistischen Blick der Verbraucher auf die künftigen Monate kann laut HDE keine Rede sein. Dementsprechend habe die Sparneigung leicht zugenommen.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die im November einen leichten Anstieg des Konsumklimas um 0,9 Punkte auf immer noch minus 41,9 Punkte prognostiziert. Vor Beginn der Corona-Krise lag dieser Wert konstant bei etwa plus zehn Punkten. „Es ist sicher zu früh, von einer Trendwende zu sprechen“, betont GfK-Experte Rolf Bürkl in Nürnberg. Solange die Inflation hoch bleibe und Zweifel an einer uneingeschränkten Energieversorgung bestünden, werde sich das Konsumklima nicht spürbar und nachhaltig erholen können.