Die Steuern auf Sprit sinken – aber sinken damit auch die Preise? Drohen Engpässe an den Tankstellen, und wann lohnt sich das Tanken? Fragen und die dazugehörigen Antworten.
WIESBADEN/MAINZ . Es ist ein beispielloses Paket im Kampf gegen hohe Energiepreise: Um die Folgen unter anderem des Ukrainekrieges für die Bürger abzumildern, hat die Bundesregierung mehrere finanzielle Entlastungen beschlossen. Dazu gehören unter anderem das 9-Euro-Monatsticket im Öffentlichen Personen-Nahverkehr vom Juni an, eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro – und die Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe. Aber bedeutet das auch tatsächlich sinkende Spritpreise für die Autofahrer? Fragen und Antworten dazu.
Was passiert zum 1. Juni bei den Spritpreisen? Konkret sinkt für drei Monate die Energiesteuer, bei Benzin um 29,55 Cent pro Liter, bei Diesel um 14,04 Cent. Berücksichtigt man auch die Auswirkung auf die Mehrwertsteuer, sinkt die Steuerlast pro Liter Benzin um insgesamt 35,2 Cent, pro Liter Diesel um 16,7 Cent.
Kostet der Sprit dann wieder soviel wie vor dem Krieg? Theoretisch könnte zumindest Superbenzin mit der Steuersenkung nahezu auf das Preisniveau vor Ausbruch des Ukraine-Krieges zurückkehren. Am Tag vor dem russischen Angriff hatte zum Beispiel die Sorte E10 im bundesweiten Durchschnitt noch 1,75 Euro pro Liter gekostet. Am Montagmorgen schwankte der Preis etwa in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden zwischen 2,10 und 2,20 Euro. Bei Diesel lag der Preis kurz vor dem Krieg bei knapp 1,66 Euro, am Montagmorgen um die 2 Euro (Beispiel Wiesbaden). Die Vorkriegswerte beim Diesel sind also trotz Entlastung vorerst außer Sichtweite, denn hier fällt die Steuersenkung geringer aus.
Wie lautet die Kritik an den hohen Preisen? Schon vor Kriegsbeginn waren die Werte bereits sehr hoch. Noch bis Jahresbeginn hatte Diesel im bundesweiten Tagesschnitt nie 1,60 Euro und Super E10 nur an wenigen Tagen mehr als 1,70 gekostet. Generelle Kritik an den hohen Preisen kommt kurz vor dem Juni erneut vom ADAC: Schon vor der bevorstehenden Steuersenkung hätten die Preise „wieder kräftig Speck angesetzt“, ohne dass Ölpreis oder Dollarkurs dies erklären könnten. Der Vorwurf: Die Mineralölkonzerne könnten sich die Taschen über Gebühr füllen.
Wie stark sinken die Spritpreise? Das ist nun die große Frage. Sowohl eine schnelle Senkung der Preise in Höhe des Steuernachlasses als auch eine möglicherweise mehrere Tage dauernde Anpassungsphase gelten als möglich. Hintergrund: Die Energiesteuer fällt nicht erst beim Tanken an, sondern bereits früher, an Raffinerien und Tanklagern. Der Kraftstoff, der sich am 1. Juni im Lager der Tankstelle befindet, ist also in der Regel noch nach den alten Sätzen versteuert und damit teurer.
Das stellt die Tankstellen, beziehungsweise die Mineralölkonzerne, vor das Dilemma, ob sie der Erwartung der Kunden folgen und den – noch teuer versteuerten – Sprit dem Steuernachlass entsprechend billiger verkaufen. Oder ob sie ihn teuer lassen und dadurch Kunden an die Konkurrenz verlieren. Also auch der direkte Wettbewerb vor Ort wird eine große Rolle spielen.
Drohen Engpässe an den Tankstellen? Das ist zu erwarten, zum einen durch den steuerrechtlichen Aspekt (siehe Frage vorher): Denn die Tankstellenbetreiber dürften versuchen, ihre Bestände vor Juni stark herunterzufahren, um so wenig wie möglich hoch versteuerten Sprit ab Juni billiger weiterverkaufen zu müssen, wie Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Fuels und Energie, dem Berliner Büro dieser Zeitung sagte. „Daher sind vorübergehende Engpässe an den Stationen nicht komplett auszuschließen.“ Und auch der Vorsitzende des Bundesverbandes Freier Tankstellen, Duraid El Obeid warnte: „Eine hohe Nachfrage der Autofahrer wird auf ein niedriges Angebot stoßen.“
Zweiter gewichtiger Grund für mögliche Engpässe ist natürlich der zu erwartende Ansturm auf die Tankstellen durch Autofahrer, die gleich zu Beginn des Junis billiger tanken wollen. Denkbare Folge: lange Warteschlangen.
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Was sollten Autofahrer tun? Sowohl der ADAC als auch der Auto Club Europa (ACE) raten dazu, nicht gleich am Mittwoch tanken zu fahren und dem Ansturm der ersten Tage zu entgehen. Das bedeutet: Autofahrer sollten nach Möglichkeit noch ausreichend Kraftstoff im Tank haben, um erst einige Tage nach dem 1. Juni zur Tankstelle zu müssen. „Wenn sich die Lage beruhigt und die Preise auf dem günstigeren Niveau eingependelt haben, kann ganz ohne Stress getankt werden“, erklärt der ACE. Immer eine gute Idee: Besser abends zu tanken und vor dem Tanken die Preise etwa mit Apps zu vergleichen. Und generell lässt sich viel Sprit durch eine vorausschauende, sparsame Fahrweise und den Verzicht auf Kurzstrecken einsparen – um bis zu zwanzig Prozent, laut ADAC.
Wenn der Sprit nun tatsächlich billiger wird – besser bunkern? Besser, man bewahrt einen kühlen Kopf und hamstert keinen Sprit. Denn es ist verboten, privat größere Benzinmengen zu lagern; Mietern ist das womöglich komplett untersagt. Aufgrund der Explosionsgefahr sind in Kleingaragen von einer Größe bis zu 100 Quadratmeter generell lediglich bis zu 20 Liter erlaubt. Die müssen in verschlossenen, nicht brennbaren und bruchsicheren Kanistern gelagert werden, informiert der ACE. Vom weniger entzündlichen Diesel darf mehr eingelagert werden. Hier sind bis zu 200 Liter in einer Kleingarage erlaubt.
Allerdings halte sich Diesel auch bei luftdichter Lagerung nur einige Monate, so der ACE, eine größere Menge sei also nicht sinnvoll. Im Auto raten Experten, zur Sicherheit nie mehr als fünf oder zehn Liter als Reserve vorzuhalten.
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