Wechseljahre: Viele Unternehmen ignorieren das Thema

Die Wechseljahre treffen Frauen oft auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Für viele ist das leider auch das vorzeitige Ende ihrer beruflichen Laufbahn. 

Für den Arbeitsmarkt haben Wechseljahresbeschwerden oft Konsequenzen: So kündigt eine von zehn Frauen ihren Job. Das sehen Experten mit Blick auf den Fachkräftemangel kritisch.

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Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen: Wechseljahresbeschwerden sind bei Frauen über 50 Jahren der häufigste Grund für das Aufsuchen einer gynäkologischen Praxis. Nach Angaben des Berufsverbands der Frauenärzte leidet ein Drittel der Frauen unter starken Symptomen, die eine medizinische Behandlung notwendig machen, ein weiteres Drittel hat leichte Beschwerden, und nur das letzte Drittel hat keinerlei Beschwerden.

Produktivitätsverlust durch Menopause: 150 Milliarden Dollar

Für berufstätige Frauen sind die Wechseljahre eine besondere Herausforderung. Und mit Blick auf den Arbeitsmarkt hat das oft drastische Konsequenzen: So kündigt Studien zufolge eine von zehn Frauen aufgrund der Beschwerden ihren Job. Jede dritte bis vierte Frau in der Altersgruppe zwischen 45 und 55 überlegt, die Berufstätigkeit aufzugeben. Trotz Fachkräftemangel würden sich aber nur wenige Unternehmen für ihre Mitarbeiterinnen in den Wechseljahren engagieren und deren Herausforderungen ernstnehmen, stellt Anke Sinnigen, Gründerin der Wissensplattform „Wexxeljahre“ fest. Die durch die Menopause verursachten Produktivitätsverluste würden sich weltweit auf etwa 150 Milliarden Dollar pro Jahr belaufen. Tendenz steigend, denn 2030 werde etwa ein Viertel der weiblichen Weltbevölkerung in den Wechseljahren sein, so Sinnigen.

Dabei gibt es in vielen Unternehmen betriebliche Maßnahmen zur Gesundheitsförderung. Oft geht es dabei allerdings um Fitness, Kurse zur Entspannung oder Rückengesundheit. Viele Unternehmen stellen ihren Mitarbeitern mit Rückenproblemen auch höhenverstellbare Stehschreibtische zur Verfügung. Dass Ventilatoren gegen die aufsteigende Hitze in der Menopause bereitgestellt werden oder Berufsbekleidung aus atmungsaktiven Stoffen angeboten wird, hört man hingegen nicht.

Doch spielt vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der alternden Gesellschaft nicht auch die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen in der Menopause eine Rolle? „Wir begrüßen es sehr, wenn Betriebe und Verwaltungen persönliche Beeinträchtigungen jeder Art im Arbeitsleben berücksichtigen und ihnen entgegenwirken, Betroffene stärken und ihnen unterstützende Maßnahmen zur Arbeitserledigung zur Seite stellen“, teilt das rheinland-pfälzische Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung auf Anfrage mit. Speziell auf die Menopause bezogene Konzepte von rheinland-pfälzischen Unternehmen sind dem Ministerium derzeit allerdings nicht bekannt.

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„Menopause-Urlaub“ für Mitarbeiterinnen der Bank of Ireland

In anderen EU-Ländern ist man da schon weiter. So hat die britische Regierung im vergangenen Jahr eine sogenannte Menopause-Taskforce eingerichtet, um zu untersuchen, welche Auswirkungen die Wechseljahre auf das Arbeitsleben von Frauen hat. Mehr als 600 britische Unternehmen, darunter die Supermarktkette Tesco, die BBC und Astrazeneca, haben ein Abkommen unterzeichnet, mit dem sie ihren Mitarbeiterinnen Unterstützung in den Wechseljahren anbieten: Sie organisieren Informationsveranstaltungen, bilden Führungskräfte weiter, unterstützen Frauen mit flexibleren Arbeitszeiten, statten Waschräume mit Hygiene-Artikeln aus oder bieten atmungsaktive Berufskleidung an. Die Drogeriekette Boots erstattet ihren Mitarbeiterinnen die Kosten für eine Hormonersatztherapie. Und bei der Bank of Ireland haben die Mitarbeiterinnen seit dem vergangenen Herbst sogar Anspruch auf zehn bezahlte Tage „Menopause-Urlaub“, wenn sie wegen psychischer oder körperlicher Symptome aufgrund der Wechseljahre nicht arbeiten können.

„Frauen brauchen flexibel einsetzbare Krankentage“

In Deutschland geben hingegen nur wenige Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen in den Wechseljahren konkrete Unterstützung. Eines davon ist der Energieversorger Mainova aus Frankfurt, der im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) auch speziell Frauen in den Wechseljahren regelmäßige Informationsveranstaltungen anbietet. Unter dem Titel „BGM im Dialog“ gibt es Expertenvorträge und Workshops, die in der Regel während der Arbeitszeit wahrgenommen werden können. Die Reihe soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Mainova in allen Lebensbereichen unterstützen und mit dazu beitragen, das Älterwerden positiv mit den jeweiligen Chancen wahrzunehmen.

Prävention, Aufklärung und Hilfestellung sind wichtig, schreibt die Autorin Miriam Stein, die ein Buch zum Thema Wechseljahre verfasst hat, in einem „Spiegel“-Beitrag: „Wir brauchen Programme in Betrieben, um die Arbeitsfähigkeit von Frauen zu erhalten.“ Sie sagt aber auch, dass Frauen letztlich flexibel einsetzbare Krankentage brauchen würden, vor allem die, die nicht im Büro und Homeoffice arbeiten können.