Die "digitale Dorflinde" schlägt Wurzeln in Mittelhessen

Vorbildlich beim Ausbau unterwegs: Breitbandberater Dennis Pucher, Jens Ihle vom Regionalmanagement Mittelhessen, Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, Landrätin Anita Schneider vom Kreis Gießen und Breitbandberater Klaus Bernhardt. Foto: Jana Kay, HA Hessen-Agentur
GIESSEN - Gießen (red). Hessen ist beim Breitbandausbau in den letzten Jahren gut vorangekommen und gehört inzwischen zu den bestversorgten Flächenländern. Wesentlich für diesen Erfolg verantwortlich sind laut hessischem Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) die regionalen Breitbandberater. Sie beraten die Kommunen und begleiten die Ausbauprojekte. Ihre genaue Kenntnis der Regionen ist dabei ein großer Vorteil. Für die Region Mittelhessen sind die beiden Breitbandberater Klaus Bernhardt und Dennis Pucher zuständig. Sie arbeiten als freie Mitarbeiter beim Regionalmenagement Mittelhessen.
Herr Pucher, die Anbindung ans schnelle Internet ist Dauerthema. Wie steht es um die Versorgung in den mittelhessischen Landkreisen?
Dennis Pucher: Zunehmend besser. Die Landkreise Gießen, Lahn-Dill, Limburg-Weilburg und Marburg-Biedenkopf verfügen bereits heute mit über 95 Prozent der Haushalte über eine de facto flächendeckende Versorgung bis zu den Kabelverzweigern. Das bedeutet: Das Internetsignal wird über schnelle Glasfaser übertragen und mittels Kupfer nur noch auf der sogenannten "letzten Meile" - also dem Weg vom Kabelverzweiger zum Haus gebracht.
Wir haben hier Bandbreiten zwischen 25 Mbit/s und 100 Mbit/s im Downstream, die Zahlen variieren je nach Ausbaugebiet. Auch in Teilen des Vogelsbergkreises rollen die Bagger bereits. Aktuell arbeiten alle Kreise daran, die Situation für private Haushalte mit weniger als 30 Mbit/s zu verbessern. Zusätzlich sollen alle Schulen und die noch unterversorgten Gewerbestandorte mit direkten Glasfaseranbindungen bis an das Gebäude versorgt werden. Diese Maßnahmen sollen bis 2021 in allen fünf Kreisen abgeschlossen sein.
Wo sehen Sie die besonderen Herausforderungen der nächsten Jahre?
Pucher: Weil die Entwicklung immer weiter geht und gehen muss, sind die Herausforderungen enorm. Politik und Experten sind sich einig, dass nach dem Ausbau bis zu den Kabelverzweigern nun zügig auch die letzte Meile - und damit jedes Haus - mit Glasfaser erschlossen werden soll. Reicht die Glasfaser bis in das Gebäude, hat das einen enormen Zuwachs der möglichen Bandbreiten zur Folge. Allerdings ist die Umsetzung auch mit exorbitanten Kosten verbunden. Hier gilt es also, so kosteneffizient wie möglich zu arbeiten, und das wird nur über die Nutzung von Synergien möglich sein. Ähnlich wie das Datenvolumen der Haushalte in den kommenden Jahren immer weiter steigen wird, steigen auch die Erwartungen an das Mobilfunknetz. Gerade im ländlichen Raum müssen Funklöcher geschlossen und die Abdeckung mit mobilen breitbandigen Netzen verbessert werden.
Herr Bernhardt, das Förderprogramm des Landes für kommunale WLAN-Hotspots "Digitale Dorflinde" ist mit starker mittelhessischer Beteiligung entstanden. Beschreiben Sie bitte kurz das Programm.
Klaus Bernhardt: In unseren Gesprächen mit den Kommunen zeigte sich großes Interesse für ein Angebot von kostenlosen WLAN-Hotspots. Daraufhin haben wir in unseren fünf mittelhessischen Landkreisen konkrete Bedarfsabfragen bei den Kommunen durchgeführt. Auf der Grundlage von öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen aller Landkreise wurden für eine interkommunale Zusammenarbeit Fördermittel durch das Land Hessen bereitgestellt. Es gibt ein Förderprogramm, das vorsieht, dass jede Kommune bis zu zehn Hotspots mit jeweils 1000 Euro gefördert bekommt. Seit dem Förderstart am 14. September 2018 haben sich bereits mehr als 200 Kommunen beteiligt. Bis zum Jahresende wurden etwa 650 000 Euro Fördermittel bewilligt. Insgesamt sind 2 Millionen Euro Fördermittel für die Jahre 2018 und 2019 vorgesehen und nach der aktuellen Entwicklung ist die Nachfrage sogar größer als das bereitgestellte Fördervolumen.