Flaute am Fließband: Schülerjobs in der Fabrik sind selten geworden. Ein Grund sind steigende Anforderungen an die Qualifikation. Ralf Fischer von der Arbeitsagentur Limburg-Weilburg gibt Tipps, wo es die besten Chancen gibt und sagt, was Schüler im Durchschnitt verdienen können. Foto: VW/dpa
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WETZLAR/LIMBURG - Das Taschengeld aufbessern, erste Erfahrungen in der Arbeitswelt sammeln - es gibt viele Gründe, die für einen Schülerjob sprechen. Doch nehmen die Möglichkeiten für Schüler, etwas nebenbei zu verdienen, von Jahr zu Jahr ab. Durch die hohe Spezialisierung in der Arbeitswelt werden Tätigkeiten für ungelernte Kräfte immer weniger, und es ist für viele Firmen unrentabel geworden, Schüler einzuarbeiten. Durch die Ausweitung der 450-Euro-Jobs und der Zeitarbeit haben Unternehmen heute zudem wesentlich flexiblere Instrumente, um beispielsweise auf Produktionsschwankungen zu reagieren, als Schüler einzustellen. Diese Zeitung gibt Tipps, wie man trotzdem an einen guten Schülerjob kommt, und was es dabei zu beachten gibt:
Laura Albach war 13, als sie ihren ersten Job antrat: Babysitting in der Nachbarschaft - natürlich mit Erlaubnis ihrer Eltern (rechtliche Voraussetzungen siehe Infokasten). Vorher hatte die Waldsolmserin sogar einen zweitägigen Kurs besucht und das Babysitter-Diplom gemacht.
Eltern und Verwandte nach Jobmöglichkeiten fragen
"Das hat sich gelohnt", erzählt die heute 20-Jährige. Nicht nur, dass sie während der Schulzeit Geld verdienen konnte, Laura konnte auch erste Erfahrungen mit Kindern sammeln. Heute besucht sie eine Fachschule für Sozialwesen, ist auf dem Ausbildungsweg zur Erzieherin - und immer noch gerne als Babysitterin nach Feierabend tätig.
DIE WICHTIGSTEN REGELN FÜR SCHÜLERJOBS
Der besondere Arbeitsschutz für junge Menschen unter 18 Jahren ist im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und in der Kinderarbeitsschutzverordnung (Kind ArbSchV) geregelt.
Da die Regelungen sehr detailliert sind, stellt das Team Recht der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg die zentralen Punkte vor.
Wer ist nach dem Gesetz Kind, wer Jugendlicher? Kind im Sinne des JArbSchG ist, wer noch nicht 15 Jahre alt ist; Jugendlicher, wer den 15., aber noch nicht den 18. Geburtstag gefeiert hat. Auf Jugendliche, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, finden die für Kinder geltenden Vorschriften Anwendung.
Welche Tätigkeiten dürfen Kinder und Jugendliche ausüben? Kinder ab dem 13. Geburtstag und Jugendliche, die noch der Vollzeitschulpflicht unterliegen, dürfen mit Einwilligung des Personensorgeberechtigten lediglich leichte und für sie geeignete Beschäftigungen ausüben - in einem zeitlich begrenzten Rahmen. Danach sind zum Beispiel Tätigkeiten in privaten und landwirtschaftlichen Haushalten erlaubt sowie das Austragen von Zeitungen, Anzeigenblättern und Werbeprospekten.
Was gilt in den Schulferien? Während der Schulferien dürfen Jugendliche, die noch vollzeitschulpflichtig sind, für höchstens vier Wochen im Kalenderjahr arbeiten. Die Arbeitszeit darf dabei nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich betragen. Die Arbeiten dürfen nicht unter die Aufzählung der verbotenen und gefährlichen und schweren Arbeiten des § 22 JArbSchG fallen. Grundsätzlich dürfen Jugendliche nur in der Zeit von 6 bis 20 Uhr beschäftigt werden. In zahlreichen Regelungen wurden allerdings Ausnahmen für die Beschäftigung von Jugendlichen im Alter von 16 beziehungsweise 17 Jahren an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen sowie während der Zeit ab 20 Uhr festgelegt.
