Shopping bei Facebook – Konzern will Handelsplattform werden

Die Facebook-Nutzer (siehe Grafik rechts) sollen über Facebook bald auch einkaufen können. Foto: dpa
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Facebook steigt in den Online-Handel ein - und will eine große Plattform für Internet-Shopping werden. Es geht um coronageschädigte Händler, noch mehr Daten und um viel Geld.

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PALO ALTO/FRANKFURT. Nicht nur posten, liken und teilen, sondern auch Online-Shopping bei Facebook? Nach dem Willen von Facebook-Chef Mark Zuckerberg soll das künftig in großem Stil möglich sein. Denn der Social-Media-Konzern will Facebook und die Tochter Instagram zu einer Plattform für den Online-Handel machen. Und könnte mit seiner Marktmacht von 2,6 Milliarden Nutzern das von Amazon dominierte Geschäft aufmischen.

Der Startschuss ist bereits gefallen; seit einigen Tagen können Händler auch hierzulande Online-Shops erstellen, die über Facebook und Instagram zum Einkaufen erreichbar sind. Der Konzern reagiere damit zum einen auf die Wünsche der Menschen, „die unsere Plattformen zum Social Commerce nutzen wollen“. Unter Social Commerce wird eine Ausprägung des elektronischen Handels verstanden, bei der die aktive Beteiligung der Kunden und die persönliche Beziehung sowie die Kommunikation der Kunden untereinander im Vordergrund stehen.

Grundsätzlich stehe das Projekt Facebook Shops Anbietern aller Größen zur Verfügung, aber man wolle vor allem kleinen Unternehmen „dabei helfen, online aufzutreten“ und es deren Kunden erleichtern, Produkte zu kaufen, so das der Konzern. Hintergrund ist die Corona-Krise. „Es ist etwas, woran ich schon länger interessiert war, aber als Covid-19 kam, wurde es wirklich kritisch und dringend“, sagte Facebook-Chef Zuckerberg. Viele kleinere Unternehmen stünden wegen Corona vor dem Aus und suchten ihre Chance im Online-Handel. Deshalb habe man die Entwicklung des neuen Felds Facebook Shops „drastisch beschleunigt“, so Zuckerberg.

Hintergrund: Facebook verdient mit Werbeanzeigen sein Geld. Zuckerberg geht davon aus, dass mit der Shopping-Plattform die Werbeeinnahmen des Online-Netzwerkes weiter steigen werden. Und noch auf etwas anderes hat es der Konzern abgesehen: auf noch mehr Daten der Nutzer zu deren Surf-Verhalten. „Wir werden sehen, mit welchen Shops sie interagieren, an was sie interessiert sind, was sie kaufen und so weiter“, so Zuckerberg. Alles Daten, mit denen das Online-Netzwerk seine Möglichkeiten, Werbekunden zu den gewünschten Adressaten zu bringen, ausbauen kann. Und damit auch noch mehr Geld verdienen kann. Facebook erzielte 2019 bei einem Umsatz von 70,7 Milliarden Euro ein Nettoergebnis von 18,5 Milliarden Euro. 98,5 Prozent der Umsätze entfielen 2019 allein auf Werbung.

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Während der Konzern den Vorstoß als echten Mehrwert für Verbraucher verkauft, reagieren Verbraucherschützer zurückhaltend bis skeptisch. „Daten zu Einkaufsverhalten und Zahlungsverkehr sind sehr wichtig und sensibel, aus ihnen lassen sich viele Informationen generieren“, sagt Kai-Oliver Kruske, Jurist bei der Verbraucherzentrale Hessen. Die Frage sei nun, ob man solch sensible Daten einem Konzern wie Facebook anvertrauen möchte.

Verbraucherzentrale: Lieber erst mal abwarten

„Facebook nimmt es mit dem Datenschutz nicht immer so genau, das hat man in der Vergangenheit beobachten können“, sagt Kruske und verweist auf die Vorgehensweise nach der Übernahme von Whatsapp: „Vom ursprünglichen Versprechen, keinen Datenaustausch zwischen den Diensten vorzunehmen, ist nicht mehr so viel übrig geblieben.“ Sein Rat für Verbraucher: Lieber abwarten und das Angebot erst dann nutzen, wenn mehr Informationen etwa über die Verwendung der Daten und Erfahrungsberichte vorliegen. Auch vom Handel kamen eher zurückhaltende Töne. Facebook-Shops „werden ein interessanter Zusatzbaustein sein, ein vollwertiger Ersatz für einen eigenständigen Onlineshop jedoch nicht“, sagt Sven Rohde, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Hessen. Facebook Shops hätten ihre Stärken, aber auch ihre Schwächen. Sie böten Händlern zwar einen einfachen Einstieg, „der Funktionsumfang ist jedoch auf einfache Onlineshops und eine überschaubare Artikelanzahl zugeschnitten“, so Rohde. Zudem sieht er das „Risiko der Plattformabhängigkeit“.

Unterm Strich gebe es für den Einstieg in den Onlinehandel „noch viele weitere interessante und für den Handel besser geeignete Lösungen“, sagt der Hauptgeschäftsführer. „Ob die Nutzer Facebook als Kaufort akzeptieren werden und daher die Kaufrate deutlich ansteigt, ist noch nicht ausgemacht“, betont wiederum Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel (BEVH). Zudem werde „einfach nur ein Shop ohne Profil und ohne Contentstrategie wenig bringen“.

Das hat seiner Ansicht nach ein ähnlicher und letztlich gescheiterter Versuch von Facebook vor einigen Jahren gezeigt. Shop-Abbildungen auf Facebook für Anbieter ohne ausgeprägtes Profil oder exklusives Sortiment hätten schlecht funktioniert. Damit der Anbieter überhaupt sichtbar bleibe, „müssen die Nutzer zunächst eine hohe Affinität zu den Posts der Unternehmen entwickeln, etwa durch Likes oder Kommentare“.