Kreativ in der Krise: „Vogelschmiede“ auf der Herchenhainer Höhe

Nicole Aviény von der Vogelschmiede in ihrer gemütlichen Jausenstube auf der Herchenhainer Höhe. Foto: Nicole Aviény

„Wir versuchen, in der Gegenwart zu leben“, sagt Nicole Aviény, Besitzerin des Lokals „Vogelschmiede“ auf der Herchenhainer Höhe – Gemeinde Grebenhain –,...

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GREBENHAIN. „Wunderschön ist es hier auf der Herchenhainer Höhe in diesen frühlingshaften Tagen, ein paar Spaziergänger genießen die Sonne und den weiten Blick bis Frankfurt. Die ersten Krokusse blühen, der Frühling ist da“, freut sich Nicole Aviény vom Team der „Vogelschmiede“ auf Grebenhains Hausberg. Wir haben uns zum Telefon-Interview verabredet, das Medium der Wahl in Corona-Zeiten...

Nicole Aviény von der Vogelschmiede in ihrer gemütlichen Jausenstube auf der Herchenhainer Höhe. Foto: Nicole Aviény
Verbreiten auch in Corona-Zeiten gute Laune: die kleine Mina mit der bunten Kuh von der Vogelschmiede auf der Herchenhainer Höhe. Foto: Nicole Aviény

Die urige Jausenstation feiert dieser Tage ihr dreijähriges Bestehen. Aviény und Partnerin Bibi Crone aus dem Taunus haben hier mit viel Mut und Energie einen besonderen Platz für sich selbst, für die Menschen aus der Region und für Naturliebhaber aus dem Rhein-Main-Gebiet geschaffen. Als Neulinge in der Gastronomie und fremd im Vogelsberg sicherlich kein ganz leichtes Unterfangen. „Unser Konzept ist aufgegangen. Aus den vielen Jahren selbstständiger Arbeit im ambulanten Pflegebereich wissen wir, was viele Menschen suchen, wonach sie sich sehnen. Nach Ruhe, Entschleunigung, Achtsamkeit und nach den einfachen, aber guten Dingen. Nach Selbstgekochtem, Selbstgebackenem, nach regionalen Produkten. Diese Sehnsüchte zu erfüllen ist unser Ziel, 365 Tage im Jahr“, versichert die 53-jährige Wirtin aus Überzeugung.

Ich kenne die Herchenhainer Höhe selber gut, bin dort gerne mal mit dem Hund spazieren. Die erhabene Lage, der Weitblick, im Sommer die üppig blühenden Bergmähwiesen – wer Abstand braucht und einen frischen Blick, den unterstützt die Natur hier auf ganz natürliche Weise.

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Die Corona-Krise muss dort oben sehr weit weg erscheinen, beinahe surreal, wüsste nicht jeder bestens Bescheid über die Nachrichtenlage in der Welt. „Wir versuchen, in der Gegenwart zu leben und uns nicht von Ängsten beherrschen zu lassen. Solange wir können, machen wir weiter. Uns bleibt auch gar nichts anderes übrig, da wir ja auch unsere Kredite bedienen müssen. Meine Partnerin und ich haben eine recht sportliche Finanzierung auf zehn Jahre, wir sind schließlich nicht mehr die jüngsten“, erklärt Aviény. „Zum Glück haben wir unsere Stammgäste, die uns treu sind, unsere Wiederholungstäter“, fügt sie schmunzelnd hinzu. Und auch die müssen ihr Essen nun selber abholen, seit am vergangenen Wochenende Restaurants und Cafés komplett den Bewirtungsbetrieb haben einstellen müssen. Klar ist aber auch, dass die Bäume hier nicht in den Himmel wachsen, „die Massen kommen eh’ nicht zu uns“, sagt sie offen.

Ob sie das Gefühl hat, dass die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Hilfsprogramme für Unternehmen und Solo-Selbständige im Notfall helfen werden? „Geredet wird viel, wichtiger finde ich, wie es dann konkret mit der Umsetzung aussieht“, gibt sie zu bedenken.

Grebenhains Hausberg war jahrelang verwaist, die Ausflügler blieben weg, weil es keine Einkehrmöglichkeit mehr gab. Durch Aviénys und Crones Initiative hat die Herchenhainer Höhe wieder an Attraktivität gewonnen. „Seit 2018 bieten wir unter der Woche einen Mittagstisch an mit ehrlicher Hausmannskost. Wir kochen auch gerne auf Wunsch die Lieblingsgerichte unserer Gäste. Wir sind flexibel und offen, das hilft uns jetzt auch in Corona-Zeiten. Vor ein paar Tagen, als wir noch für Gäste öffnen durften, hatten wir beispielsweise eine Gruppe, die nicht ins Lokal kommen wollte, weil sie eine Person mit Vorerkrankungen dabei hatten. Wir haben dann gekocht, und sie haben sich das Essen in Töpfen abgeholt“, erklärt sie. Das gilt mittlerweile für alle Gäste: „Anrufen, bestellen, abholen“, lautet die Devise. „Wir bringen Essen auch nach Hause, und wenn’s nicht anders geht, machen wir auch noch einen Drive-in-Schalter auf. Bei uns gilt sowieso das Motto ,Geht nicht, gibt’s nicht‘“, erklärt die umtriebige Nicole Aviény. Ihr regionaler Spezialitätenmarkt „Aussichtsreich“ startete jetzt in die dritte Saison. „Wer auf der Suche nach Mitbringseln ist, findet hier ein großes Sortiment an selbstgemachten Unikaten zusammen mit den regionalen Produkten, vom Holzofenbrot bis zur Lammsalami“, berichtet sie weiter. „Und unser vorerst letzter Streich war die Teilnahme am Wettbewerb um die Regionalmarke ,Vogelsberg Original‘. Mit unserem Genusskorb gehören wir jetzt dazu und haben mit ,Picknick to go‘ ein Angebot, das auch in Corona-Zeiten noch funktioniert. Allein oder zu zweit auf der Wiese heimische Produkte genießen. Das Zwitschern der Feldlerche gibt’s gratis dazu.“