Für weitere Informationen hat das Hessische Ministerium für Soziales und Integration unter www.soziales-hessen.de die Broschüre "Kinder- und Jugendarbeitsschutz" zusammengestellt.
Lauras Einstieg in die Arbeitswelt ist klassisch. "Die meisten Schülerjobs kommen durch private Beziehungen zustande", erklärt Ralf Fischer, der Sprecher der Arbeitsagentur Limburg-Wetzlar.
So sollten Schüler, die einen Job suchen, sich nicht scheuen, in der Nachbarschaft nachzufragen, ob eventuell jemand Hilfe bei der Gartenpflege benötigt, beim Straße kehren oder Erledigen von Einkäufen.
Auch Unternehmen stellten Schüler ein, allerdings hauptsächlich Kinder von Beschäftigten: "Die Unternehmen gehen davon aus, dass sich diese Schüler am schnellsten integrieren lassen und auch keine Probleme mit der An- und Rückfahrt haben. Deswegen mit Eltern, Verwandten oder Freunden abklären, ob bei denen im Betrieb Jobmöglichkeiten bestehen", rät Ralf Fischer.
Jugendliche können auch auf eigene Faust Betriebe ansprechen. "Dabei sollte man sich zunächst überlegen, wo keine Arbeit liegenbleiben kann", so Fischer weiter. "Das sind Eiscafés, Gaststätten, Supermärkte oder Kioske in Freibädern." Dabei mache es Sinn, so der Agentursprecher, einen kurzen Lebenslauf mitzunehmen und im Betrieb zu hinterlegen.
Wie viele Schüler neben der Schule arbeiten, ist statistisch nicht erfasst. In die offiziellen Statistiken fließen sie laut Arbeitsagentur neben Hausfrauen, Rentnern oder Zweitbeschäftigten als "geringfügig Beschäftigte" ein. Fischer: "Mehrere Umfragen kamen in den letzten Jahren allerdings zu dem Ergebnis, dass rund ein Drittel der Schüler über 15 Jahre in den Ferien arbeitet." Zudem würden - je nach Umfrage - zwischen zehn und zwanzig Prozent der über zwölfjährigen Schüler auch neben der Schule einen Minijob ausüben. "Je jünger die Umfrage ist, desto geringer werden die Beschäftigtenzahlen", sagt Fischer.
Die Bezahlung ist von verschiedenen Faktoren wie Branche, Schwere der Arbeit, Alter oder Vorkenntnissen abhängig. Zwar gelte grundsätzlich für Schülerjobber das Mindestlohngesetz, so Ralf Fischer. Aber wenn Schüler noch keine abgeschlossene Berufsausbildung und das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten - und so sei es meistens -, muss der Arbeitgeber keinen Mindestlohn zahlen. Die Spanne des Stundenlohns reicht laut Arbeitsagentur von fünf Euro für Gartenarbeit in privaten Haushalten oder das Verteilen von Flyern bis rund 13 Euro bei Studenten, die komplexe technische Tätigkeiten verrichten.
Neues Portal für die Jobsuche
Fischer: "Sicherlich gibt es auch Arbeitgeber, die im Einzelfall weniger zahlen, als die Schülerarbeit wert ist. Doch die meisten Schülerjobber verdienen zwischen acht und zehn Euro die Stunde." Damit liegt der Nettoverdienst sogar über den Nettolöhnen von Arbeitnehmern, die nach dem Mindestlohn entlohnt werden.
Seit diesem Monat bietet die VRM Mittelhessen, zu der auch diese Zeitung gehört, jungen Menschen ein neues - regionales - Portal für die Jobsuche: Zielgruppe sind alle Schüler und Studenten, die eine Ausbildung, einen Neben- oder Ferienjob oder ein Praktikum in Mittelhessen suchen sowie natürlich regionale Unternehmen, die Wert auf eine gute Ausbildung und qualifizierten Nachwuchs legen.