Die Landwirtschaft hat sich in den vergangenen 30 Jahren verändert. Das Maislabyrinth der Familie Weisel in Lich ist ein Beispiel dafür, welche Möglichkeiten die Technik den Landwirten heute bietet. Bisher bedeutete das Anlegen des Labyrinths jedes Jahr mühselige Handarbeit. Dieses Jahr haben das erstmals Traktoren der Firma Reichhardt aus Hungen übernommen, ausgestattet mit modernster Technik und digital gesteuert.
Von Ines Jachmann
Präzisionsfarming: Der Fahrer bedient nur das Tablet, das mit GPS und Internet verbunden ist. Foto: Ines Jachmann
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
HUNGEN - Die Landwirtschaft hat sich in den vergangenen 30 Jahren verändert. Das Maislabyrinth der Familie Weisel in Lich ist ein Beispiel dafür, welche Möglichkeiten die Technik den Landwirten heute bietet. Bisher bedeutete das Anlegen des Labyrinths jedes Jahr mühselige Handarbeit. Dieses Jahr haben das erstmals Traktoren der Firma Reichhardt aus Hungen übernommen, ausgestattet mit modernster Technik und digital gesteuert.
Präzision ist in der heutigen Zeit, in der Kosteneinsparung und Umweltschutz immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rücken, gefragter denn je. Schnell und exakt - darauf kommt es an. Die Elektronik unterstützt den Landwirt auf der Maschine, nimmt ihm viele Arbeitsprozesse vollständig ab. Besonders in der Landwirtschaft sind die Anforderungen sehr hoch, erzählt Andreas Reichhardt. 1985 gründete der studierte Landwirt sein Unternehmen und entwickelt seitdem auf seinem Hofgut Ringelshausen automatische Lenksysteme und elektronische Innovationen, vor allem für die Landwirtschaft. Ohne Elektronik, die Abläufe steuert und Prozesse in den Arbeitsmaschinen regelt, laufe kaum noch etwas, meint er. Oft seien die Traktoren mit hydraulischen Komponenten verbunden - nicht selten schweren Geräten, die bewegt werden müssen.
Vor 30 Jahren rannten die Bauern noch mit der Hacke in der Hand und mit 30 Mann durch das Feld. Wenig später folgte die Generation Pflanzenschutz, welche die Arbeitskraft schon deutlich anders bewertete. Heute übernehmen Maschinen diese Leistung.
Ein gutes Beispiel dafür sei die Zuckerrübenernte, wo große Maschinen sechsreihig arbeiten. Einerseits werden die Rüben geerntet, andererseits muss die Maschine genau zwischen den Reihen fahren. Beides gleichzeitig wäre ohne automatische Lenkung für den Fahrer schwer händelbar.
Ob beim Säen, Düngen, Ernten oder in der Bodenbearbeitung - digitale Technik kann über die komplette Vegetationszeit auf dem Acker angewendet werden. Eines zeige sich bereit jetzt, betont Reichhardts Frau Andrea: "Die Genauigkeit, mit der bereits heute Anwendungen erledigt werden können, bildet die Basis für den Umwelt- und Klimaschutz."
Beim Maislabyrinth auf dem Lindenhof in Lich fuhren die Traktoren komplett auf einer geplanten Spur, erklärt Andreas Reichhardt. Bevor diese jedoch auf dem Feld zum Einsatz kamen, hatte Familie Weisel eine Zeichnung mit den entsprechenden Gängen und Mustern erstellt. Diese wurde in eine Datei übertragen und anschließend in die Maschine geladen. Man müsse sich das wie ein Drucker vorstellen, der anhand dieser Datei die Fläche abfährt, erklärt der Hungener Unternehmer. Das Prinzip sei simpel: Die Traktoren fahren auf einer vorgeplanten Spur und das verbundene Aussaatgerät legt an bestimmten Punkten, die zuvor in der Zeichnung genau festgelegt wurden, Maiskörner ab - ermöglicht durch eine exakte Satellitennavigation. Gesät wurde einmal längs und einmal quer über die gesamte Fläche mit einem Reihenabstand von 75 Zentimetern. Am Ende ergab sich ein Muster aus riesigen Kreisen und Quadraten.
Dieses Beispiel zeige den Zusammenhang zum normalen Ackerbau: Sowohl Aussaat als auch Pflanzenschutzgeräte können so genau gesteuert werden, dass Rand- und Blühstreifen ausgespart werden. In der Vergangenheit sei dies ein Riesenproblem gewesen. Heute kann man bis auf 50 Zentimeter Teilstücke runterbrechen und damit präzise den Pflanzenschutz ausbringen. Ein Bordcomputer regelt alles. Der Fahrer muss den Traktor nur noch in die Spur fahren, starten und den Prozess überwachen.
Klingt gut, aber auch teuer. Richtig, bestätigt Andreas Reichhardt. Jedoch würden sich die Kosten auf die Fläche und den Einsatz verteilen. Viele landwirtschaftliche Betriebe seien heute ein Stück größer. Automatiklenkungen und RTK-Vermessung (ein Verfahren zum Aufmessen oder Abstecken von Punkten mithilfe von satellitengestützten Navigationssystemen wie GPS, GLONASS oder zukünftig Galileo, dass eine Genauigkeit von 1 bis 2 Zentimeter erreicht), seien somit durchaus rentabel. Was aber ist mit den kleineren Höfen? Davon gibt es viele in Mittelhessen. Im Schnitt könnte jeder Betrieb fünf bis sieben Prozent seiner Kosten, sprich Kraftstoff, Pflanzenschutz und Arbeitszeit einsparen, erklärt Oliver Starck, Leiter Produktmanagement bei Reichhardt.
Das hänge nicht nur von der Größe, sondern auch der Betriebsstruktur ab. Zudem sei es auch davon abhängig, wie der Bauer insgesamt aufgestellt ist. Reiner Ackerbau sei anders zu bewerten als ein Gemüseanbau, bei dem der Landwirt öfter ins Feld fahren muss.
Ob konventioneller oder ökologischer Anbau spiele dabei keine Rolle. Mit digitaler Technik könnten auch im ökologischen Landbau Flächenleistungen erreicht werden, die nicht mehr so weit von den Ergebnissen konventionellen Anbaus mit Pflanzenschutz entfernt sind.
Das Maislabyrinth sei ein wunderschönes Beispiel eines digitalen Feldes, was Jung und Alt gleichermaßen begeistert, sagt Reichhardt: "Natur und Landwirtschaft werden momentan so konträr diskutiert. Es ist ein völlig falsches Bild, das da vermittelt wird. Ein Landwirt ist heute ein moderner Unternehmer, der ressourcenschonend und nachhaltig arbeitet. Es gibt nicht nur bio, es gibt nicht nur konventionell. Dazwischen liegen viele Schattierungen. Digitale Technik kann die Landwirtschaft in der Region erhalten und eine Möglichkeit zum Überleben der Landwirte schaffen."